Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.VII. einerley Deutung haben. Zum Exempel sage ich?Es hat der Juden Volk Jerusalem ver- stört: Eben dieses sage auch mit folgenden Wor- ten: Salem/ die Friedensstadt ward von dem Krieg verheret/ durch der Roma- ner Heer/ so/ daß Vespasian den Tempel und das Schloß in Ephraim gewann. Wie nun eines Dinges viel Ursachen können angeführet werden/ also dienen solche alle zu ei- nem Ende in der Poetischen Beschreibung/ und beleuchten die Sache mit allen eigentlichen Umstän- den. Wann ich will sagen: Es wird Tag: so mag ich solchen beschreiben nachfolgender Weise: Die guldne Morgenröt mit Purpur hellen Stralen/ begint die hohen Berg' und Hügel zu bemahlen. Der schnelle Wiederhall reimt mit der Nach- tigall. Der Perlen silber Tau besafftet unsre Felder man hört die holde Lerch'/ begrüssen alle Wälder es flieht die schwartze Nacht mit ihrer Ster- nen Wacht. Es hat der frühe Han/ den Ackersmann erwecket. Hierbey ist zu merken/ daß die Haubt-Ursach Es
VII. einerley Deutung haben. Zum Exempel ſage ich?Es hat der Juden Volk Jeruſalem ver- ſtoͤrt: Eben dieſes ſage auch mit folgenden Wor- ten: Salem/ die Friedensſtadt ward von dem Krieg verheret/ durch der Roma- ner Heer/ ſo/ daß Veſpaſian den Tempel und das Schloß in Ephraim gewann. Wie nun eines Dinges viel Urſachen koͤnnen angefuͤhret werden/ alſo dienen ſolche alle zu ei- nem Ende in der Poëtiſchen Beſchreibung/ und beleuchtẽ die Sache mit allẽ eigentlichẽ Umſtaͤn- den. Wann ich will ſagen: Es wird Tag: ſo mag ich ſolchen beſchreiben nachfolgender Weiſe: Die guldne Morgenroͤt mit Purpur hellen Stralen/ begint die hohen Berg’ und Huͤgel zu bemahlen. Der ſchnelle Wiederhall reimt mit der Nach- tigall. Der Perlen ſilber Tau beſafftet unſre Felder man hoͤrt die holde Lerch’/ begruͤſſen alle Waͤlder es flieht die ſchwartze Nacht mit ihrer Ster- nen Wacht. Es hat der fruͤhe Han/ den Ackersmañ erwecket. Hierbey iſt zu merken/ daß die Haubt-Urſach Es
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0102" n="70"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">VII.</hi></fw><lb/> einerley Deutung haben. Zum Exempel ſage ich?<lb/><hi rendition="#fr">Es hat der Juden Volk Jeruſalem ver-<lb/> ſtoͤrt:</hi> Eben dieſes ſage auch mit folgenden Wor-<lb/> ten: <hi rendition="#fr">Salem/ die Friedensſtadt ward von<lb/> dem Krieg verheret/ durch der Roma-<lb/> ner Heer/ ſo/ daß Veſpaſian den Tempel<lb/> und das Schloß in Ephraim gewann.</hi><lb/> Wie nun eines Dinges viel <hi rendition="#fr">U</hi>rſachen koͤnnen<lb/> angefuͤhret werden/ alſo dienen ſolche alle zu ei-<lb/> nem Ende in der Po<hi rendition="#aq">ë</hi>tiſchen Beſchreibung/ und<lb/> beleuchtẽ die Sache mit allẽ eigentlichẽ <hi rendition="#fr">U</hi>mſtaͤn-<lb/> den. Wann ich will ſagen: <hi rendition="#fr">Es wird Tag:</hi> ſo<lb/> mag ich ſolchen beſchreiben nachfolgender Weiſe:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Die guldne Morgenroͤt mit Purpur hellen</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Stralen/</hi> </l><lb/> <l>begint die hohen Berg’ und Huͤgel zu bemahlen.</l><lb/> <l>Der ſchnelle Wiederhall reimt mit der Nach-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">tigall.</hi> </l><lb/> <l>Der Perlen ſilber Tau beſafftet unſre Felder</l><lb/> <l>man hoͤrt die holde Lerch’/ begruͤſſen alle Waͤlder</l><lb/> <l>es flieht die ſchwartze Nacht mit ihrer Ster-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">nen Wacht.</hi> </l><lb/> <l>Es hat der fruͤhe Han/ den Ackersmañ erwecket.</l> </lg><lb/> <p>Hierbey iſt zu merken/ daß die Haubt-<hi rendition="#fr">U</hi>rſach<lb/> und das vornemſte zu Anfangs ſtehet. Die an-<lb/> dern <hi rendition="#fr">U</hi>mſtaͤnde folgen/ wie hier von der Son-<lb/> nen Aufgang; Maſſen die Nachtigall und die<lb/> Lerche auch zu andrer Zeit zu ſingen pfleget.<lb/> Schertzweis aber kan ich wol ſagen:</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Es</hi> </fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [70/0102]
VII.
einerley Deutung haben. Zum Exempel ſage ich?
Es hat der Juden Volk Jeruſalem ver-
ſtoͤrt: Eben dieſes ſage auch mit folgenden Wor-
ten: Salem/ die Friedensſtadt ward von
dem Krieg verheret/ durch der Roma-
ner Heer/ ſo/ daß Veſpaſian den Tempel
und das Schloß in Ephraim gewann.
Wie nun eines Dinges viel Urſachen koͤnnen
angefuͤhret werden/ alſo dienen ſolche alle zu ei-
nem Ende in der Poëtiſchen Beſchreibung/ und
beleuchtẽ die Sache mit allẽ eigentlichẽ Umſtaͤn-
den. Wann ich will ſagen: Es wird Tag: ſo
mag ich ſolchen beſchreiben nachfolgender Weiſe:
Die guldne Morgenroͤt mit Purpur hellen
Stralen/
begint die hohen Berg’ und Huͤgel zu bemahlen.
Der ſchnelle Wiederhall reimt mit der Nach-
tigall.
Der Perlen ſilber Tau beſafftet unſre Felder
man hoͤrt die holde Lerch’/ begruͤſſen alle Waͤlder
es flieht die ſchwartze Nacht mit ihrer Ster-
nen Wacht.
Es hat der fruͤhe Han/ den Ackersmañ erwecket.
Hierbey iſt zu merken/ daß die Haubt-Urſach
und das vornemſte zu Anfangs ſtehet. Die an-
dern Umſtaͤnde folgen/ wie hier von der Son-
nen Aufgang; Maſſen die Nachtigall und die
Lerche auch zu andrer Zeit zu ſingen pfleget.
Schertzweis aber kan ich wol ſagen:
Es
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |