Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite

Deß Academischen
der grossen Stadt Bologne, und wie er näher hinzu
kam/ sahe er einen grossen Hauffen Menschen auf dem
Feld vor dem Thor/ und darunter einen todten wol-
gekleideten Menschen/ von welchem man ihm erzeh-
lete/ daß er vor einer halben Stunde von einem für-
nehmen Cavallier in einer Schlägerey sey erstochen
worden. Er wuste wol/ daß es in den Städten ziem-
lich theuer/ und daß die Gastgeber darinn allwege rich-
tig müsten bezahlet seyn/ dannenhero setzete er seinen
Weg fort/ und gelangete um die Mittags-Stunde
zu einem schönen Vorwerck/ recht an der Land-Stras-
sen/ woselbst eine alte Frau saß mit gargekochten
Speisen/ und den allerschönsten Früchten/ die man
hätte wünschen können. Klingenfeld ließ ihm ein gut
Stück Gebratenes reichen/ samt einem frischen Wäi-
tzen-Brodt/ und etwas Früchten/ nöthigte hernach
sein Pferd fortzugehen/ und wiese die alte Frau dar-
mit ab/ daß er auf dem Weg sey/ ein Bettel-Münch
zu werden/ worzu ihm die fromme Alte Glück wünschete/
und nichts für ihr Tractament begehrete.

Am Abend kam er zu einem kleinen Städtlein/
und weil solches ein Paß/ war es ihm unmöglich/ sel-
biges vorbey zu passiren/ ritte demnach hinein/ und
kehrete in einer ansehnlichen Herberge ein/ ob er gleich
nicht wuste/ mit welchem Contento er von dannen
wieder herauß kommen möchte/ dann er hatte nicht
mehr/ als nur noch einen halben Orths-Thaler bey
sich. Er zohe sein Pferd in den Stall/ und ließ ihm ein
gutes Futter geben/ sorgete auch mehr für selbiges/
als für seine eigene Person/ und sich glaube/ er hätte es
gerne um ein Stück Geldes verhandelt/ damit er desto
füglicher hätte fortkommen mögen/ wann er nur ei-
nen rechtschaffenen Kauffmann vor sich gefunden
hätte. Uber der Mahlzeit ward er wol tractiret/ und

fand

Deß Academiſchen
der groſſen Stadt Bologne, und wie er naͤher hinzu
kam/ ſahe er einen groſſen Hauffen Menſchen auf dem
Feld vor dem Thor/ und darunter einen todten wol-
gekleideten Menſchen/ von welchem man ihm erzeh-
lete/ daß er vor einer halben Stunde von einem fuͤr-
nehmen Cavallier in einer Schlaͤgerey ſey erſtochen
worden. Er wuſte wol/ daß es in den Staͤdten ziem-
lich theuer/ und daß die Gaſtgeber dariñ allwege rich-
tig muͤſten bezahlet ſeyn/ dannenhero ſetzete er ſeinen
Weg fort/ und gelangete um die Mittags-Stunde
zu einem ſchoͤnen Vorwerck/ recht an der Land-Straſ-
ſen/ woſelbſt eine alte Frau ſaß mit gargekochten
Speiſen/ und den allerſchoͤnſten Fruͤchten/ die man
haͤtte wuͤnſchen koͤnnen. Klingenfeld ließ ihm ein gut
Stuͤck Gebratenes reichen/ ſamt einem friſchen Waͤi-
tzen-Brodt/ und etwas Fruͤchten/ noͤthigte hernach
ſein Pferd fortzugehen/ und wieſe die alte Frau dar-
mit ab/ daß er auf dem Weg ſey/ ein Bettel-Muͤnch
zu werden/ worzu ihm die from̃e Alte Gluͤck wuͤnſchete/
und nichts fuͤr ihr Tractament begehrete.

Am Abend kam er zu einem kleinen Staͤdtlein/
und weil ſolches ein Paß/ war es ihm unmoͤglich/ ſel-
biges vorbey zu paſſiren/ ritte demnach hinein/ und
kehrete in einer anſehnlichen Herberge ein/ ob er gleich
nicht wuſte/ mit welchem Contento er von dannen
wieder herauß kommen moͤchte/ dann er hatte nicht
mehr/ als nur noch einen halben Orths-Thaler bey
ſich. Er zohe ſein Pferd in den Stall/ und ließ ihm ein
gutes Futter geben/ ſorgete auch mehr fuͤr ſelbiges/
als fuͤr ſeine eigene Perſon/ und ſich glaube/ er haͤtte es
gerne um ein Stuͤck Geldes verhandelt/ damit er deſto
fuͤglicher haͤtte fortkommen moͤgen/ wann er nur ei-
nen rechtſchaffenen Kauffmann vor ſich gefunden
haͤtte. Uber der Mahlzeit ward er wol tractiret/ und

fand
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0016" n="6"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Deß <hi rendition="#aq">Academi</hi>&#x017F;chen</hi></fw><lb/>
der gro&#x017F;&#x017F;en Stadt <hi rendition="#aq">Bologne,</hi> und wie er na&#x0364;her hinzu<lb/>
kam/ &#x017F;ahe er einen gro&#x017F;&#x017F;en Hauffen Men&#x017F;chen auf dem<lb/>
Feld vor dem Thor/ und darunter einen todten wol-<lb/>
gekleideten Men&#x017F;chen/ von welchem man ihm erzeh-<lb/>
lete/ daß er vor einer halben Stunde von einem fu&#x0364;r-<lb/>
nehmen <hi rendition="#aq">Cavallier</hi> in einer Schla&#x0364;gerey &#x017F;ey er&#x017F;tochen<lb/>
worden. Er wu&#x017F;te wol/ daß es in den Sta&#x0364;dten ziem-<lb/>
lich theuer/ und daß die Ga&#x017F;tgeber dariñ allwege rich-<lb/>
tig mu&#x0364;&#x017F;ten bezahlet &#x017F;eyn/ dannenhero &#x017F;etzete er &#x017F;einen<lb/>
Weg fort/ und gelangete um die Mittags-Stunde<lb/>
zu einem &#x017F;cho&#x0364;nen Vorwerck/ recht an der Land-Stra&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ wo&#x017F;elb&#x017F;t eine alte Frau &#x017F;aß mit gargekochten<lb/>
Spei&#x017F;en/ und den aller&#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Fru&#x0364;chten/ die man<lb/>
ha&#x0364;tte wu&#x0364;n&#x017F;chen ko&#x0364;nnen. Klingenfeld ließ ihm ein gut<lb/>
Stu&#x0364;ck Gebratenes reichen/ &#x017F;amt einem fri&#x017F;chen Wa&#x0364;i-<lb/>
tzen-Brodt/ und etwas Fru&#x0364;chten/ no&#x0364;thigte hernach<lb/>
&#x017F;ein Pferd fortzugehen/ und wie&#x017F;e die alte Frau dar-<lb/>
mit ab/ daß er auf dem Weg &#x017F;ey/ ein Bettel-Mu&#x0364;nch<lb/>
zu werden/ worzu ihm die from&#x0303;e Alte Glu&#x0364;ck wu&#x0364;n&#x017F;chete/<lb/>
und nichts fu&#x0364;r ihr <hi rendition="#aq">Tractament</hi> begehrete.</p><lb/>
          <p>Am Abend kam er zu einem kleinen Sta&#x0364;dtlein/<lb/>
und weil &#x017F;olches ein Paß/ war es ihm unmo&#x0364;glich/ &#x017F;el-<lb/>
biges vorbey zu <hi rendition="#aq">pa&#x017F;&#x017F;i</hi>ren/ ritte demnach hinein/ und<lb/>
kehrete in einer an&#x017F;ehnlichen Herberge ein/ ob er gleich<lb/>
nicht wu&#x017F;te/ mit welchem <hi rendition="#aq">Contento</hi> er von dannen<lb/>
wieder herauß kommen mo&#x0364;chte/ dann er hatte nicht<lb/>
mehr/ als nur noch einen halben Orths-Thaler bey<lb/>
&#x017F;ich. Er zohe &#x017F;ein Pferd in den Stall/ und ließ ihm ein<lb/>
gutes Futter geben/ &#x017F;orgete auch mehr fu&#x0364;r &#x017F;elbiges/<lb/>
als fu&#x0364;r &#x017F;eine eigene Per&#x017F;on/ und &#x017F;ich glaube/ er ha&#x0364;tte es<lb/>
gerne um ein Stu&#x0364;ck Geldes verhandelt/ damit er de&#x017F;to<lb/>
fu&#x0364;glicher ha&#x0364;tte fortkommen mo&#x0364;gen/ wann er nur ei-<lb/>
nen recht&#x017F;chaffenen Kauffmann vor &#x017F;ich gefunden<lb/>
ha&#x0364;tte. Uber der Mahlzeit ward er wol <hi rendition="#aq">tracti</hi>ret/ und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">fand</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0016] Deß Academiſchen der groſſen Stadt Bologne, und wie er naͤher hinzu kam/ ſahe er einen groſſen Hauffen Menſchen auf dem Feld vor dem Thor/ und darunter einen todten wol- gekleideten Menſchen/ von welchem man ihm erzeh- lete/ daß er vor einer halben Stunde von einem fuͤr- nehmen Cavallier in einer Schlaͤgerey ſey erſtochen worden. Er wuſte wol/ daß es in den Staͤdten ziem- lich theuer/ und daß die Gaſtgeber dariñ allwege rich- tig muͤſten bezahlet ſeyn/ dannenhero ſetzete er ſeinen Weg fort/ und gelangete um die Mittags-Stunde zu einem ſchoͤnen Vorwerck/ recht an der Land-Straſ- ſen/ woſelbſt eine alte Frau ſaß mit gargekochten Speiſen/ und den allerſchoͤnſten Fruͤchten/ die man haͤtte wuͤnſchen koͤnnen. Klingenfeld ließ ihm ein gut Stuͤck Gebratenes reichen/ ſamt einem friſchen Waͤi- tzen-Brodt/ und etwas Fruͤchten/ noͤthigte hernach ſein Pferd fortzugehen/ und wieſe die alte Frau dar- mit ab/ daß er auf dem Weg ſey/ ein Bettel-Muͤnch zu werden/ worzu ihm die from̃e Alte Gluͤck wuͤnſchete/ und nichts fuͤr ihr Tractament begehrete. Am Abend kam er zu einem kleinen Staͤdtlein/ und weil ſolches ein Paß/ war es ihm unmoͤglich/ ſel- biges vorbey zu paſſiren/ ritte demnach hinein/ und kehrete in einer anſehnlichen Herberge ein/ ob er gleich nicht wuſte/ mit welchem Contento er von dannen wieder herauß kommen moͤchte/ dann er hatte nicht mehr/ als nur noch einen halben Orths-Thaler bey ſich. Er zohe ſein Pferd in den Stall/ und ließ ihm ein gutes Futter geben/ ſorgete auch mehr fuͤr ſelbiges/ als fuͤr ſeine eigene Perſon/ und ſich glaube/ er haͤtte es gerne um ein Stuͤck Geldes verhandelt/ damit er deſto fuͤglicher haͤtte fortkommen moͤgen/ wann er nur ei- nen rechtſchaffenen Kauffmann vor ſich gefunden haͤtte. Uber der Mahlzeit ward er wol tractiret/ und fand

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/16
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/16>, abgerufen am 22.11.2024.