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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
die Distinctionen in Polos, Zonas und Climata, wor-
mit man diesen getheilet hat/ ein blosses Behülff un-
serer blinden Unwissenheit ist/ damit wir uns die Situa-
tion
der Länder desto besser einbilden könten/ so kan
man die Varietät und grossen Unterscheid in den In-
geniis
der Menschen/ weder dem Himmel noch der
Erden zuschreiben. Was das Temperament anlan-
get/ ist es der vernünfftigen Seelen praejudicirlich/
daß man diese Eigenschafft und Krafft den Menschen
weiß und verständig zu machen/ den Humoren zu-
schreiben wil/ dann weil die Seele ohne Leib ist/ so hat
sie auch keiner leiblichen Werckzeuge vonnöthen/ ihre
Actionen zu verrichten/ sondern wie sie gantz Göttlich
und GOttes Ebenbild/ so ist sie auch von Natur
wissend/ und erkennet durch die Vernunfft/ als ihre
älteste Facultät/ alle Geheimnüssen der Natur. Dann
wann die Actiones der Erkanntnüß und der Prudentz
von den Humoren dependirten und herrührten/ wür-
de darauß folgen/ daß das Jenige/ was heute mein
Raisonnement in mir verursachte/ gestern meine Nah-
rung gewesen wäre. Und also wurden diese Dinge/
die nur vegetative und sensitive Actiones gehabt/ wie
sie im Leben gewesen/ nach ihrem Tod Intellectuales
oder verständliche Würckungen herfür bringen. Es
seynd nur allein die Geister/ die sich bewegen/ und un-
sere Humoren zur Action erregen. Wann Jene er-
mangeln/ bleiben diese Krafft-loß/ und gleichwol
seynd diese Geister/ die gleichsam der Wagen seynd/
worauf die vernünfftige Seele herfähret/ nicht ein-
mahl die Ursach der Wissenschafft und Klugheit/
sondern nur allein deß Lebens/ um so viel weniger kan
man es dann den Humoren zuschreiben. Wann man
dann eigentlich von der Sachen reden wil/ muß man
sagen/ daß die übernatürliche Gaben deß Verstandes

unmit-

Deß Academiſchen
die Diſtinctionen in Polos, Zonas und Climata, wor-
mit man dieſen getheilet hat/ ein bloſſes Behuͤlff un-
ſerer blinden Unwiſſenheit iſt/ damit wir uns die Situa-
tion
der Laͤnder deſto beſſer einbilden koͤnten/ ſo kan
man die Varietaͤt und groſſen Unterſcheid in den In-
geniis
der Menſchen/ weder dem Himmel noch der
Erden zuſchreiben. Was das Temperament anlan-
get/ iſt es der vernuͤnfftigen Seelen præjudicirlich/
daß man dieſe Eigenſchafft und Krafft den Menſchen
weiß und verſtaͤndig zu machen/ den Humoren zu-
ſchreiben wil/ dann weil die Seele ohne Leib iſt/ ſo hat
ſie auch keiner leiblichen Werckzeuge vonnoͤthen/ ihre
Actionen zu verrichten/ ſondern wie ſie gantz Goͤttlich
und GOttes Ebenbild/ ſo iſt ſie auch von Natur
wiſſend/ und erkennet durch die Vernunfft/ als ihre
aͤlteſte Facultaͤt/ alle Geheimnuͤſſen der Natur. Dann
wann die Actiones der Erkanntnuͤß und der Prudentz
von den Humoren dependirten und herruͤhrten/ wuͤr-
de darauß folgen/ daß das Jenige/ was heute mein
Raiſonnement in mir verurſachte/ geſtern meine Nah-
rung geweſen waͤre. Und alſo wurden dieſe Dinge/
die nur vegetative und ſenſitive Actiones gehabt/ wie
ſie im Leben geweſen/ nach ihrem Tod Intellectuales
oder verſtaͤndliche Wuͤrckungen herfuͤr bringen. Es
ſeynd nur allein die Geiſter/ die ſich bewegen/ und un-
ſere Humoren zur Action erregen. Wann Jene er-
mangeln/ bleiben dieſe Krafft-loß/ und gleichwol
ſeynd dieſe Geiſter/ die gleichſam der Wagen ſeynd/
worauf die vernuͤnfftige Seele herfaͤhret/ nicht ein-
mahl die Urſach der Wiſſenſchafft und Klugheit/
ſondern nur allein deß Lebens/ um ſo viel weniger kan
man es dann den Humoren zuſchreiben. Wann man
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[624/0642] Deß Academiſchen die Diſtinctionen in Polos, Zonas und Climata, wor- mit man dieſen getheilet hat/ ein bloſſes Behuͤlff un- ſerer blinden Unwiſſenheit iſt/ damit wir uns die Situa- tion der Laͤnder deſto beſſer einbilden koͤnten/ ſo kan man die Varietaͤt und groſſen Unterſcheid in den In- geniis der Menſchen/ weder dem Himmel noch der Erden zuſchreiben. Was das Temperament anlan- get/ iſt es der vernuͤnfftigen Seelen præjudicirlich/ daß man dieſe Eigenſchafft und Krafft den Menſchen weiß und verſtaͤndig zu machen/ den Humoren zu- ſchreiben wil/ dann weil die Seele ohne Leib iſt/ ſo hat ſie auch keiner leiblichen Werckzeuge vonnoͤthen/ ihre Actionen zu verrichten/ ſondern wie ſie gantz Goͤttlich und GOttes Ebenbild/ ſo iſt ſie auch von Natur wiſſend/ und erkennet durch die Vernunfft/ als ihre aͤlteſte Facultaͤt/ alle Geheimnuͤſſen der Natur. Dann wann die Actiones der Erkanntnuͤß und der Prudentz von den Humoren dependirten und herruͤhrten/ wuͤr- de darauß folgen/ daß das Jenige/ was heute mein Raiſonnement in mir verurſachte/ geſtern meine Nah- rung geweſen waͤre. Und alſo wurden dieſe Dinge/ die nur vegetative und ſenſitive Actiones gehabt/ wie ſie im Leben geweſen/ nach ihrem Tod Intellectuales oder verſtaͤndliche Wuͤrckungen herfuͤr bringen. Es ſeynd nur allein die Geiſter/ die ſich bewegen/ und un- ſere Humoren zur Action erregen. Wann Jene er- mangeln/ bleiben dieſe Krafft-loß/ und gleichwol ſeynd dieſe Geiſter/ die gleichſam der Wagen ſeynd/ worauf die vernuͤnfftige Seele herfaͤhret/ nicht ein- mahl die Urſach der Wiſſenſchafft und Klugheit/ ſondern nur allein deß Lebens/ um ſo viel weniger kan man es dann den Humoren zuſchreiben. Wann man dann eigentlich von der Sachen reden wil/ muß man ſagen/ daß die uͤbernatuͤrliche Gaben deß Verſtandes unmit-

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 624. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/642>, abgerufen am 22.11.2024.