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Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868.

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genug, um sie als brauchbares Material mit Freude begrüßen
zu können.

Der mittelalterliche Geist in seinem specifischen Unterschied
sowohl vom antiken, als dem sogenannten modernen hat sich
gerade auch in den Verkehrsverhältnissen scharf ausgeprägt und
letztere schließen sich genau dem jeweiligen Charakter der social
politischen Strömung an.

Wie vor Allem die antike Staatsidee und das römische
System der Fiscalität der ganzen Sinnesart der Völker, welche
jetzt neu in die Weltgeschichte eintreten, zuwider ist, so ist es
gerade umgekehrt der Geist der freien Bewegung, der alle
Glieder durchweht, der die neu erwachenden Jnteressen fort-
während in sich aufnimmt, an der Hand der Erfahrung all-
mählig, wenn auch langsam, entwickelt und so die großen Wirk-
ungen hervorruft, denen wir im Verlaufe des Mittelalters
begegnen.

Bei so obwaltenden Principien hätte sich die römische Staats-
post bei den neuen Völkern ohnehin unmöglich fortsetzen können,
selbst wenn sie mit der vollen Civilisation ihrer späteren Zeit
auf den Schauplatz getreten wären.

Dies Letztere war aber nicht nur nicht der Fall, sondern
im Gegentheil begegnen wir überall vollständiger Auflösung,
Zerrüttung, wo nicht der ausgeprägtesten Barbarei.

So treten uns namentlich auch in Deutschland in ähnlicher
Weise, wie in Jtalien zur Zeit der Longobarden zerrissene und
zerklüftete Zustände entgegen.

Die römische Bevölkerung war in Folge der Ereignisse ent-
weder ausgewandert, oder flüchtete in die Städte, oder verlor
sich, so weit sie auf dem Flachlande noch übrig bleiben mochte,

genug, um ſie als brauchbares Material mit Freude begrüßen
zu können.

Der mittelalterliche Geiſt in ſeinem ſpecifiſchen Unterſchied
ſowohl vom antiken, als dem ſogenannten modernen hat ſich
gerade auch in den Verkehrsverhältniſſen ſcharf ausgeprägt und
letztere ſchließen ſich genau dem jeweiligen Charakter der ſocial
politiſchen Strömung an.

Wie vor Allem die antike Staatsidee und das römiſche
Syſtem der Fiscalität der ganzen Sinnesart der Völker, welche
jetzt neu in die Weltgeſchichte eintreten, zuwider iſt, ſo iſt es
gerade umgekehrt der Geiſt der freien Bewegung, der alle
Glieder durchweht, der die neu erwachenden Jntereſſen fort-
während in ſich aufnimmt, an der Hand der Erfahrung all-
mählig, wenn auch langſam, entwickelt und ſo die großen Wirk-
ungen hervorruft, denen wir im Verlaufe des Mittelalters
begegnen.

Bei ſo obwaltenden Principien hätte ſich die römiſche Staats-
poſt bei den neuen Völkern ohnehin unmöglich fortſetzen können,
ſelbſt wenn ſie mit der vollen Civiliſation ihrer ſpäteren Zeit
auf den Schauplatz getreten wären.

Dies Letztere war aber nicht nur nicht der Fall, ſondern
im Gegentheil begegnen wir überall vollſtändiger Auflöſung,
Zerrüttung, wo nicht der ausgeprägteſten Barbarei.

So treten uns namentlich auch in Deutſchland in ähnlicher
Weiſe, wie in Jtalien zur Zeit der Longobarden zerriſſene und
zerklüftete Zuſtände entgegen.

Die römiſche Bevölkerung war in Folge der Ereigniſſe ent-
weder ausgewandert, oder flüchtete in die Städte, oder verlor
ſich, ſo weit ſie auf dem Flachlande noch übrig bleiben mochte,

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[126/0139] genug, um ſie als brauchbares Material mit Freude begrüßen zu können. Der mittelalterliche Geiſt in ſeinem ſpecifiſchen Unterſchied ſowohl vom antiken, als dem ſogenannten modernen hat ſich gerade auch in den Verkehrsverhältniſſen ſcharf ausgeprägt und letztere ſchließen ſich genau dem jeweiligen Charakter der ſocial politiſchen Strömung an. Wie vor Allem die antike Staatsidee und das römiſche Syſtem der Fiscalität der ganzen Sinnesart der Völker, welche jetzt neu in die Weltgeſchichte eintreten, zuwider iſt, ſo iſt es gerade umgekehrt der Geiſt der freien Bewegung, der alle Glieder durchweht, der die neu erwachenden Jntereſſen fort- während in ſich aufnimmt, an der Hand der Erfahrung all- mählig, wenn auch langſam, entwickelt und ſo die großen Wirk- ungen hervorruft, denen wir im Verlaufe des Mittelalters begegnen. Bei ſo obwaltenden Principien hätte ſich die römiſche Staats- poſt bei den neuen Völkern ohnehin unmöglich fortſetzen können, ſelbſt wenn ſie mit der vollen Civiliſation ihrer ſpäteren Zeit auf den Schauplatz getreten wären. Dies Letztere war aber nicht nur nicht der Fall, ſondern im Gegentheil begegnen wir überall vollſtändiger Auflöſung, Zerrüttung, wo nicht der ausgeprägteſten Barbarei. So treten uns namentlich auch in Deutſchland in ähnlicher Weiſe, wie in Jtalien zur Zeit der Longobarden zerriſſene und zerklüftete Zuſtände entgegen. Die römiſche Bevölkerung war in Folge der Ereigniſſe ent- weder ausgewandert, oder flüchtete in die Städte, oder verlor ſich, ſo weit ſie auf dem Flachlande noch übrig bleiben mochte,

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Zitationshilfe: Hartmann, Eugen: Entwicklungs-Geschichte der Posten von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. Leipzig, 1868, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hartmann_posten_1868/139>, abgerufen am 25.11.2024.