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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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§ 18. Entscheidungskampf zwischen Kaisertum u. Papsttum (1239-1250).
haltung seiner Verpflichtungen die denkbar sichersten Bürgschaften bot1) und
selbst in der Lombardenfrage offenbar noch einen Schritt weiterging. Innozenz
hat daraufhin wirklich noch einmal die Absolution Friedrichs in Aussicht ge-
stellt (6. Mai 1245). Aber nun begann die Kriegspartei eine fieberhaft leiden-
schaftliche Gegenwirkung. Kardinal Rainer, der zum Schutze des Patrimoniums
in der Umgebung Roms zurückgelassen war, sandte Flugschriften von maß-
loser Gehässigkeit, aber bedeutender Eindruckskraft nach Lyon. Als eben
damals die kaiserlichen Truppen bei dem Marsche Friedrichs von der sizilischen
Grenze nach Verona sich im Gebiete des Kirchenstaates, wohl nur zum Teil
nach dem Willen des Kaisers, Übergriffe zu Schulden kommen ließen, bauschte
sie Rainer, um das Mißtrauen zu schüren, zu einem schweren Friedensbruche
auf.2) Vielleicht gab das den Vorwand zu erneutem Umschwung an der Kurie.
Jedenfalls war bis zum Beginn des Konzils jegliche Schwankung überwunden,
ohne daß man indes den Kaiser darüber aufgeklärt hätte.

Das Konzil von Lyon3) war trotz der verhältnismäßig geringen
Zahl der Teilnehmer, unter denen die Romanen stark überwogen,
grundsätzlich als ein allgemeines zu betrachten. Die geschickte und
eindrucksvolle Verteidigung Friedrichs durch seinen Sachwalter, den
Großhofrichter Thaddäus von Suessa, erzielte am zweiten Sitzungs-
tage den vom Papste widerwillig zugestandenen Erfolg einer kurzen
Vertagung, damit der Kaiser persönlich erscheinen oder neue Voll-
macht schicken könne. Aber dem sicheren Vernichtungsplane der
Kurie gegenüber war doch alles vergeblich. In der dritten Sitzung
(17. Juli 1245) überraschte Innozenz, ohne weitere Botschaft des
Kaisers abzuwarten, das Konzil mit der feierlichen Verkündigung
der heimlich vorbereiteten Absetzungsentenz.4) An die tendenziöse
Darstellung der in den letzten Jahren geführten Friedensverhand-
lungen schloß sich eine lange Aufzählung der Verbrechen des
Kaisers, die indessen des Hauptstreitpunktes, der Lombardenfrage,
nicht gedachte, endlich seine Absetzung und Verfluchung. Thaddäus,
der eine Verurteilung seines Herrn umsonst für nichtig erklärt und
an den zukünftigen Papst und ein allgemeines Konzil appelliert
hatte, rief nun unter Tränen: "Dies ist ein Tag des Zornes, des
Unglücks und des Elends", aber die Mehrheit des Konzils erhob
gegen das Vorgehen keinen Widerspruch.

Friedrich, dem ja noch kurz zuvor vom Papste die Aussicht
auf Absolution eröffnet war, scheint von dieser plötzlichen Verurteilung

1) U. a. sofortigen Verlust seiner Reiche und Bann bei Bruch der Ver-
sprechungen, Garantien von Königen und Fürsten.
2) Vgl. Hampe, Hist. Viertelj. 10, 297 ff.
3) Hauptquellen außer den Aktenstücken selbst die sog. "Brevis nota"
M. G. Const. II, 513 ff. und der auf einen Augenzeugen zurückgehende, trotz
mancher Ungenauigkeiten höchst bedeutsame Bericht des Matthaeus Parisiensis.
Von neuerer Literatur vgl. ausschließlich die angeführte Schrift von Folz.
4) M. G. Const. II, 508 ff. u. Ep. saec. XIII. II, 88 ff.

§ 18. Entscheidungskampf zwischen Kaisertum u. Papsttum (1239‒1250).
haltung seiner Verpflichtungen die denkbar sichersten Bürgschaften bot1) und
selbst in der Lombardenfrage offenbar noch einen Schritt weiterging. Innozenz
hat daraufhin wirklich noch einmal die Absolution Friedrichs in Aussicht ge-
stellt (6. Mai 1245). Aber nun begann die Kriegspartei eine fieberhaft leiden-
schaftliche Gegenwirkung. Kardinal Rainer, der zum Schutze des Patrimoniums
in der Umgebung Roms zurückgelassen war, sandte Flugschriften von maß-
loser Gehässigkeit, aber bedeutender Eindruckskraft nach Lyon. Als eben
damals die kaiserlichen Truppen bei dem Marsche Friedrichs von der sizilischen
Grenze nach Verona sich im Gebiete des Kirchenstaates, wohl nur zum Teil
nach dem Willen des Kaisers, Übergriffe zu Schulden kommen ließen, bauschte
sie Rainer, um das Mißtrauen zu schüren, zu einem schweren Friedensbruche
auf.2) Vielleicht gab das den Vorwand zu erneutem Umschwung an der Kurie.
Jedenfalls war bis zum Beginn des Konzils jegliche Schwankung überwunden,
ohne daß man indes den Kaiser darüber aufgeklärt hätte.

Das Konzil von Lyon3) war trotz der verhältnismäßig geringen
Zahl der Teilnehmer, unter denen die Romanen stark überwogen,
grundsätzlich als ein allgemeines zu betrachten. Die geschickte und
eindrucksvolle Verteidigung Friedrichs durch seinen Sachwalter, den
Großhofrichter Thaddäus von Suessa, erzielte am zweiten Sitzungs-
tage den vom Papste widerwillig zugestandenen Erfolg einer kurzen
Vertagung, damit der Kaiser persönlich erscheinen oder neue Voll-
macht schicken könne. Aber dem sicheren Vernichtungsplane der
Kurie gegenüber war doch alles vergeblich. In der dritten Sitzung
(17. Juli 1245) überraschte Innozenz, ohne weitere Botschaft des
Kaisers abzuwarten, das Konzil mit der feierlichen Verkündigung
der heimlich vorbereiteten Absetzungsentenz.4) An die tendenziöse
Darstellung der in den letzten Jahren geführten Friedensverhand-
lungen schloß sich eine lange Aufzählung der Verbrechen des
Kaisers, die indessen des Hauptstreitpunktes, der Lombardenfrage,
nicht gedachte, endlich seine Absetzung und Verfluchung. Thaddäus,
der eine Verurteilung seines Herrn umsonst für nichtig erklärt und
an den zukünftigen Papst und ein allgemeines Konzil appelliert
hatte, rief nun unter Tränen: „Dies ist ein Tag des Zornes, des
Unglücks und des Elends“, aber die Mehrheit des Konzils erhob
gegen das Vorgehen keinen Widerspruch.

Friedrich, dem ja noch kurz zuvor vom Papste die Aussicht
auf Absolution eröffnet war, scheint von dieser plötzlichen Verurteilung

1) U. a. sofortigen Verlust seiner Reiche und Bann bei Bruch der Ver-
sprechungen, Garantien von Königen und Fürsten.
2) Vgl. Hampe, Hist. Viertelj. 10, 297 ff.
3) Hauptquellen außer den Aktenstücken selbst die sog. „Brevis nota“
M. G. Const. II, 513 ff. und der auf einen Augenzeugen zurückgehende, trotz
mancher Ungenauigkeiten höchst bedeutsame Bericht des Matthaeus Parisiensis.
Von neuerer Literatur vgl. ausschließlich die angeführte Schrift von Folz.
4) M. G. Const. II, 508 ff. u. Ep. saec. XIII. II, 88 ff.
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[247/0255] § 18. Entscheidungskampf zwischen Kaisertum u. Papsttum (1239‒1250). haltung seiner Verpflichtungen die denkbar sichersten Bürgschaften bot 1) und selbst in der Lombardenfrage offenbar noch einen Schritt weiterging. Innozenz hat daraufhin wirklich noch einmal die Absolution Friedrichs in Aussicht ge- stellt (6. Mai 1245). Aber nun begann die Kriegspartei eine fieberhaft leiden- schaftliche Gegenwirkung. Kardinal Rainer, der zum Schutze des Patrimoniums in der Umgebung Roms zurückgelassen war, sandte Flugschriften von maß- loser Gehässigkeit, aber bedeutender Eindruckskraft nach Lyon. Als eben damals die kaiserlichen Truppen bei dem Marsche Friedrichs von der sizilischen Grenze nach Verona sich im Gebiete des Kirchenstaates, wohl nur zum Teil nach dem Willen des Kaisers, Übergriffe zu Schulden kommen ließen, bauschte sie Rainer, um das Mißtrauen zu schüren, zu einem schweren Friedensbruche auf. 2) Vielleicht gab das den Vorwand zu erneutem Umschwung an der Kurie. Jedenfalls war bis zum Beginn des Konzils jegliche Schwankung überwunden, ohne daß man indes den Kaiser darüber aufgeklärt hätte. Das Konzil von Lyon 3) war trotz der verhältnismäßig geringen Zahl der Teilnehmer, unter denen die Romanen stark überwogen, grundsätzlich als ein allgemeines zu betrachten. Die geschickte und eindrucksvolle Verteidigung Friedrichs durch seinen Sachwalter, den Großhofrichter Thaddäus von Suessa, erzielte am zweiten Sitzungs- tage den vom Papste widerwillig zugestandenen Erfolg einer kurzen Vertagung, damit der Kaiser persönlich erscheinen oder neue Voll- macht schicken könne. Aber dem sicheren Vernichtungsplane der Kurie gegenüber war doch alles vergeblich. In der dritten Sitzung (17. Juli 1245) überraschte Innozenz, ohne weitere Botschaft des Kaisers abzuwarten, das Konzil mit der feierlichen Verkündigung der heimlich vorbereiteten Absetzungsentenz. 4) An die tendenziöse Darstellung der in den letzten Jahren geführten Friedensverhand- lungen schloß sich eine lange Aufzählung der Verbrechen des Kaisers, die indessen des Hauptstreitpunktes, der Lombardenfrage, nicht gedachte, endlich seine Absetzung und Verfluchung. Thaddäus, der eine Verurteilung seines Herrn umsonst für nichtig erklärt und an den zukünftigen Papst und ein allgemeines Konzil appelliert hatte, rief nun unter Tränen: „Dies ist ein Tag des Zornes, des Unglücks und des Elends“, aber die Mehrheit des Konzils erhob gegen das Vorgehen keinen Widerspruch. Friedrich, dem ja noch kurz zuvor vom Papste die Aussicht auf Absolution eröffnet war, scheint von dieser plötzlichen Verurteilung 1) U. a. sofortigen Verlust seiner Reiche und Bann bei Bruch der Ver- sprechungen, Garantien von Königen und Fürsten. 2) Vgl. Hampe, Hist. Viertelj. 10, 297 ff. 3) Hauptquellen außer den Aktenstücken selbst die sog. „Brevis nota“ M. G. Const. II, 513 ff. und der auf einen Augenzeugen zurückgehende, trotz mancher Ungenauigkeiten höchst bedeutsame Bericht des Matthaeus Parisiensis. Von neuerer Literatur vgl. ausschließlich die angeführte Schrift von Folz. 4) M. G. Const. II, 508 ff. u. Ep. saec. XIII. II, 88 ff.

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/255>, abgerufen am 25.11.2024.