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Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733.

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Daß aber aus willkührlichen Sätzen auch Wahrheiten erfolgen können, zeigen die Zeichen der Rechen- und Messe-Kunst an, welche grossen theils willkührlich sind. In denjenigen Sachen, so zufällig sind, und auf der Möglichkeit des Gegentheils beruhen, nimmt man alle Umstände zusammen, und vergleichet dieselbe mit einem willkührlichen Satze. Wenn alle Umstände passen, und der angenommene Satz so wohl möglich als andern erkannten Haupt-Wahrheiten gemäß ist; so hat man der Sache ein Genügen gethan, und muß es dem Erfolge der Zeit überlassen, ob mehrere Umstände bekannt werden sollen. Wenn die Umstände, so von neuen zu den bekannten hinzukommen, sich nicht reimen mit dem willkührlichen Satze derer, welchen so viele Umstände nicht bekannt gewesen, so haben die Nachkommen Ursache, den willkührlichen Satz zu verbessern oder mit einem neuen zu vertauschen. Die Sternseher-Wissenschaft giebt uns in diesem Stücke die deutlichsten Exempel. (a) Es gefällt mir die Meynung derjenigen nicht, welche die Wahrheit nach der Beschaffenheit und dem Seelen-Zustande der Menschen abmessen. Auch die Gottlosen können Wahrheiten vortragen; wie sich gegentheils auch Exempel finden, daß fromme Leute geirret haben, so bald sie das Licht der Vernunft und der geoffenbahrten Wahrheit verlassen haben. Ich räume gern ein, daß ein Unterscheid sey unter der Wahrheit, so fern dieselbe sich auf die Ordnung der Dinge an sich gründet, und nur

(a) Videatur SCHLOSSERI pl. rev. Diss. de Vsu hypothesium philosophicarum.

Daß aber aus willkührlichen Sätzen auch Wahrheiten erfolgen können, zeigen die Zeichen der Rechen- und Messe-Kunst an, welche grossen theils willkührlich sind. In denjenigen Sachen, so zufällig sind, und auf der Möglichkeit des Gegentheils beruhen, nimmt man alle Umstände zusammen, und vergleichet dieselbe mit einem willkührlichen Satze. Wenn alle Umstände passen, und der angenommene Satz so wohl möglich als andern erkannten Haupt-Wahrheiten gemäß ist; so hat man der Sache ein Genügen gethan, und muß es dem Erfolge der Zeit überlassen, ob mehrere Umstände bekannt werden sollen. Wenn die Umstände, so von neuen zu den bekannten hinzukommen, sich nicht reimen mit dem willkührlichen Satze derer, welchen so viele Umstände nicht bekannt gewesen, so haben die Nachkommen Ursache, den willkührlichen Satz zu verbessern oder mit einem neuen zu vertauschen. Die Sternseher-Wissenschaft giebt uns in diesem Stücke die deutlichsten Exempel. (a) Es gefällt mir die Meynung derjenigen nicht, welche die Wahrheit nach der Beschaffenheit und dem Seelen-Zustande der Menschen abmessen. Auch die Gottlosen können Wahrheiten vortragen; wie sich gegentheils auch Exempel finden, daß fromme Leute geirret haben, so bald sie das Licht der Vernunft und der geoffenbahrten Wahrheit verlassen haben. Ich räume gern ein, daß ein Unterscheid sey unter der Wahrheit, so fern dieselbe sich auf die Ordnung der Dinge an sich gründet, und nur

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Daß aber aus willkührlichen Sätzen auch Wahrheiten erfolgen können, zeigen die Zeichen der Rechen- und Messe-Kunst an, welche grossen theils willkührlich sind. In denjenigen Sachen, so zufällig sind, und auf der Möglichkeit des Gegentheils beruhen, nimmt man alle Umstände zusammen, und vergleichet dieselbe mit einem willkührlichen Satze. Wenn alle Umstände passen, und der angenommene Satz so wohl möglich als andern erkannten Haupt-Wahrheiten gemäß ist; so hat man der Sache ein Genügen gethan, und muß es dem Erfolge der Zeit überlassen, ob mehrere Umstände bekannt werden sollen. Wenn die Umstände, so von neuen zu den bekannten hinzukommen, sich nicht reimen mit dem willkührlichen Satze derer, welchen so viele Umstände nicht bekannt gewesen, so haben die Nachkommen Ursache, den willkührlichen Satz zu verbessern oder mit einem neuen zu vertauschen. Die Sternseher-Wissenschaft giebt uns in diesem Stücke die deutlichsten Exempel. <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq">Videatur <hi rendition="#i">SCHLOSSERI</hi> pl. rev. <hi rendition="#i">Diss.</hi> de <hi rendition="#i">Vsu hypothesium philosophicarum</hi>.</hi></note> Es gefällt mir die Meynung derjenigen nicht, welche die Wahrheit nach der Beschaffenheit und dem Seelen-Zustande der Menschen abmessen. Auch die Gottlosen können Wahrheiten vortragen; wie sich gegentheils auch Exempel finden, daß fromme Leute geirret haben, so bald sie das Licht der Vernunft und der geoffenbahrten Wahrheit verlassen haben. Ich räume gern ein, daß ein Unterscheid sey unter der Wahrheit, so fern dieselbe sich auf die Ordnung der Dinge an sich gründet, und nur
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[133/0131] Daß aber aus willkührlichen Sätzen auch Wahrheiten erfolgen können, zeigen die Zeichen der Rechen- und Messe-Kunst an, welche grossen theils willkührlich sind. In denjenigen Sachen, so zufällig sind, und auf der Möglichkeit des Gegentheils beruhen, nimmt man alle Umstände zusammen, und vergleichet dieselbe mit einem willkührlichen Satze. Wenn alle Umstände passen, und der angenommene Satz so wohl möglich als andern erkannten Haupt-Wahrheiten gemäß ist; so hat man der Sache ein Genügen gethan, und muß es dem Erfolge der Zeit überlassen, ob mehrere Umstände bekannt werden sollen. Wenn die Umstände, so von neuen zu den bekannten hinzukommen, sich nicht reimen mit dem willkührlichen Satze derer, welchen so viele Umstände nicht bekannt gewesen, so haben die Nachkommen Ursache, den willkührlichen Satz zu verbessern oder mit einem neuen zu vertauschen. Die Sternseher-Wissenschaft giebt uns in diesem Stücke die deutlichsten Exempel. (a) Es gefällt mir die Meynung derjenigen nicht, welche die Wahrheit nach der Beschaffenheit und dem Seelen-Zustande der Menschen abmessen. Auch die Gottlosen können Wahrheiten vortragen; wie sich gegentheils auch Exempel finden, daß fromme Leute geirret haben, so bald sie das Licht der Vernunft und der geoffenbahrten Wahrheit verlassen haben. Ich räume gern ein, daß ein Unterscheid sey unter der Wahrheit, so fern dieselbe sich auf die Ordnung der Dinge an sich gründet, und nur (a) Videatur SCHLOSSERI pl. rev. Diss. de Vsu hypothesium philosophicarum.

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Zitationshilfe: Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harenberg_vampirs_1733/131>, abgerufen am 27.04.2024.