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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans II. Buch.
unmittelbar von GOtt kommen/ die Natürliche können
uns zum Theil angeerbet werden/ wie man verschie-
dene Exempel darvon hat/ daß die Gaben deß Ver-
standes eine geraume Zeit in den Geschlechtern con-
tinui
ret werden. Zum Theil hilfft darzu die Erzie-
hung und Information, die Conversation und Ge-
meinschafft mit Sinn-reichen gelehrten Leuten/ die
Lust und Liebe etwas zu lernen/ zuforderst aber die
Constellation und eines Jedweden Horoscopus, wor-
durch dann nicht allein ein natürlicher Trieb zu dieser
oder jener Wissenschafft erwecket/ und mächtig ent-
zündet wird/ sondern auch die Mittel darzu zu gelan-
gen/ facilitiret und befördert werden.

Das VIII. Capitul/

Allhier fraget sichs: Ob ein Reicher oder ein Armer geschick-
ker sey zur Weißheit und guten Wissenschafften. Venereus wird
bestohten/ kommt aber auf eine seltzame Weise wieder zu Kleidern und
Geld.

ALs dieser außgeredet hatte/ sprach Venereus:
Meine Herren/ ich glaube/ daß die jenigen Leu-
te für die Verständigsten zu aestimiren/ welche
das meiste Geld haben/ dann dardurch können sie alle
die jenige Mittel leichtlich erlangen/ dardurch man
zur Weißheit gelanget/ welche einem armen Schlu-
cker benommen sind. Aber es widersprach ihm ein
Teutscher/ und behauptete/ daß ein armer Mensch
leichter zur Weißheit gelangen könne/ als ein Reicher.
Weil die Weißheit/ sprach er/ ein Habitus, der mit
Wissenschafften und Tugenden vermenget ist/ so gibt
die Armuth zu der einen so wol/ als zu der andern/
mehr Disposition, als der Reichthum. Sintemahl
das Ingenium eines Armen zur Wissensehafft viel ge-
schickter ist/ als eines Reichen. Gesetzt/ daß die Natur
die Gaben deß Glücks mit den Gaben deß Verstan-

des
R r

Romans II. Buch.
unmittelbar von GOtt kom̃en/ die Natuͤrliche koͤnnen
uns zum Theil angeerbet werden/ wie man verſchie-
dene Exempel darvon hat/ daß die Gaben deß Ver-
ſtandes eine geraume Zeit in den Geſchlechtern con-
tinui
ret werden. Zum Theil hilfft darzu die Erzie-
hung und Information, die Converſation und Ge-
meinſchafft mit Sinn-reichen gelehrten Leuten/ die
Luſt und Liebe etwas zu lernen/ zuforderſt aber die
Conſtellation und eines Jedweden Horoſcopus, wor-
durch dann nicht allein ein natuͤrlicher Trieb zu dieſer
oder jener Wiſſenſchafft erwecket/ und maͤchtig ent-
zuͤndet wird/ ſondern auch die Mittel darzu zu gelan-
gen/ facilitiret und befoͤrdert werden.

Das VIII. Capitul/

Allhier fraget ſichs: Ob ein Reicher oder ein Armer geſchick-
ker ſey zur Weißheit und guten Wiſſenſchafften. Venereus wird
beſtohten/ kommt aber auf eine ſeltzame Weiſe wieder zu Kleidern und
Geld.

ALs dieſer außgeredet hatte/ ſprach Venereus:
Meine Herren/ ich glaube/ daß die jenigen Leu-
te fuͤr die Verſtaͤndigſten zu æſtimiren/ welche
das meiſte Geld haben/ dann dardurch koͤnnen ſie alle
die jenige Mittel leichtlich erlangen/ dardurch man
zur Weißheit gelanget/ welche einem armen Schlu-
cker benommen ſind. Aber es widerſprach ihm ein
Teutſcher/ und behauptete/ daß ein armer Menſch
leichter zur Weißheit gelangen koͤnne/ als ein Reicher.
Weil die Weißheit/ ſprach er/ ein Habitus, der mit
Wiſſenſchafften und Tugenden vermenget iſt/ ſo gibt
die Armuth zu der einen ſo wol/ als zu der andern/
mehr Diſpoſition, als der Reichthum. Sintemahl
das Ingenium eines Armen zur Wiſſenſehafft viel ge-
ſchickter iſt/ als eines Reichen. Geſetzt/ daß die Natur
die Gaben deß Gluͤcks mit den Gaben deß Verſtan-

des
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[625/0643] Romans II. Buch. unmittelbar von GOtt kom̃en/ die Natuͤrliche koͤnnen uns zum Theil angeerbet werden/ wie man verſchie- dene Exempel darvon hat/ daß die Gaben deß Ver- ſtandes eine geraume Zeit in den Geſchlechtern con- tinuiret werden. Zum Theil hilfft darzu die Erzie- hung und Information, die Converſation und Ge- meinſchafft mit Sinn-reichen gelehrten Leuten/ die Luſt und Liebe etwas zu lernen/ zuforderſt aber die Conſtellation und eines Jedweden Horoſcopus, wor- durch dann nicht allein ein natuͤrlicher Trieb zu dieſer oder jener Wiſſenſchafft erwecket/ und maͤchtig ent- zuͤndet wird/ ſondern auch die Mittel darzu zu gelan- gen/ facilitiret und befoͤrdert werden. Das VIII. Capitul/ Allhier fraget ſichs: Ob ein Reicher oder ein Armer geſchick- ker ſey zur Weißheit und guten Wiſſenſchafften. Venereus wird beſtohten/ kommt aber auf eine ſeltzame Weiſe wieder zu Kleidern und Geld. ALs dieſer außgeredet hatte/ ſprach Venereus: Meine Herren/ ich glaube/ daß die jenigen Leu- te fuͤr die Verſtaͤndigſten zu æſtimiren/ welche das meiſte Geld haben/ dann dardurch koͤnnen ſie alle die jenige Mittel leichtlich erlangen/ dardurch man zur Weißheit gelanget/ welche einem armen Schlu- cker benommen ſind. Aber es widerſprach ihm ein Teutſcher/ und behauptete/ daß ein armer Menſch leichter zur Weißheit gelangen koͤnne/ als ein Reicher. Weil die Weißheit/ ſprach er/ ein Habitus, der mit Wiſſenſchafften und Tugenden vermenget iſt/ ſo gibt die Armuth zu der einen ſo wol/ als zu der andern/ mehr Diſpoſition, als der Reichthum. Sintemahl das Ingenium eines Armen zur Wiſſenſehafft viel ge- ſchickter iſt/ als eines Reichen. Geſetzt/ daß die Natur die Gaben deß Gluͤcks mit den Gaben deß Verſtan- des R r

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 625. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/643>, abgerufen am 22.11.2024.