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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
merad schlug Feuer/ zündete das häuffig darinnen
ligende Stroh an/ und lieff so geschwind/ als er kun-
te/ mit mir nach einem Berg/ der nahe bey dem vori-
gen Dorff lage. Also gerieth das Hauß bald in
Brandt/ und man rührete die Sturm-Glocke im
Dorff/ da dann Groß und Klein/ Mann und Weib
hinauß lieffen/ das Hauß der Gemeinde zu retten/ wir
lagen inzwischen auf dem Berg/ und sahen dem
Handel zu.

Nachdem endlich die Leute meist auß dem Dorff
verlauffen/ sprach mein Camerad: Nun auf/ mein
Bruder/ jetzo müssen wir auf unserer Hut seyn/ hier-
mit lieff er mit mir den Berg hinab/ und wir giengen
darauf sachtmüthig in das Dorff nach dem Wirths-
Hauß/ darinn nur zwey kleine Kinder/ und eine alte
Mutter war. Jene kunten uns nicht verrathen/ aber
die alte Mutter ward von uns in einen tieffen Keller
gesperret/ und ihr der Tod gedrohet/ wofern sie den
allergeringsten Laut von sich geben würde. Darauf
visitirte mein Gesell das Hauß/ und überreichete mir
zuforderst meinen Rock/ welchen ich anzog/ er schlug
einen Kasten auf/ und steckete einen Beutel mit Geld
zu sich/ gieng hernach in den Keller/ und langete zween
grosse irdene Krüge/ welche er auß einem guten Wein-
Faß anfüllete/ in der Speise-Kammer fand er einen
rohen Schincken und schöne Bratwürste/ darvon er
einen guten Partickel nahm/ und alles in einen lan-
gen Sack steckete/ gieng hernach in den Stall/ und
zog ein junges Pferd herauß/ darauf legte er die Last/
setzete sich auch selber darauf/ und nöthigte mich/ das
andere Pferd zu nehmen/ aber mir war bang vor ei-
nem bösen Außgang/ dannenhero folgete ich ihm zu
Fuß/ wir eyleten/ so gut wir kunten/ biß wir einen
Busch erreichet/ darinn setzten wir uns nieder/ und

hielten

Deß Academiſchen
merad ſchlug Feuer/ zuͤndete das haͤuffig darinnen
ligende Stroh an/ und lieff ſo geſchwind/ als er kun-
te/ mit mir nach einem Berg/ der nahe bey dem vori-
gen Dorff lage. Alſo gerieth das Hauß bald in
Brandt/ und man ruͤhrete die Sturm-Glocke im
Dorff/ da dann Groß und Klein/ Mann und Weib
hinauß lieffen/ das Hauß der Gemeinde zu retten/ wir
lagen inzwiſchen auf dem Berg/ und ſahen dem
Handel zu.

Nachdem endlich die Leute meiſt auß dem Dorff
verlauffen/ ſprach mein Camerad: Nun auf/ mein
Bruder/ jetzo muͤſſen wir auf unſerer Hut ſeyn/ hier-
mit lieff er mit mir den Berg hinab/ und wir giengen
darauf ſachtmuͤthig in das Dorff nach dem Wirths-
Hauß/ darinn nur zwey kleine Kinder/ und eine alte
Mutter war. Jene kunten uns nicht verrathen/ aber
die alte Mutter ward von uns in einen tieffen Keller
geſperret/ und ihr der Tod gedrohet/ wofern ſie den
allergeringſten Laut von ſich geben wuͤrde. Darauf
viſitirte mein Geſell das Hauß/ und uͤberreichete mir
zuforderſt meinen Rock/ welchen ich anzog/ er ſchlug
einen Kaſten auf/ und ſteckete einen Beutel mit Geld
zu ſich/ gieng hernach in den Keller/ und langete zween
groſſe irdene Kruͤge/ welche er auß einem guten Wein-
Faß anfuͤllete/ in der Speiſe-Kammer fand er einen
rohen Schincken und ſchoͤne Bratwuͤrſte/ darvon er
einen guten Partickel nahm/ und alles in einen lan-
gen Sack ſteckete/ gieng hernach in den Stall/ und
zog ein junges Pferd herauß/ darauf legte er die Laſt/
ſetzete ſich auch ſelber darauf/ und noͤthigte mich/ das
andere Pferd zu nehmen/ aber mir war bang vor ei-
nem boͤſen Außgang/ dannenhero folgete ich ihm zu
Fuß/ wir eyleten/ ſo gut wir kunten/ biß wir einen
Buſch erreichet/ darinn ſetzten wir uns nieder/ und

hielten
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[576/0592] Deß Academiſchen merad ſchlug Feuer/ zuͤndete das haͤuffig darinnen ligende Stroh an/ und lieff ſo geſchwind/ als er kun- te/ mit mir nach einem Berg/ der nahe bey dem vori- gen Dorff lage. Alſo gerieth das Hauß bald in Brandt/ und man ruͤhrete die Sturm-Glocke im Dorff/ da dann Groß und Klein/ Mann und Weib hinauß lieffen/ das Hauß der Gemeinde zu retten/ wir lagen inzwiſchen auf dem Berg/ und ſahen dem Handel zu. Nachdem endlich die Leute meiſt auß dem Dorff verlauffen/ ſprach mein Camerad: Nun auf/ mein Bruder/ jetzo muͤſſen wir auf unſerer Hut ſeyn/ hier- mit lieff er mit mir den Berg hinab/ und wir giengen darauf ſachtmuͤthig in das Dorff nach dem Wirths- Hauß/ darinn nur zwey kleine Kinder/ und eine alte Mutter war. Jene kunten uns nicht verrathen/ aber die alte Mutter ward von uns in einen tieffen Keller geſperret/ und ihr der Tod gedrohet/ wofern ſie den allergeringſten Laut von ſich geben wuͤrde. Darauf viſitirte mein Geſell das Hauß/ und uͤberreichete mir zuforderſt meinen Rock/ welchen ich anzog/ er ſchlug einen Kaſten auf/ und ſteckete einen Beutel mit Geld zu ſich/ gieng hernach in den Keller/ und langete zween groſſe irdene Kruͤge/ welche er auß einem guten Wein- Faß anfuͤllete/ in der Speiſe-Kammer fand er einen rohen Schincken und ſchoͤne Bratwuͤrſte/ darvon er einen guten Partickel nahm/ und alles in einen lan- gen Sack ſteckete/ gieng hernach in den Stall/ und zog ein junges Pferd herauß/ darauf legte er die Laſt/ ſetzete ſich auch ſelber darauf/ und noͤthigte mich/ das andere Pferd zu nehmen/ aber mir war bang vor ei- nem boͤſen Außgang/ dannenhero folgete ich ihm zu Fuß/ wir eyleten/ ſo gut wir kunten/ biß wir einen Buſch erreichet/ darinn ſetzten wir uns nieder/ und hielten

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 576. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/592>, abgerufen am 22.11.2024.