Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Romans II. Buch.
Neue wieder erbauet. Es waren zu diesem Bau 100. Meister-
Arbeiter verordnet/ deren Jeder 100. Knechte hatte/ außgenom-
men noch andere Arbeits-Leute/ deren 10000. an der Zahl gewe-
sen. Man sagt/ daß an diesen Bau das gantze Käyserliche Ein-
kommen auß Egypten angewendet worden/ welches Jährlich
2. Millionen betragen/ und hat man daran 17. Jahre gebauet.

Hierauf sprach der Geistliche: Das solte dann wol ein
Salomonischer Tempel gewesen seyn/ welcher Wunder. köstlich
gebauet gewesen. Als die Türcken constantinopel eingenom-
men/ haben sie allein dieser Kirchen verschonet/ worinnen sie viel
höflicher/ als die Arrianer/ gehandelt haben/ die sich doch Christen
nennen. Ein Ding war bey dem Bauen dieser Kirchen sehr
merckwürdig: Der Käyser hatte ein Häußgen vonnöthen/ das
bey der Kirchen stund/ welches einer schlechten Frauen zugehör-
te/ die wolte es nicht fahren lassen/ was man ihr auch darfür ge-
ben wolte. Der Käyser gieng selbsten zu ihr/ und ersuchete sie
darum/ da schenckete sie es ihm für die Kirche. Die Freundlich-
keit und Höflichkeit grosser Herren vermag sehr viel bey den Un-
terthanen. Wann unser Herr JEsus bey uns für seine arme
lebendige Kirche was suchet/ so muß man es ihm auch nicht ab-
schlagen.

Cavina ließ sich jetzo hören: Der Tempel der Dianen zu
Epheso muß ein prächtiges Gebäu gewesen seyn/ alldieweil
gantz Asien 220. Jahre daran gebauet hat. Dieser stund in ei-
nem Morast/ damit er von dem Erdbeben befreyet seyn möge.
Der Grund war von gestossenen Holtz-Kohlen/ und darauf
wurden Kühe-Häute geleget. Die Länge und die Breite waren
einer Grösse. Es stunden in demselben 137. Pfeiler/ Jeder 60.
Werckschuhe dick. Es ist kaum glaublich.

Dem der Geistlicher antwortete: Daß dieser Tempel ein
Wunder-Werck der Welt gewesen/ das ist bekandt/ und wie ey-
ferig die Asianer in ihrem Gottesdienst allda waren/ das befand
Paulus/ als er zu Epheso war. Was ist aber doch aller Pracht
deß falschen Gottesdienstes/ da der Grund schwartzer Holtzkoh-
len und Thier. Häute in einem stinckenden Morast. Unser Geist-
licher Tempel hat einen vestern Grund; Allein man muß zuse-
hen/ daß man darauf kein Holtz und Stroh der falschen Lehre
bauet. Dann die können das Bewähr-Feuer eben so wenig/ als
der Tempel der Dianen das Feuer deß Herostrati außsteben.

Der Edelmann sprach: Der Mann wuste kein Mittel/
sich einen grossen Ramen zu machen/ als dardurch/ daß er den

Tempel

Romans II. Buch.
Neue wieder erbauet. Es waren zu dieſem Bau 100. Meiſter-
Arbeiter verordnet/ deren Jeder 100. Knechte hatte/ außgenom-
men noch andere Arbeits-Leute/ deren 10000. an der Zahl gewe-
ſen. Man ſagt/ daß an dieſen Bau das gantze Kaͤyſerliche Ein-
kommen auß Egypten angewendet worden/ welches Jaͤhrlich
2. Millionen betragen/ und hat man daran 17. Jahre gebauet.

Hierauf ſprach der Geiſtliche: Das ſolte dann wol ein
Salomoniſcher Tempel geweſen ſeyn/ welcher Wunder. koͤſtlich
gebauet geweſen. Als die Tuͤrcken conſtantinopel eingenom-
men/ haben ſie allein dieſer Kirchen verſchonet/ worinnen ſie viel
hoͤflicher/ als die Arrianer/ gehandelt haben/ die ſich doch Chriſten
nennen. Ein Ding war bey dem Bauen dieſer Kirchen ſehr
merckwuͤrdig: Der Kaͤyſer hatte ein Haͤußgen vonnoͤthen/ das
bey der Kirchen ſtund/ welches einer ſchlechten Frauen zugehoͤr-
te/ die wolte es nicht fahren laſſen/ was man ihr auch darfuͤr ge-
ben wolte. Der Kaͤyſer gieng ſelbſten zu ihr/ und erſuchete ſie
darum/ da ſchenckete ſie es ihm fuͤr die Kirche. Die Freundlich-
keit und Hoͤflichkeit groſſer Herren vermag ſehr viel bey den Un-
terthanen. Wann unſer Herꝛ JEſus bey uns fuͤr ſeine arme
lebendige Kirche was ſuchet/ ſo muß man es ihm auch nicht ab-
ſchlagen.

Cavina ließ ſich jetzo hoͤren: Der Tempel der Dianen zu
Epheſo muß ein praͤchtiges Gebaͤu geweſen ſeyn/ alldieweil
gantz Aſien 220. Jahre daran gebauet hat. Dieſer ſtund in ei-
nem Moraſt/ damit er von dem Erdbeben befreyet ſeyn moͤge.
Der Grund war von geſtoſſenen Holtz-Kohlen/ und darauf
wurden Kuͤhe-Haͤute geleget. Die Laͤnge und die Breite waren
einer Groͤſſe. Es ſtunden in demſelben 137. Pfeiler/ Jeder 60.
Werckſchuhe dick. Es iſt kaum glaublich.

Dem der Geiſtlicher antwortete: Daß dieſer Tempel ein
Wunder-Werck der Welt geweſen/ das iſt bekandt/ und wie ey-
ferig die Aſianer in ihrem Gottesdienſt allda waren/ das befand
Paulus/ als er zu Epheſo war. Was iſt aber doch aller Pracht
deß falſchen Gottesdienſtes/ da der Grund ſchwartzer Holtzkoh-
len und Thier. Haͤute in einem ſtinckenden Moraſt. Unſer Geiſt-
licher Tempel hat einen veſtern Grund; Allein man muß zuſe-
hen/ daß man darauf kein Holtz und Stroh der falſchen Lehre
bauet. Dann die koͤnnen das Bewaͤhr-Feuer eben ſo wenig/ als
der Tempel der Dianen das Feuer deß Heroſtrati außſteben.

Der Edelmann ſprach: Der Mann wuſte kein Mittel/
ſich einen groſſen Ramen zu machen/ als dardurch/ daß er den

Tempel
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0851" n="831"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">II.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
Neue wieder erbauet. Es waren zu die&#x017F;em Bau 100. Mei&#x017F;ter-<lb/>
Arbeiter verordnet/ deren Jeder 100. Knechte hatte/ außgenom-<lb/>
men noch andere Arbeits-Leute/ deren 10000. an der Zahl gewe-<lb/>
&#x017F;en. Man &#x017F;agt/ daß an die&#x017F;en Bau das gantze Ka&#x0364;y&#x017F;erliche Ein-<lb/>
kommen auß Egypten angewendet worden/ welches Ja&#x0364;hrlich<lb/>
2. Millionen betragen/ und hat man daran 17. Jahre gebauet.</p><lb/>
          <p>Hierauf &#x017F;prach der Gei&#x017F;tliche: Das &#x017F;olte dann wol ein<lb/>
Salomoni&#x017F;cher Tempel gewe&#x017F;en &#x017F;eyn/ welcher Wunder. ko&#x0364;&#x017F;tlich<lb/>
gebauet gewe&#x017F;en. Als die Tu&#x0364;rcken con&#x017F;tantinopel eingenom-<lb/>
men/ haben &#x017F;ie allein die&#x017F;er Kirchen ver&#x017F;chonet/ worinnen &#x017F;ie viel<lb/>
ho&#x0364;flicher/ als die Arrianer/ gehandelt haben/ die &#x017F;ich doch Chri&#x017F;ten<lb/>
nennen. Ein Ding war bey dem Bauen die&#x017F;er Kirchen &#x017F;ehr<lb/>
merckwu&#x0364;rdig: Der Ka&#x0364;y&#x017F;er hatte ein Ha&#x0364;ußgen vonno&#x0364;then/ das<lb/>
bey der Kirchen &#x017F;tund/ welches einer &#x017F;chlechten Frauen zugeho&#x0364;r-<lb/>
te/ die wolte es nicht fahren la&#x017F;&#x017F;en/ was man ihr auch darfu&#x0364;r ge-<lb/>
ben wolte. Der Ka&#x0364;y&#x017F;er gieng &#x017F;elb&#x017F;ten zu ihr/ und er&#x017F;uchete &#x017F;ie<lb/>
darum/ da &#x017F;chenckete &#x017F;ie es ihm fu&#x0364;r die Kirche. Die Freundlich-<lb/>
keit und Ho&#x0364;flichkeit gro&#x017F;&#x017F;er Herren vermag &#x017F;ehr viel bey den Un-<lb/>
terthanen. Wann un&#x017F;er Her&#xA75B; JE&#x017F;us bey uns fu&#x0364;r &#x017F;eine arme<lb/>
lebendige Kirche was &#x017F;uchet/ &#x017F;o muß man es ihm auch nicht ab-<lb/>
&#x017F;chlagen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">Cavina</hi> ließ &#x017F;ich jetzo ho&#x0364;ren: Der Tempel der <hi rendition="#aq">Dian</hi>en zu<lb/><hi rendition="#aq">Ephe&#x017F;o</hi> muß ein pra&#x0364;chtiges Geba&#x0364;u gewe&#x017F;en &#x017F;eyn/ alldieweil<lb/>
gantz A&#x017F;ien 220. Jahre daran gebauet hat. Die&#x017F;er &#x017F;tund in ei-<lb/>
nem Mora&#x017F;t/ damit er von dem Erdbeben befreyet &#x017F;eyn mo&#x0364;ge.<lb/>
Der Grund war von ge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;enen Holtz-Kohlen/ und darauf<lb/>
wurden Ku&#x0364;he-Ha&#x0364;ute geleget. Die La&#x0364;nge und die Breite waren<lb/>
einer Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Es &#x017F;tunden in dem&#x017F;elben 137. Pfeiler/ Jeder 60.<lb/>
Werck&#x017F;chuhe dick. Es i&#x017F;t kaum glaublich.</p><lb/>
          <p>Dem der Gei&#x017F;tlicher antwortete: Daß die&#x017F;er Tempel ein<lb/>
Wunder-Werck der Welt gewe&#x017F;en/ das i&#x017F;t bekandt/ und wie ey-<lb/>
ferig die A&#x017F;ianer in ihrem Gottesdien&#x017F;t allda waren/ das befand<lb/>
Paulus/ als er zu <hi rendition="#aq">Ephe&#x017F;o</hi> war. Was i&#x017F;t aber doch aller Pracht<lb/>
deß fal&#x017F;chen Gottesdien&#x017F;tes/ da der Grund &#x017F;chwartzer Holtzkoh-<lb/>
len und Thier. Ha&#x0364;ute in einem &#x017F;tinckenden Mora&#x017F;t. Un&#x017F;er Gei&#x017F;t-<lb/>
licher Tempel hat einen ve&#x017F;tern Grund; Allein man muß zu&#x017F;e-<lb/>
hen/ daß man darauf kein Holtz und Stroh der fal&#x017F;chen Lehre<lb/>
bauet. Dann die ko&#x0364;nnen das Bewa&#x0364;hr-Feuer eben &#x017F;o wenig/ als<lb/>
der Tempel der <hi rendition="#aq">Dian</hi>en das Feuer deß <hi rendition="#aq">Hero&#x017F;trati</hi> auß&#x017F;teben.</p><lb/>
          <p>Der Edelmann &#x017F;prach: Der Mann wu&#x017F;te kein Mittel/<lb/>
&#x017F;ich einen gro&#x017F;&#x017F;en Ramen zu machen/ als dardurch/ daß er den<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Tempel</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[831/0851] Romans II. Buch. Neue wieder erbauet. Es waren zu dieſem Bau 100. Meiſter- Arbeiter verordnet/ deren Jeder 100. Knechte hatte/ außgenom- men noch andere Arbeits-Leute/ deren 10000. an der Zahl gewe- ſen. Man ſagt/ daß an dieſen Bau das gantze Kaͤyſerliche Ein- kommen auß Egypten angewendet worden/ welches Jaͤhrlich 2. Millionen betragen/ und hat man daran 17. Jahre gebauet. Hierauf ſprach der Geiſtliche: Das ſolte dann wol ein Salomoniſcher Tempel geweſen ſeyn/ welcher Wunder. koͤſtlich gebauet geweſen. Als die Tuͤrcken conſtantinopel eingenom- men/ haben ſie allein dieſer Kirchen verſchonet/ worinnen ſie viel hoͤflicher/ als die Arrianer/ gehandelt haben/ die ſich doch Chriſten nennen. Ein Ding war bey dem Bauen dieſer Kirchen ſehr merckwuͤrdig: Der Kaͤyſer hatte ein Haͤußgen vonnoͤthen/ das bey der Kirchen ſtund/ welches einer ſchlechten Frauen zugehoͤr- te/ die wolte es nicht fahren laſſen/ was man ihr auch darfuͤr ge- ben wolte. Der Kaͤyſer gieng ſelbſten zu ihr/ und erſuchete ſie darum/ da ſchenckete ſie es ihm fuͤr die Kirche. Die Freundlich- keit und Hoͤflichkeit groſſer Herren vermag ſehr viel bey den Un- terthanen. Wann unſer Herꝛ JEſus bey uns fuͤr ſeine arme lebendige Kirche was ſuchet/ ſo muß man es ihm auch nicht ab- ſchlagen. Cavina ließ ſich jetzo hoͤren: Der Tempel der Dianen zu Epheſo muß ein praͤchtiges Gebaͤu geweſen ſeyn/ alldieweil gantz Aſien 220. Jahre daran gebauet hat. Dieſer ſtund in ei- nem Moraſt/ damit er von dem Erdbeben befreyet ſeyn moͤge. Der Grund war von geſtoſſenen Holtz-Kohlen/ und darauf wurden Kuͤhe-Haͤute geleget. Die Laͤnge und die Breite waren einer Groͤſſe. Es ſtunden in demſelben 137. Pfeiler/ Jeder 60. Werckſchuhe dick. Es iſt kaum glaublich. Dem der Geiſtlicher antwortete: Daß dieſer Tempel ein Wunder-Werck der Welt geweſen/ das iſt bekandt/ und wie ey- ferig die Aſianer in ihrem Gottesdienſt allda waren/ das befand Paulus/ als er zu Epheſo war. Was iſt aber doch aller Pracht deß falſchen Gottesdienſtes/ da der Grund ſchwartzer Holtzkoh- len und Thier. Haͤute in einem ſtinckenden Moraſt. Unſer Geiſt- licher Tempel hat einen veſtern Grund; Allein man muß zuſe- hen/ daß man darauf kein Holtz und Stroh der falſchen Lehre bauet. Dann die koͤnnen das Bewaͤhr-Feuer eben ſo wenig/ als der Tempel der Dianen das Feuer deß Heroſtrati außſteben. Der Edelmann ſprach: Der Mann wuſte kein Mittel/ ſich einen groſſen Ramen zu machen/ als dardurch/ daß er den Tempel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/851
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 831. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/851>, abgerufen am 22.07.2024.