Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Romans II. Buch.
hielten eine gute Mahlzeit mit einander/ die beyden
Flaschen leereten wir auß/ und was der Andere vom
Schincken überließ/ das schob ich in meinen Magen.
Darauf stunden wir wieder auf/ und ritten biß gegen
Abend durch lauter unwegsame Gegenden/ biß wir
bey späther Nacht zu einem Mäyer-Hof kamen/ der
einem fürnehmen Herrn zugehörete/ daselbst nahmen
wir unser Nacht Quartier/ und der gute Mann ließ
uns willig ein/ tractirete uns auch nach allem Ver-
mögen.

Wie die Morgen-Stunde anbrach/ verkauffte
ihm mein Camerad das gestohlene Pferd vor 23.
Kronen/ fürwendend/ daß ihm solches auf der Räyse
nach der Schweitz nicht zu statten käme/ dero wegen
wäre er resolvirt/ an dem ersten Ort/ da er ihn haben
könte/ einen Esel zu kauffen/ und sich dessen zu bedie-
nen. Also wanderten wir fort/ und nahm mich Wun-
der/ daß dem Buben alle Stücklein so wol angien-
gen. Als wir kaum eine halbe Stunde von dem
Mäyer-Hof weg waren/ kamen 6. berittene Män-
ner in vollem Courrier hinter uns drein. Weil ich sie
nun am ersten sahe/ zeigete ich ihm dieselbe/ er aber er-
schrack/ und sprach: Nun ist es Lauffens-Zeit/ ich ha-
be dem Mäyer einen silbernen Becher genommen/
den wird er wieder haben wollen. Als ich dieses hö-
rete/ gab ich mich von dem Buben ab/ und lieff einen
besondern Weg nach einem engen Thal/ damit ich
nicht bey ihm gefunden/ und neben ihm gefangen
würde. Jch entkam auch glücklich/ indem ich mich
zwischen einen Felsen-Riß verbarg/ biß die grösseste
Noth vorbey/ da schliche ich auf einen Berg/ und
sahe/ daß die Reuter mit dem Buben dorthin schlen-
terten. Darauf wanderte ich nunmehro wieder allein
fort/ und gelangete um die Mittags-Zeit zu einer

Herber-
O o

Romans II. Buch.
hielten eine gute Mahlzeit mit einander/ die beyden
Flaſchen leereten wir auß/ und was der Andere vom
Schincken uͤberließ/ das ſchob ich in meinen Magen.
Darauf ſtunden wir wieder auf/ und ritten biß gegen
Abend durch lauter unwegſame Gegenden/ biß wir
bey ſpaͤther Nacht zu einem Maͤyer-Hof kamen/ der
einem fuͤrnehmen Herꝛn zugehoͤrete/ daſelbſt nahmen
wir unſer Nacht Quartier/ und der gute Mann ließ
uns willig ein/ tractirete uns auch nach allem Ver-
moͤgen.

Wie die Morgen-Stunde anbrach/ verkauffte
ihm mein Camerad das geſtohlene Pferd vor 23.
Kronen/ fuͤrwendend/ daß ihm ſolches auf der Raͤyſe
nach der Schweitz nicht zu ſtatten kaͤme/ dero wegen
waͤre er reſolvirt/ an dem erſten Ort/ da er ihn haben
koͤnte/ einen Eſel zu kauffen/ und ſich deſſen zu bedie-
nen. Alſo wanderten wir fort/ und nahm mich Wun-
der/ daß dem Buben alle Stuͤcklein ſo wol angien-
gen. Als wir kaum eine halbe Stunde von dem
Maͤyer-Hof weg waren/ kamen 6. berittene Maͤn-
ner in vollem Courrier hinter uns drein. Weil ich ſie
nun am erſten ſahe/ zeigete ich ihm dieſelbe/ er aber er-
ſchrack/ und ſprach: Nun iſt es Lauffens-Zeit/ ich ha-
be dem Maͤyer einen ſilbernen Becher genommen/
den wird er wieder haben wollen. Als ich dieſes hoͤ-
rete/ gab ich mich von dem Buben ab/ und lieff einen
beſondern Weg nach einem engen Thal/ damit ich
nicht bey ihm gefunden/ und neben ihm gefangen
wuͤrde. Jch entkam auch gluͤcklich/ indem ich mich
zwiſchen einen Felſen-Riß verbarg/ biß die groͤſſeſte
Noth vorbey/ da ſchliche ich auf einen Berg/ und
ſahe/ daß die Reuter mit dem Buben dorthin ſchlen-
terten. Darauf wanderte ich nunmehro wieder allein
fort/ und gelangete um die Mittags-Zeit zu einer

Herber-
O o
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0593" n="577"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">II.</hi> Buch.</hi></fw><lb/>
hielten eine gute Mahlzeit mit einander/ die beyden<lb/>
Fla&#x017F;chen leereten wir auß/ und was der Andere vom<lb/>
Schincken u&#x0364;berließ/ das &#x017F;chob ich in meinen Magen.<lb/>
Darauf &#x017F;tunden wir wieder auf/ und ritten biß gegen<lb/>
Abend durch lauter unweg&#x017F;ame Gegenden/ biß wir<lb/>
bey &#x017F;pa&#x0364;ther Nacht zu einem Ma&#x0364;yer-Hof kamen/ der<lb/>
einem fu&#x0364;rnehmen Her&#xA75B;n zugeho&#x0364;rete/ da&#x017F;elb&#x017F;t nahmen<lb/>
wir un&#x017F;er Nacht Quartier/ und der gute Mann ließ<lb/>
uns willig ein/ <hi rendition="#aq">tracti</hi>rete uns auch nach allem Ver-<lb/>
mo&#x0364;gen.</p><lb/>
          <p>Wie die Morgen-Stunde anbrach/ verkauffte<lb/>
ihm mein Camerad das ge&#x017F;tohlene Pferd vor 23.<lb/>
Kronen/ fu&#x0364;rwendend/ daß ihm &#x017F;olches auf der Ra&#x0364;y&#x017F;e<lb/>
nach der Schweitz nicht zu &#x017F;tatten ka&#x0364;me/ dero wegen<lb/>
wa&#x0364;re er <hi rendition="#aq">re&#x017F;olvi</hi>rt/ an dem er&#x017F;ten Ort/ da er ihn haben<lb/>
ko&#x0364;nte/ einen E&#x017F;el zu kauffen/ und &#x017F;ich de&#x017F;&#x017F;en zu bedie-<lb/>
nen. Al&#x017F;o wanderten wir fort/ und nahm mich Wun-<lb/>
der/ daß dem Buben alle Stu&#x0364;cklein &#x017F;o wol angien-<lb/>
gen. Als wir kaum eine halbe Stunde von dem<lb/>
Ma&#x0364;yer-Hof weg waren/ kamen 6. berittene Ma&#x0364;n-<lb/>
ner in vollem <hi rendition="#aq">Courrier</hi> hinter uns drein. Weil ich &#x017F;ie<lb/>
nun am er&#x017F;ten &#x017F;ahe/ zeigete ich ihm die&#x017F;elbe/ er aber er-<lb/>
&#x017F;chrack/ und &#x017F;prach: Nun i&#x017F;t es Lauffens-Zeit/ ich ha-<lb/>
be dem Ma&#x0364;yer einen &#x017F;ilbernen Becher genommen/<lb/>
den wird er wieder haben wollen. Als ich die&#x017F;es ho&#x0364;-<lb/>
rete/ gab ich mich von dem Buben ab/ und lieff einen<lb/>
be&#x017F;ondern Weg nach einem engen Thal/ damit ich<lb/>
nicht bey ihm gefunden/ und neben ihm gefangen<lb/>
wu&#x0364;rde. Jch entkam auch glu&#x0364;cklich/ indem ich mich<lb/>
zwi&#x017F;chen einen Fel&#x017F;en-Riß verbarg/ biß die gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;te<lb/>
Noth vorbey/ da &#x017F;chliche ich auf einen Berg/ und<lb/>
&#x017F;ahe/ daß die Reuter mit dem Buben dorthin &#x017F;chlen-<lb/>
terten. Darauf wanderte ich nunmehro wieder allein<lb/>
fort/ und gelangete um die Mittags-Zeit zu einer<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O o</fw><fw place="bottom" type="catch">Herber-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[577/0593] Romans II. Buch. hielten eine gute Mahlzeit mit einander/ die beyden Flaſchen leereten wir auß/ und was der Andere vom Schincken uͤberließ/ das ſchob ich in meinen Magen. Darauf ſtunden wir wieder auf/ und ritten biß gegen Abend durch lauter unwegſame Gegenden/ biß wir bey ſpaͤther Nacht zu einem Maͤyer-Hof kamen/ der einem fuͤrnehmen Herꝛn zugehoͤrete/ daſelbſt nahmen wir unſer Nacht Quartier/ und der gute Mann ließ uns willig ein/ tractirete uns auch nach allem Ver- moͤgen. Wie die Morgen-Stunde anbrach/ verkauffte ihm mein Camerad das geſtohlene Pferd vor 23. Kronen/ fuͤrwendend/ daß ihm ſolches auf der Raͤyſe nach der Schweitz nicht zu ſtatten kaͤme/ dero wegen waͤre er reſolvirt/ an dem erſten Ort/ da er ihn haben koͤnte/ einen Eſel zu kauffen/ und ſich deſſen zu bedie- nen. Alſo wanderten wir fort/ und nahm mich Wun- der/ daß dem Buben alle Stuͤcklein ſo wol angien- gen. Als wir kaum eine halbe Stunde von dem Maͤyer-Hof weg waren/ kamen 6. berittene Maͤn- ner in vollem Courrier hinter uns drein. Weil ich ſie nun am erſten ſahe/ zeigete ich ihm dieſelbe/ er aber er- ſchrack/ und ſprach: Nun iſt es Lauffens-Zeit/ ich ha- be dem Maͤyer einen ſilbernen Becher genommen/ den wird er wieder haben wollen. Als ich dieſes hoͤ- rete/ gab ich mich von dem Buben ab/ und lieff einen beſondern Weg nach einem engen Thal/ damit ich nicht bey ihm gefunden/ und neben ihm gefangen wuͤrde. Jch entkam auch gluͤcklich/ indem ich mich zwiſchen einen Felſen-Riß verbarg/ biß die groͤſſeſte Noth vorbey/ da ſchliche ich auf einen Berg/ und ſahe/ daß die Reuter mit dem Buben dorthin ſchlen- terten. Darauf wanderte ich nunmehro wieder allein fort/ und gelangete um die Mittags-Zeit zu einer Herber- O o

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/593
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 577. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/593>, abgerufen am 22.11.2024.