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Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733.

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ersten mit solchen Zufällen behaftet war, in genauen Augenschein zu nehmen, und zugleich mit anhaltenden Gedancken die Kranckheit, welche sie für eine satanische hielten, ihnen vorstelleten, sind in denen theils zarten, theils zähen Fäsern des weiblichen Gehirns solche Eindrückungen geschehen, welche mit Furcht und Verwunderung vergesellschaftet gewesen. Die lebhaftigen Vorstellungen von den Gebehrden des für besessen gehaltenen Weibes haben nach und nach das Gehirn der Umstehenden also geändert, daß sie denselben zu ähnlichen Gebehrden Anlaß gegeben. Nach und nach ist diese phantastische Seuche weiter fortgepflantzet, und, weil die erste Phantastin in dem Tempel am meisten ihre unordentlichen Gebehrden zu Tage gelegt, haben die angesteckten nachher an diesem Orte, der ihre gehabte Eindrückung vornehmlich veruhrsachet, gleiche Gebehrden bezeiget. Als vor einigen Jahren auf dem Eichsfeld in der Stadt Worbs die Priester von einer vermeinten Besessenen sieben Teufel austreiben wollen, und einige neugierige Weibgens die wunderbahren Gebehrden derselben zum öftern anschaueten, wurden albereits einige von den Zuschauerinnen in den Anfang gleicher Gebehrden gesetzt, und es war der heilsamste Weg, daß man die Zuschauerinnen zurück hielte. Was soll ich von den Weibern und Männern sagen, welche vor Zeiten in den Festen des Wein-Gotts und der grossen Mutter der Götter durch den Schall der erschütterten und scharf-klingenden musicalischen

ersten mit solchen Zufällen behaftet war, in genauen Augenschein zu nehmen, und zugleich mit anhaltenden Gedancken die Kranckheit, welche sie für eine satanische hielten, ihnen vorstelleten, sind in denen theils zarten, theils zähen Fäsern des weiblichen Gehirns solche Eindrückungen geschehen, welche mit Furcht und Verwunderung vergesellschaftet gewesen. Die lebhaftigen Vorstellungen von den Gebehrden des für besessen gehaltenen Weibes haben nach und nach das Gehirn der Umstehenden also geändert, daß sie denselben zu ähnlichen Gebehrden Anlaß gegeben. Nach und nach ist diese phantastische Seuche weiter fortgepflantzet, und, weil die erste Phantastin in dem Tempel am meisten ihre unordentlichen Gebehrden zu Tage gelegt, haben die angesteckten nachher an diesem Orte, der ihre gehabte Eindrückung vornehmlich veruhrsachet, gleiche Gebehrden bezeiget. Als vor einigen Jahren auf dem Eichsfeld in der Stadt Worbs die Priester von einer vermeinten Besessenen sieben Teufel austreiben wollen, und einige neugierige Weibgens die wunderbahren Gebehrden derselben zum öftern anschaueten, wurden albereits einige von den Zuschauerinnen in den Anfang gleicher Gebehrden gesetzt, und es war der heilsamste Weg, daß man die Zuschauerinnen zurück hielte. Was soll ich von den Weibern und Männern sagen, welche vor Zeiten in den Festen des Wein-Gotts und der grossen Mutter der Götter durch den Schall der erschütterten und scharf-klingenden musicalischen

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ersten mit solchen Zufällen behaftet war, in genauen Augenschein zu nehmen, und zugleich mit anhaltenden Gedancken die Kranckheit, welche sie für eine satanische hielten, ihnen vorstelleten, sind in denen theils zarten, theils zähen Fäsern des weiblichen Gehirns solche Eindrückungen geschehen, welche mit Furcht und Verwunderung vergesellschaftet gewesen. Die lebhaftigen Vorstellungen von den Gebehrden des für besessen gehaltenen Weibes haben nach und nach das Gehirn der Umstehenden also geändert, daß sie denselben zu ähnlichen Gebehrden Anlaß gegeben. Nach und nach ist diese phantastische Seuche weiter fortgepflantzet, und, weil die erste Phantastin in dem Tempel am meisten ihre unordentlichen Gebehrden zu Tage gelegt, haben die angesteckten nachher an diesem Orte, der ihre gehabte Eindrückung vornehmlich veruhrsachet, gleiche Gebehrden bezeiget. Als vor einigen Jahren auf dem Eichsfeld in der Stadt Worbs die Priester von einer vermeinten Besessenen sieben Teufel austreiben wollen, und einige neugierige Weibgens die wunderbahren Gebehrden derselben zum öftern anschaueten, wurden albereits einige von den Zuschauerinnen in den Anfang gleicher Gebehrden gesetzt, und es war der heilsamste Weg, daß man die Zuschauerinnen zurück hielte. Was soll ich von den Weibern und Männern sagen, welche vor Zeiten in den Festen des Wein-Gotts und der grossen Mutter der Götter durch den Schall der erschütterten und scharf-klingenden musicalischen
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[109/0107] ersten mit solchen Zufällen behaftet war, in genauen Augenschein zu nehmen, und zugleich mit anhaltenden Gedancken die Kranckheit, welche sie für eine satanische hielten, ihnen vorstelleten, sind in denen theils zarten, theils zähen Fäsern des weiblichen Gehirns solche Eindrückungen geschehen, welche mit Furcht und Verwunderung vergesellschaftet gewesen. Die lebhaftigen Vorstellungen von den Gebehrden des für besessen gehaltenen Weibes haben nach und nach das Gehirn der Umstehenden also geändert, daß sie denselben zu ähnlichen Gebehrden Anlaß gegeben. Nach und nach ist diese phantastische Seuche weiter fortgepflantzet, und, weil die erste Phantastin in dem Tempel am meisten ihre unordentlichen Gebehrden zu Tage gelegt, haben die angesteckten nachher an diesem Orte, der ihre gehabte Eindrückung vornehmlich veruhrsachet, gleiche Gebehrden bezeiget. Als vor einigen Jahren auf dem Eichsfeld in der Stadt Worbs die Priester von einer vermeinten Besessenen sieben Teufel austreiben wollen, und einige neugierige Weibgens die wunderbahren Gebehrden derselben zum öftern anschaueten, wurden albereits einige von den Zuschauerinnen in den Anfang gleicher Gebehrden gesetzt, und es war der heilsamste Weg, daß man die Zuschauerinnen zurück hielte. Was soll ich von den Weibern und Männern sagen, welche vor Zeiten in den Festen des Wein-Gotts und der grossen Mutter der Götter durch den Schall der erschütterten und scharf-klingenden musicalischen

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Zitationshilfe: Harenberg, Johann Christoph: Vernünftige und Christliche Gedancken Uber die VAMPIRS Oder Bluhtsaugende Todten. Wolfenbüttel, 1733, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harenberg_vampirs_1733/107>, abgerufen am 27.04.2024.