Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 2. Nürnberg, 1648.Die siebende Stund. keit/ durch beharrlichen Fleiß überwunden/ wel-hes in der Poeterey schwerlich nachzuthun seyn solte. 2. Ob nun wol etliche zu wolermeldter Kunst 3. Diesem nach sol der Poet alles/ was er liest/ auch
Die ſiebende Stund. keit/ durch beharrlichen Fleiß uͤberwunden/ wel-hes in der Poeterey ſchwerlich nachzuthun ſeyn ſolte. 2. Ob nun wol etliche zu wolermeldter Kunſt 3. Dieſem nach ſol der Poet alles/ was er lieſt/ auch
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0016" n="[2]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die ſiebende Stund.</hi></fw><lb/> keit/ durch beharrlichen Fleiß uͤberwunden/ wel-<lb/> hes in der Poeterey ſchwerlich nachzuthun ſeyn<lb/> ſolte.</p><lb/> <p>2. Ob nun wol etliche zu wolermeldter Kunſt<lb/> geboren/ ſo iſt doch die Kunſt nicht mit ihnen ge-<lb/> boren; ſondern muß erlernet werden/ wie alles/<lb/> was wir Menſchen wiſſen wollen. Man beob-<lb/> achtet/ daß die Kinder in der Wiegen gerne ſin-<lb/> gen hoͤren; daß das Vieh bey dem Schaͤferslied<lb/> lieber weidet/ und daß kein Volk/ ſo grob und<lb/> Barbariſch es iſt/ nicht eine Art der Muſic/ deren<lb/> Geiſt/ und vernemliche Stimme die Verſe ſind/<lb/> gebrauche. Daraus zu ſchlieſſen/ daß die Men-<lb/> ſchen eine natuͤrliche Neigung zu edelbeſagter<lb/> Kunſt tragen; ja es kan ein Verſtaͤndiger/ der von<lb/> der Poeterey die geringſte Wiſſenſchaft nicht hat/<lb/> leichtlich bemerken/ wann etwan in dem Gedicht/<lb/> uͤm eine Sylbe verſtoſſen/ oder daß der Dichter<lb/> kein gutes Vrtheil/ etc. doch iſt/ wie in dem Ge-<lb/> maͤhl/ ein Faͤhler ſichtbarer und leichter zu erkennẽ<lb/> als der andre.</p><lb/> <p>3. Dieſem nach ſol der Poet alles/ was er lieſt/<lb/> fleiſſig beobachten/ und was er ſchreibt/ reiflich be-<lb/> trachten Wil es zu zeiten nicht von ſtatten gehen/<lb/> ſo ſol er die gantze Sache beſeits legen/ und zu an-<lb/> derer Zeit/ wann er aller ſchweren Gedanken ent-<lb/> laden/ wiederuͤm unter die Hand nehmen: oder<lb/> <fw place="bottom" type="catch">auch</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [[2]/0016]
Die ſiebende Stund.
keit/ durch beharrlichen Fleiß uͤberwunden/ wel-
hes in der Poeterey ſchwerlich nachzuthun ſeyn
ſolte.
2. Ob nun wol etliche zu wolermeldter Kunſt
geboren/ ſo iſt doch die Kunſt nicht mit ihnen ge-
boren; ſondern muß erlernet werden/ wie alles/
was wir Menſchen wiſſen wollen. Man beob-
achtet/ daß die Kinder in der Wiegen gerne ſin-
gen hoͤren; daß das Vieh bey dem Schaͤferslied
lieber weidet/ und daß kein Volk/ ſo grob und
Barbariſch es iſt/ nicht eine Art der Muſic/ deren
Geiſt/ und vernemliche Stimme die Verſe ſind/
gebrauche. Daraus zu ſchlieſſen/ daß die Men-
ſchen eine natuͤrliche Neigung zu edelbeſagter
Kunſt tragen; ja es kan ein Verſtaͤndiger/ der von
der Poeterey die geringſte Wiſſenſchaft nicht hat/
leichtlich bemerken/ wann etwan in dem Gedicht/
uͤm eine Sylbe verſtoſſen/ oder daß der Dichter
kein gutes Vrtheil/ etc. doch iſt/ wie in dem Ge-
maͤhl/ ein Faͤhler ſichtbarer und leichter zu erkennẽ
als der andre.
3. Dieſem nach ſol der Poet alles/ was er lieſt/
fleiſſig beobachten/ und was er ſchreibt/ reiflich be-
trachten Wil es zu zeiten nicht von ſtatten gehen/
ſo ſol er die gantze Sache beſeits legen/ und zu an-
derer Zeit/ wann er aller ſchweren Gedanken ent-
laden/ wiederuͤm unter die Hand nehmen: oder
auch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |