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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
und werden in kurtzer Zeit Meister/ wann andere noch
Lehr-Jungen sind/ und die Zeit ihres Lebens verblei-
ben. Sie gleichen der Sonnen/ die sich nicht ermü-
det/ um die gantze Welt zu lauffen/ und alle Winckel
zu beleuchten/ ihr Vevstand machet alles hell und ei-
genständig. Also muß der Theologus, oder Lehrer deß
Worts GOttes/ der Jurist und Artzt/ sich der Histo-
rien oder Geschichte bedienen; Der Erste/ die Bibel
zu verstehen/ derselben Lehren in den Predigten ein-
zuziehen/ und andere mit gleichständigen Fällen zu
trösten. Der Jurist muß die Begebenheiten gegen
einander halten/ und auß Gleichen gleiches Urtheil
zu schöpffen wissen. Der Artzt aber muß den Kran-
cken mit einer lustigen Erzehlung/ so wol den trau-
rigen Verstand/ als den krancken Leib/ heilen können.

Solchen viel Lehr-gierigen hoch-gestirnten Gei-
stern ist fast die weitschweiffige Welt zu klein/ wie
dem Alexander, dessen Lehrmeister Aristoteles dem
Ehrgeitz in den Wissenschafften eigentlich nachgeah-
met/ und sich für einen Monarchen in der Philosophie
aufgeworffen/ der aller anderer Meynungen bezwun-
gen/ und besieget. Zu unsern Zeiten ist Picus Miran-
dulanus,
die beeden Scaligeri, Salmasius, und viel an-
dere/ berühmt/ welche nicht in vielen/ sondern fast al-
len Sachen zugleich das höchste Lob erlanget. Ja/
man kan keine Sache Grund-richtig erkundigen/
man wisse dann von vielen andern zugleich; Wie
man keine absonderliche Land-Taffel verstehen kan/
man habe dann die gantze Welt-Kugel zuvor gese-
hen/ und derselben Zirckel unterscheiden lernen.

Hergegen haben sich gewisse gelehrte Leute auf
sonderbare Materien geleget/ und es darinn so weit
gebracht/ daß man einem derselben in sothaner Ma-
terie
mehr glaubet/ als 10. oder 20. andern. Solcher

Gestalt

Deß Academiſchen
und werden in kurtzer Zeit Meiſter/ wann andere noch
Lehr-Jungen ſind/ und die Zeit ihres Lebens verblei-
ben. Sie gleichen der Sonnen/ die ſich nicht ermuͤ-
det/ um die gantze Welt zu lauffen/ und alle Winckel
zu beleuchten/ ihr Vevſtand machet alles hell und ei-
genſtaͤndig. Alſo muß der Theologus, oder Lehrer deß
Worts GOttes/ der Juriſt und Artzt/ ſich der Hiſto-
rien oder Geſchichte bedienen; Der Erſte/ die Bibel
zu verſtehen/ derſelben Lehren in den Predigten ein-
zuziehen/ und andere mit gleichſtaͤndigen Faͤllen zu
troͤſten. Der Juriſt muß die Begebenheiten gegen
einander halten/ und auß Gleichen gleiches Urtheil
zu ſchoͤpffen wiſſen. Der Artzt aber muß den Kran-
cken mit einer luſtigen Erzehlung/ ſo wol den trau-
rigen Verſtand/ als den krancken Leib/ heilen koͤnnen.

Solchen viel Lehr-gierigen hoch-geſtirnten Gei-
ſtern iſt faſt die weitſchweiffige Welt zu klein/ wie
dem Alexander, deſſen Lehrmeiſter Ariſtoteles dem
Ehrgeitz in den Wiſſenſchafften eigentlich nachgeah-
met/ und ſich fuͤr einen Monarchen in der Philoſophie
aufgeworffen/ der aller anderer Meynungen bezwun-
gen/ und beſieget. Zu unſern Zeiten iſt Picus Miran-
dulanus,
die beeden Scaligeri, Salmaſius, und viel an-
dere/ beruͤhmt/ welche nicht in vielen/ ſondern faſt al-
len Sachen zugleich das hoͤchſte Lob erlanget. Ja/
man kan keine Sache Grund-richtig erkundigen/
man wiſſe dann von vielen andern zugleich; Wie
man keine abſonderliche Land-Taffel verſtehen kan/
man habe dann die gantze Welt-Kugel zuvor geſe-
hen/ und derſelben Zirckel unterſcheiden lernen.

Hergegen haben ſich gewiſſe gelehrte Leute auf
ſonderbare Materien geleget/ und es darinn ſo weit
gebracht/ daß man einem derſelben in ſothaner Ma-
terie
mehr glaubet/ als 10. oder 20. andern. Solcher

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[440/0454] Deß Academiſchen und werden in kurtzer Zeit Meiſter/ wann andere noch Lehr-Jungen ſind/ und die Zeit ihres Lebens verblei- ben. Sie gleichen der Sonnen/ die ſich nicht ermuͤ- det/ um die gantze Welt zu lauffen/ und alle Winckel zu beleuchten/ ihr Vevſtand machet alles hell und ei- genſtaͤndig. Alſo muß der Theologus, oder Lehrer deß Worts GOttes/ der Juriſt und Artzt/ ſich der Hiſto- rien oder Geſchichte bedienen; Der Erſte/ die Bibel zu verſtehen/ derſelben Lehren in den Predigten ein- zuziehen/ und andere mit gleichſtaͤndigen Faͤllen zu troͤſten. Der Juriſt muß die Begebenheiten gegen einander halten/ und auß Gleichen gleiches Urtheil zu ſchoͤpffen wiſſen. Der Artzt aber muß den Kran- cken mit einer luſtigen Erzehlung/ ſo wol den trau- rigen Verſtand/ als den krancken Leib/ heilen koͤnnen. Solchen viel Lehr-gierigen hoch-geſtirnten Gei- ſtern iſt faſt die weitſchweiffige Welt zu klein/ wie dem Alexander, deſſen Lehrmeiſter Ariſtoteles dem Ehrgeitz in den Wiſſenſchafften eigentlich nachgeah- met/ und ſich fuͤr einen Monarchen in der Philoſophie aufgeworffen/ der aller anderer Meynungen bezwun- gen/ und beſieget. Zu unſern Zeiten iſt Picus Miran- dulanus, die beeden Scaligeri, Salmaſius, und viel an- dere/ beruͤhmt/ welche nicht in vielen/ ſondern faſt al- len Sachen zugleich das hoͤchſte Lob erlanget. Ja/ man kan keine Sache Grund-richtig erkundigen/ man wiſſe dann von vielen andern zugleich; Wie man keine abſonderliche Land-Taffel verſtehen kan/ man habe dann die gantze Welt-Kugel zuvor geſe- hen/ und derſelben Zirckel unterſcheiden lernen. Hergegen haben ſich gewiſſe gelehrte Leute auf ſonderbare Materien geleget/ und es darinn ſo weit gebracht/ daß man einem derſelben in ſothaner Ma- terie mehr glaubet/ als 10. oder 20. andern. Solcher Geſtalt

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/454>, abgerufen am 23.11.2024.