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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Deß Academischen
herein geritten/ legete sich in die fürnehmste Herberge/ jedoch
nicht weit von der Chrysenia Behausung/ und am folgenden
Tage gienge er hinzu/ als er sahe/ daß sie an der Thür stunde/
grüssete sie höflich/ und nachdem er ihr einen Wechsel-Brieff auf
etliche tausend Dublonen gezeiget/ forschete er/ ob sie ihm/ weil er
ein Fremder/ keinen Bericht zu ertheilen wüste/ wo die Person
wohnete/ welche diesen Wechsel zu bezahlen angewiesen wäre?
Jngleichem/ ob dieselbe auch bey gungsamen Mitteln/ derglei-
chen Wechseln in kurtzem mehr zu bezahlen/ sintemahl er sich sei-
nem Stand gemäß zu halten/ und an diesem Ort/ als welcher
ihm vor andern sehr wol gefiele/ noch eine Zeitlang zu verbleiben
gesonnen wäre. Die Jungfrau gab ihm auf alles guten Be-
scheid/ und seine Person [st]und ihr im ersten Anblick dermassen an/
daß sie ihm leichtlich vergönnete/ als er bey ihr anhielte/ sie möch-
te es ihm nicht übel deuten/ wann er sich bißweilen/ um die Zeit/
als ein Fremder/ zu kürtzen/ bey ihr einftellete/ die zierliche Nie-
derländische Sprache auß ihrem Munde anzuhören.

Es war aber der principaleste Uhrheber dieses Betrugs/
nemlich einer/ von ihren abgewiesenen reichen Courtisanen in
dem Wechsel-Zettel genennet/ dannenhero verfügete er sich zu
demselben/ und überlegete ins geheim diese Wichtigkeit noch wei-
ter mit ihm und denen übrigen Interessenten. Hierauf gehet er
wieder bey Gelegenheit nach der Chrysenia, und gewinnet sie
durch sein anständiges Wesen und liebliche Discursen/ daß sie
ihm ihre Gunst zusaget/ wofern ihr Vatter darein willigen wol-
te. Er spricht den Vatter gleicher Gestalt an/ und derselbe be-
gehret Bedenckzeit/ gehet aber fürnemlich zu dem principalesten
Interessenten dieser gemachten Karten/ und weil er dem Jaco-
mo
einen grossen Wechsel bezahlete/ hoffete er seinetwegen guten
Bericht von ihm zu erlangen/ dieser aber bekennete/ daß Jacomo,
aller Muthmassung nach/ ein fürnehmer Herr seyn müsse/ weil
ihm sein Correspondent auß Jtalien seinethalben viel grosse
Dinge geschrieben/ wie er nemlich ein grosser und sehr reicher
Herr wäre. Mit diesem Bescheid gehet der Kauffmann wol
vergnüget nach Hauß/ beredet sich mit seinen Freunden/ und
wird also Verlöbnüß/ und bald hernach die Hochzeit vollzogen.

Als dieses geschehen/ fordern die Interessenten den Jacomo,
und halten ihm für/ daß er durch sie ein glücklicher Mann wor-
den/ und nun erforderte seine Schuldigkeit/ Krafft seines Ver-
sprechens/ ihnen noch in einem einzigen Stuck zu willf ahren/
welches darinnen bestünde/ daß er künfftigen Tag seine vorige

Schorstein-

Deß Academiſchen
herein geritten/ legete ſich in die fuͤrnehmſte Herberge/ jedoch
nicht weit von der Chryſenia Behauſung/ und am folgenden
Tage gienge er hinzu/ als er ſahe/ daß ſie an der Thuͤr ſtunde/
gruͤſſete ſie hoͤflich/ und nachdem er ihr einen Wechſel-Brieff auf
etliche tauſend Dublonen gezeiget/ forſchete er/ ob ſie ihm/ weil er
ein Fremder/ keinen Bericht zu ertheilen wuͤſte/ wo die Perſon
wohnete/ welche dieſen Wechſel zu bezahlen angewieſen waͤre?
Jngleichem/ ob dieſelbe auch bey gungſamen Mitteln/ derglei-
chen Wechſeln in kurtzem mehr zu bezahlen/ ſintemahl er ſich ſei-
nem Stand gemaͤß zu halten/ und an dieſem Ort/ als welcher
ihm vor andern ſehr wol gefiele/ noch eine Zeitlang zu verbleiben
geſonnen waͤre. Die Jungfrau gab ihm auf alles guten Be-
ſcheid/ und ſeine Perſon [ſt]und ihr im erſten Anblick dermaſſen an/
daß ſie ihm leichtlich vergoͤnnete/ als er bey ihr anhielte/ ſie moͤch-
te es ihm nicht uͤbel deuten/ wann er ſich bißweilen/ um die Zeit/
als ein Fremder/ zu kuͤrtzen/ bey ihr einftellete/ die zierliche Nie-
derlaͤndiſche Sprache auß ihrem Munde anzuhoͤren.

Es war aber der principaleſte Uhrheber dieſes Betrugs/
nemlich einer/ von ihren abgewieſenen reichen Courtiſanen in
dem Wechſel-Zettel genennet/ dannenhero verfuͤgete er ſich zu
demſelben/ und uͤberlegete ins geheim dieſe Wichtigkeit noch wei-
ter mit ihm und denen uͤbrigen Intereſſenten. Hierauf gehet er
wieder bey Gelegenheit nach der Chryſenia, und gewinnet ſie
durch ſein anſtaͤndiges Weſen und liebliche Diſcurſen/ daß ſie
ihm ihre Gunſt zuſaget/ wofern ihr Vatter darein willigen wol-
te. Er ſpricht den Vatter gleicher Geſtalt an/ und derſelbe be-
gehret Bedenckzeit/ gehet aber fuͤrnemlich zu dem principaleſten
Intereſſenten dieſer gemachten Karten/ und weil er dem Jaco-
mo
einen groſſen Wechſel bezahlete/ hoffete er ſeinetwegen guten
Bericht von ihm zu erlangen/ dieſer aber bekennete/ daß Jacomo,
aller Muthmaſſung nach/ ein fuͤrnehmer Herꝛ ſeyn muͤſſe/ weil
ihm ſein Correſpondent auß Jtalien ſeinethalben viel groſſe
Dinge geſchrieben/ wie er nemlich ein groſſer und ſehr reicher
Herꝛ waͤre. Mit dieſem Beſcheid gehet der Kauffmann wol
vergnuͤget nach Hauß/ beredet ſich mit ſeinen Freunden/ und
wird alſo Verloͤbnuͤß/ und bald hernach die Hochzeit vollzogen.

Als dieſes geſchehen/ fordern die Intereſſenten den Jacomo,
und halten ihm fuͤr/ daß er durch ſie ein gluͤcklicher Mann wor-
den/ und nun erforderte ſeine Schuldigkeit/ Krafft ſeines Ver-
ſprechens/ ihnen noch in einem einzigen Stuck zu willf ahren/
welches darinnen beſtuͤnde/ daß er kuͤnfftigen Tag ſeine vorige

Schorſtein-
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[262/0274] Deß Academiſchen herein geritten/ legete ſich in die fuͤrnehmſte Herberge/ jedoch nicht weit von der Chryſenia Behauſung/ und am folgenden Tage gienge er hinzu/ als er ſahe/ daß ſie an der Thuͤr ſtunde/ gruͤſſete ſie hoͤflich/ und nachdem er ihr einen Wechſel-Brieff auf etliche tauſend Dublonen gezeiget/ forſchete er/ ob ſie ihm/ weil er ein Fremder/ keinen Bericht zu ertheilen wuͤſte/ wo die Perſon wohnete/ welche dieſen Wechſel zu bezahlen angewieſen waͤre? Jngleichem/ ob dieſelbe auch bey gungſamen Mitteln/ derglei- chen Wechſeln in kurtzem mehr zu bezahlen/ ſintemahl er ſich ſei- nem Stand gemaͤß zu halten/ und an dieſem Ort/ als welcher ihm vor andern ſehr wol gefiele/ noch eine Zeitlang zu verbleiben geſonnen waͤre. Die Jungfrau gab ihm auf alles guten Be- ſcheid/ und ſeine Perſon ſtund ihr im erſten Anblick dermaſſen an/ daß ſie ihm leichtlich vergoͤnnete/ als er bey ihr anhielte/ ſie moͤch- te es ihm nicht uͤbel deuten/ wann er ſich bißweilen/ um die Zeit/ als ein Fremder/ zu kuͤrtzen/ bey ihr einftellete/ die zierliche Nie- derlaͤndiſche Sprache auß ihrem Munde anzuhoͤren. Es war aber der principaleſte Uhrheber dieſes Betrugs/ nemlich einer/ von ihren abgewieſenen reichen Courtiſanen in dem Wechſel-Zettel genennet/ dannenhero verfuͤgete er ſich zu demſelben/ und uͤberlegete ins geheim dieſe Wichtigkeit noch wei- ter mit ihm und denen uͤbrigen Intereſſenten. Hierauf gehet er wieder bey Gelegenheit nach der Chryſenia, und gewinnet ſie durch ſein anſtaͤndiges Weſen und liebliche Diſcurſen/ daß ſie ihm ihre Gunſt zuſaget/ wofern ihr Vatter darein willigen wol- te. Er ſpricht den Vatter gleicher Geſtalt an/ und derſelbe be- gehret Bedenckzeit/ gehet aber fuͤrnemlich zu dem principaleſten Intereſſenten dieſer gemachten Karten/ und weil er dem Jaco- mo einen groſſen Wechſel bezahlete/ hoffete er ſeinetwegen guten Bericht von ihm zu erlangen/ dieſer aber bekennete/ daß Jacomo, aller Muthmaſſung nach/ ein fuͤrnehmer Herꝛ ſeyn muͤſſe/ weil ihm ſein Correſpondent auß Jtalien ſeinethalben viel groſſe Dinge geſchrieben/ wie er nemlich ein groſſer und ſehr reicher Herꝛ waͤre. Mit dieſem Beſcheid gehet der Kauffmann wol vergnuͤget nach Hauß/ beredet ſich mit ſeinen Freunden/ und wird alſo Verloͤbnuͤß/ und bald hernach die Hochzeit vollzogen. Als dieſes geſchehen/ fordern die Intereſſenten den Jacomo, und halten ihm fuͤr/ daß er durch ſie ein gluͤcklicher Mann wor- den/ und nun erforderte ſeine Schuldigkeit/ Krafft ſeines Ver- ſprechens/ ihnen noch in einem einzigen Stuck zu willf ahren/ welches darinnen beſtuͤnde/ daß er kuͤnfftigen Tag ſeine vorige Schorſtein-

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/274>, abgerufen am 22.11.2024.