Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

Bild:
<< vorherige Seite
Romans I. Buch.

Er kam 3. Stunden hernach zu einem Dorff/
und traff eine bequeme Herberge an/ er war erfreuet/
als man ihm berichtete/ daß er schon in dem Kirchen-
Gebiet sey/ und das Florentinische Land hinter sich
geleget hätte. Man wolte ihm etwas Speise vor-
setzen/ aber er wuste/ wie mager sein Beutel war/ und
in dieser Gegend hatte er sich keines Wechsels zu ge-
trösten/ dahero wolte er nichts geniessen/ fürwendend/
daß er vor wenigen Stunden an jenem Ort seine
Abend-Mahlzeit zu sich genommen hätte. Diese
Nacht gestattete ihm eine sanffte Ruhe/ und als er
frühe Morgens erwachete/ fragete der Wirth/ wo er
den Sattel gelassen hätte? Klingenfeld beredete ihn/
daß in voriger Herberge/ da er kaum abgestiegen/ das
Roß sich in dem gepflasterten Stall überworffen/ und
den Sattel/ samt den Pistol-Holfftern/ gantz zerbro-
chen/ worüber er so entrüstet worden/ daß er es hart
geschlagen/ und darüber habe das Pferd den Zaum/
mit welchem er es gehalten/ auch zerbrochen. Der
Wirth zeigete ihm einen guten Sattel und Zaum/
und botte ihm solche Stück für einen guten Preiß an/
dieser war darmit zufrieden/ probirete den Sattel und
Zaum an seinem Pferd/ setzete sich hernach auf/ und
warff dem Wirth einen halben Thaler zu/ mit der
Bedeutung/ daß er nicht einen Pfenning mehr Geld
bey sich hätte/ müsse er also darmit für jetzo zufrieden
seyn/ biß er in wenigen Tagen wieder komme/ so wolle
er ihm den Rest bezahlen/ damit wandte er das Pferd
um/ und ritte behende zum Hof hinauß/ stieß auch das
Roß auf dem Feld starck an/ und weil dasselbe auf
den Füssen überauß schnell/ verließ er sich darauf/ und
kam also den Bauren/ die ihm nachsetzeten/ gar bald
auß dem Gesichte.

Zwo Stunden hernach erblickete er die Thürne

der
A 3
Romans I. Buch.

Er kam 3. Stunden hernach zu einem Dorff/
und traff eine bequeme Herberge an/ er war erfreuet/
als man ihm berichtete/ daß er ſchon in dem Kirchen-
Gebiet ſey/ und das Florentiniſche Land hinter ſich
geleget haͤtte. Man wolte ihm etwas Speiſe vor-
ſetzen/ aber er wuſte/ wie mager ſein Beutel war/ und
in dieſer Gegend hatte er ſich keines Wechſels zu ge-
troͤſten/ dahero wolte er nichts genieſſen/ fuͤrwendend/
daß er vor wenigen Stunden an jenem Ort ſeine
Abend-Mahlzeit zu ſich genommen haͤtte. Dieſe
Nacht geſtattete ihm eine ſanffte Ruhe/ und als er
fruͤhe Morgens erwachete/ fragete der Wirth/ wo er
den Sattel gelaſſen haͤtte? Klingenfeld beredete ihn/
daß in voriger Herberge/ da er kaum abgeſtiegen/ das
Roß ſich in dem gepflaſterten Stall uͤberworffen/ und
den Sattel/ ſamt den Piſtol-Holfftern/ gantz zerbro-
chen/ woruͤber er ſo entruͤſtet worden/ daß er es hart
geſchlagen/ und daruͤber habe das Pferd den Zaum/
mit welchem er es gehalten/ auch zerbrochen. Der
Wirth zeigete ihm einen guten Sattel und Zaum/
und botte ihm ſolche Stuͤck fuͤr einen guten Preiß an/
dieſer war darmit zufrieden/ probirete den Sattel und
Zaum an ſeinem Pferd/ ſetzete ſich hernach auf/ und
warff dem Wirth einen halben Thaler zu/ mit der
Bedeutung/ daß er nicht einen Pfenning mehr Geld
bey ſich haͤtte/ muͤſſe er alſo darmit fuͤr jetzo zufrieden
ſeyn/ biß er in wenigen Tagen wieder komme/ ſo wolle
er ihm den Reſt bezahlen/ damit wandte er das Pferd
um/ und ritte behende zum Hof hinauß/ ſtieß auch das
Roß auf dem Feld ſtarck an/ und weil daſſelbe auf
den Fuͤſſen uͤberauß ſchnell/ verließ er ſich darauf/ und
kam alſo den Bauren/ die ihm nachſetzeten/ gar bald
auß dem Geſichte.

Zwo Stunden hernach erblickete er die Thuͤrne

der
A 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0015" n="5"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Romans <hi rendition="#aq">I.</hi> Buch.</hi> </fw><lb/>
          <p>Er kam 3. Stunden hernach zu einem Dorff/<lb/>
und traff eine bequeme Herberge an/ er war erfreuet/<lb/>
als man ihm berichtete/ daß er &#x017F;chon in dem Kirchen-<lb/>
Gebiet &#x017F;ey/ und das Florentini&#x017F;che Land hinter &#x017F;ich<lb/>
geleget ha&#x0364;tte. Man wolte ihm etwas Spei&#x017F;e vor-<lb/>
&#x017F;etzen/ aber er wu&#x017F;te/ wie mager &#x017F;ein Beutel war/ und<lb/>
in die&#x017F;er Gegend hatte er &#x017F;ich keines Wech&#x017F;els zu ge-<lb/>
tro&#x0364;&#x017F;ten/ dahero wolte er nichts genie&#x017F;&#x017F;en/ fu&#x0364;rwendend/<lb/>
daß er vor wenigen Stunden an jenem Ort &#x017F;eine<lb/>
Abend-Mahlzeit zu &#x017F;ich genommen ha&#x0364;tte. Die&#x017F;e<lb/>
Nacht ge&#x017F;tattete ihm eine &#x017F;anffte Ruhe/ und als er<lb/>
fru&#x0364;he Morgens erwachete/ fragete der Wirth/ wo er<lb/>
den Sattel gela&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tte? Klingenfeld beredete ihn/<lb/>
daß in voriger Herberge/ da er kaum abge&#x017F;tiegen/ das<lb/>
Roß &#x017F;ich in dem gepfla&#x017F;terten Stall u&#x0364;berworffen/ und<lb/>
den Sattel/ &#x017F;amt den Pi&#x017F;tol-Holfftern/ gantz zerbro-<lb/>
chen/ woru&#x0364;ber er &#x017F;o entru&#x0364;&#x017F;tet worden/ daß er es hart<lb/>
ge&#x017F;chlagen/ und daru&#x0364;ber habe das Pferd den Zaum/<lb/>
mit welchem er es gehalten/ auch zerbrochen. Der<lb/>
Wirth zeigete ihm einen guten Sattel und Zaum/<lb/>
und botte ihm &#x017F;olche Stu&#x0364;ck fu&#x0364;r einen guten Preiß an/<lb/>
die&#x017F;er war darmit zufrieden/ <hi rendition="#aq">probi</hi>rete den Sattel und<lb/>
Zaum an &#x017F;einem Pferd/ &#x017F;etzete &#x017F;ich hernach auf/ und<lb/>
warff dem Wirth einen halben Thaler zu/ mit der<lb/>
Bedeutung/ daß er nicht einen Pfenning mehr Geld<lb/>
bey &#x017F;ich ha&#x0364;tte/ mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e er al&#x017F;o darmit fu&#x0364;r jetzo zufrieden<lb/>
&#x017F;eyn/ biß er in wenigen Tagen wieder komme/ &#x017F;o wolle<lb/>
er ihm den <hi rendition="#aq">Re&#x017F;t</hi> bezahlen/ damit wandte er das Pferd<lb/>
um/ und ritte behende zum Hof hinauß/ &#x017F;tieß auch das<lb/>
Roß auf dem Feld &#x017F;tarck an/ und weil da&#x017F;&#x017F;elbe auf<lb/>
den Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en u&#x0364;berauß &#x017F;chnell/ verließ er &#x017F;ich darauf/ und<lb/>
kam al&#x017F;o den Bauren/ die ihm nach&#x017F;etzeten/ gar bald<lb/>
auß dem Ge&#x017F;ichte.</p><lb/>
          <p>Zwo Stunden hernach erblickete er die Thu&#x0364;rne<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 3</fw><fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0015] Romans I. Buch. Er kam 3. Stunden hernach zu einem Dorff/ und traff eine bequeme Herberge an/ er war erfreuet/ als man ihm berichtete/ daß er ſchon in dem Kirchen- Gebiet ſey/ und das Florentiniſche Land hinter ſich geleget haͤtte. Man wolte ihm etwas Speiſe vor- ſetzen/ aber er wuſte/ wie mager ſein Beutel war/ und in dieſer Gegend hatte er ſich keines Wechſels zu ge- troͤſten/ dahero wolte er nichts genieſſen/ fuͤrwendend/ daß er vor wenigen Stunden an jenem Ort ſeine Abend-Mahlzeit zu ſich genommen haͤtte. Dieſe Nacht geſtattete ihm eine ſanffte Ruhe/ und als er fruͤhe Morgens erwachete/ fragete der Wirth/ wo er den Sattel gelaſſen haͤtte? Klingenfeld beredete ihn/ daß in voriger Herberge/ da er kaum abgeſtiegen/ das Roß ſich in dem gepflaſterten Stall uͤberworffen/ und den Sattel/ ſamt den Piſtol-Holfftern/ gantz zerbro- chen/ woruͤber er ſo entruͤſtet worden/ daß er es hart geſchlagen/ und daruͤber habe das Pferd den Zaum/ mit welchem er es gehalten/ auch zerbrochen. Der Wirth zeigete ihm einen guten Sattel und Zaum/ und botte ihm ſolche Stuͤck fuͤr einen guten Preiß an/ dieſer war darmit zufrieden/ probirete den Sattel und Zaum an ſeinem Pferd/ ſetzete ſich hernach auf/ und warff dem Wirth einen halben Thaler zu/ mit der Bedeutung/ daß er nicht einen Pfenning mehr Geld bey ſich haͤtte/ muͤſſe er alſo darmit fuͤr jetzo zufrieden ſeyn/ biß er in wenigen Tagen wieder komme/ ſo wolle er ihm den Reſt bezahlen/ damit wandte er das Pferd um/ und ritte behende zum Hof hinauß/ ſtieß auch das Roß auf dem Feld ſtarck an/ und weil daſſelbe auf den Fuͤſſen uͤberauß ſchnell/ verließ er ſich darauf/ und kam alſo den Bauren/ die ihm nachſetzeten/ gar bald auß dem Geſichte. Zwo Stunden hernach erblickete er die Thuͤrne der A 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/15
Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/15>, abgerufen am 22.11.2024.