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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650.

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Die fünffte Stund.
auf daß kein Vngelück euch beeden wie-
derfahre/
und ihr mit Hertzenstreu euch liebet in
die Wette.
Hört! euer Namen Mahl
sol es hinfort
gelingen/
wann sie auf Berg und Thal
in iedes Baumes Rind' erhalten ihre
Stätte.

Jhr holden Nymphen schweigt/ und höret auf
zu singen.


19. Jn den alten Liedern findet man/ daß zu-
zeiten die letzte Zeil mit keiner andern reimet/ und
wird deßwegen Wäisenvers genennet; als zu
sehen unter andern in dem Lied: HErr Gott
nun sey gepreiset etc.
Es klingt aber besser/
wann die letzte Zeil auch reimet: wie in besagtem
Ton ein Lied zu finden in der Christlichen Welt-
Feld-und Gartenbetrachtung H. Dilherrns am
153 Blat.

20. Zuzeit hält man nur das letzte Wort/
und ordnet das Gedicht also/ daß andere Reim-
wort vorhergehen. Zum Exempel wollen wir se-
tzen unser Trauergedicht über einen ermordeten
Jüngling:

JHr Napeen/ Oreaden/
Feen/ Nymphen/ Walddryaden/
und

Die fuͤnffte Stund.
auf daß kein Vngeluͤck euch beeden wie-
derfahre/
und ihr mit Hertzenstreu euch liebet in
die Wette.
Hoͤrt! euer Namen Mahl
ſol es hinfort
gelingen/
wann ſie auf Berg und Thal
in iedes Baumes Rind’ erhalten ihre
Staͤtte.

Jhr holden Nymphen ſchweigt/ und hoͤret auf
zu ſingen.


19. Jn den alten Liedern findet man/ daß zu-
zeiten die letzte Zeil mit keiner andern reimet/ und
wird deßwegen Waͤiſenvers genennet; als zu
ſehen unter andern in dem Lied: HErr Gott
nun ſey gepreiſet ꝛc.
Es klingt aber beſſer/
wann die letzte Zeil auch reimet: wie in beſagtem
Ton ein Lied zu finden in der Chriſtlichen Welt-
Feld-und Gartenbetrachtung H. Dilherrns am
153 Blat.

20. Zuzeit haͤlt man nur das letzte Wort/
und ordnet das Gedicht alſo/ daß andere Reim-
wort vorhergehen. Zum Exempel wollen wir ſe-
tzen unſer Trauergedicht uͤber einen ermordeten
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Feen/ Nymphen/ Walddryaden/
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[96[92]/0110] Die fuͤnffte Stund. auf daß kein Vngeluͤck euch beeden wie- derfahre/ und ihr mit Hertzenstreu euch liebet in die Wette. Hoͤrt! euer Namen Mahl ſol es hinfort gelingen/ wann ſie auf Berg und Thal in iedes Baumes Rind’ erhalten ihre Staͤtte. Jhr holden Nymphen ſchweigt/ und hoͤret auf zu ſingen. 19. Jn den alten Liedern findet man/ daß zu- zeiten die letzte Zeil mit keiner andern reimet/ und wird deßwegen Waͤiſenvers genennet; als zu ſehen unter andern in dem Lied: HErr Gott nun ſey gepreiſet ꝛc. Es klingt aber beſſer/ wann die letzte Zeil auch reimet: wie in beſagtem Ton ein Lied zu finden in der Chriſtlichen Welt- Feld-und Gartenbetrachtung H. Dilherrns am 153 Blat. 20. Zuzeit haͤlt man nur das letzte Wort/ und ordnet das Gedicht alſo/ daß andere Reim- wort vorhergehen. Zum Exempel wollen wir ſe- tzen unſer Trauergedicht uͤber einen ermordeten Juͤngling: JHr Napeen/ Oreaden/ Feen/ Nymphen/ Walddryaden/ und

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650, S. 96[92]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/110>, abgerufen am 02.05.2024.