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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
setzete sich vor ihn neben das Bette/ fühlete den Pulß/
und gab gleichsam Acht auf alle Zeichen/ endlich
schüttelte er den Kopff/ schlug an seine Brust/ und
sprach: Ach! deß Jammers! O mein lieber Tor-
renti,
euer Unglück gehet mir sehr zu Hertzen?
Ach! wie stehet euch nunmehr zu helffen? Torrenti
wäre für Schrecken schier in Ernst kranck worden/ be-
gehrete demnach zu wissen/ was ihm dann eigentlich
schade/ und wie ihm zu helffen stünde? Worauf sich
Jener vernehmen ließ: Jhr seyd schon in den fünff-
ten Monat schwanger/ und werdet ein Kind herfür
bringen/ das euch in der Geburt die Augen wird zu-
drucken. Wie kan das zugehen/ sprach Torrenti unter
grosser Verwunderung/ kan auch wol ein Manns-
Bild schwanger werden/ und ein Kind zur Welt tra-
gen? Simon erzehlete ihm hierauf/ daß er in Tyrol
3. Exempel erlebet/ da Männer schwanger worden/
und in der Geburt ersticket wären. Adrian bekräfftigte
es mit fünff andern Exempeln in der Schweitz/ und
Onello thäte den Zusatz/ daß bey seiner letzten Räyse
nach Milan er einen Grafen daselbst angetroffen/ der
schwanger gewesen/ den er noch auß dem Tode erret-
tet hätte/ weil die Frucht nur 2. Monat in seinem Leib
gewesen. Hierauf begunte dem guten einfältigen
Torrenti allererst recht bang zu werden. Er schalt aber
gewaltig auf seine Frau/ als welche die einzige Ursach
an diesem seinem Unglück/ als die da nimmer zufrie-
den gewesen/ wann er auf gemeine Weise sich zu ihr
gehalten/ sondern habe immerdar neue Moden im
Kopff gehabt/ wordurch ihn das Glück zum Unter-
Mann gemacht/ daß er nun gar darüber schwanger
worden wäre. Die gute Frau schlug ihre Augen für
Scham und Bekümmernüß nieder/ und sagte kein
Wort/ gieng auch endlich/ als der närrische Mann
nicht aufhörete/ auf sie zu schelten/ zur Stuben hin-

auß/

Deß Academiſchen
ſetzete ſich vor ihn neben das Bette/ fuͤhlete den Pulß/
und gab gleichſam Acht auf alle Zeichen/ endlich
ſchuͤttelte er den Kopff/ ſchlug an ſeine Bruſt/ und
ſprach: Ach! deß Jammers! O mein lieber Tor-
renti,
euer Ungluͤck gehet mir ſehr zu Hertzen?
Ach! wie ſtehet euch nunmehr zu helffen? Torrenti
waͤre fuͤr Schrecken ſchier in Ernſt kranck worden/ be-
gehrete demnach zu wiſſen/ was ihm dann eigentlich
ſchade/ und wie ihm zu helffen ſtuͤnde? Worauf ſich
Jener vernehmen ließ: Jhr ſeyd ſchon in den fuͤnff-
ten Monat ſchwanger/ und werdet ein Kind herfuͤr
bringen/ das euch in der Geburt die Augen wird zu-
drucken. Wie kan das zugehen/ ſprach Torrenti unter
groſſer Verwunderung/ kan auch wol ein Manns-
Bild ſchwanger werden/ und ein Kind zur Welt tra-
gen? Simon erzehlete ihm hierauf/ daß er in Tyrol
3. Exempel erlebet/ da Maͤnner ſchwanger worden/
und in der Geburt erſticket waͤren. Adrian bekraͤfftigte
es mit fuͤnff andern Exempeln in der Schweitz/ und
Onello thaͤte den Zuſatz/ daß bey ſeiner letzten Raͤyſe
nach Milan er einen Grafen daſelbſt angetroffen/ der
ſchwanger geweſen/ den er noch auß dem Tode erret-
tet haͤtte/ weil die Frucht nur 2. Monat in ſeinem Leib
geweſen. Hierauf begunte dem guten einfaͤltigen
Torrenti allererſt recht bang zu werden. Er ſchalt aber
gewaltig auf ſeine Frau/ als welche die einzige Urſach
an dieſem ſeinem Ungluͤck/ als die da nimmer zufrie-
den geweſen/ wann er auf gemeine Weiſe ſich zu ihr
gehalten/ ſondern habe immerdar neue Moden im
Kopff gehabt/ wordurch ihn das Gluͤck zum Unter-
Mann gemacht/ daß er nun gar daruͤber ſchwanger
worden waͤre. Die gute Frau ſchlug ihre Augen fuͤr
Scham und Bekuͤmmernuͤß nieder/ und ſagte kein
Wort/ gieng auch endlich/ als der naͤrriſche Mann
nicht aufhoͤrete/ auf ſie zu ſchelten/ zur Stuben hin-

auß/
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[750/0768] Deß Academiſchen ſetzete ſich vor ihn neben das Bette/ fuͤhlete den Pulß/ und gab gleichſam Acht auf alle Zeichen/ endlich ſchuͤttelte er den Kopff/ ſchlug an ſeine Bruſt/ und ſprach: Ach! deß Jammers! O mein lieber Tor- renti, euer Ungluͤck gehet mir ſehr zu Hertzen? Ach! wie ſtehet euch nunmehr zu helffen? Torrenti waͤre fuͤr Schrecken ſchier in Ernſt kranck worden/ be- gehrete demnach zu wiſſen/ was ihm dann eigentlich ſchade/ und wie ihm zu helffen ſtuͤnde? Worauf ſich Jener vernehmen ließ: Jhr ſeyd ſchon in den fuͤnff- ten Monat ſchwanger/ und werdet ein Kind herfuͤr bringen/ das euch in der Geburt die Augen wird zu- drucken. Wie kan das zugehen/ ſprach Torrenti unter groſſer Verwunderung/ kan auch wol ein Manns- Bild ſchwanger werden/ und ein Kind zur Welt tra- gen? Simon erzehlete ihm hierauf/ daß er in Tyrol 3. Exempel erlebet/ da Maͤnner ſchwanger worden/ und in der Geburt erſticket waͤren. Adrian bekraͤfftigte es mit fuͤnff andern Exempeln in der Schweitz/ und Onello thaͤte den Zuſatz/ daß bey ſeiner letzten Raͤyſe nach Milan er einen Grafen daſelbſt angetroffen/ der ſchwanger geweſen/ den er noch auß dem Tode erret- tet haͤtte/ weil die Frucht nur 2. Monat in ſeinem Leib geweſen. Hierauf begunte dem guten einfaͤltigen Torrenti allererſt recht bang zu werden. Er ſchalt aber gewaltig auf ſeine Frau/ als welche die einzige Urſach an dieſem ſeinem Ungluͤck/ als die da nimmer zufrie- den geweſen/ wann er auf gemeine Weiſe ſich zu ihr gehalten/ ſondern habe immerdar neue Moden im Kopff gehabt/ wordurch ihn das Gluͤck zum Unter- Mann gemacht/ daß er nun gar daruͤber ſchwanger worden waͤre. Die gute Frau ſchlug ihre Augen fuͤr Scham und Bekuͤmmernuͤß nieder/ und ſagte kein Wort/ gieng auch endlich/ als der naͤrriſche Mann nicht aufhoͤrete/ auf ſie zu ſchelten/ zur Stuben hin- auß/

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 750. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/768>, abgerufen am 23.11.2024.