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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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§ 17. Friedrich II. auf der Höhe seiner Macht (1230-1239).
und die befreienden Wirkungen der städtischen Anziehungskraft auf die Ab-
hängigen der benachbarten Landesherren aufzuheben. Andre wollten die
Territorien und ihre städtischen Verkehrsmittelpunkte schützen vor den ver-
derblichen wirtschaftlichen Folgen einer in der Nähe neu erwachsenden reichs-
städtischen Konkurrenz und nahmen das alte königliche Straßenregal zur Auf-
rechterhaltung der Verkehrsfreiheit und Abstellung von Markt- und Straßen-
zwang in Anspruch.

Auch sonst leistete ja die damalige Reichsregierung oft genug
der fürstlichen Interessenpolitik gegen die Städte Vorspanndienste,
so schon 1226 durch die Aufhebung eines ersten rheinischen
Städtebundes, der 1231 ein allgemeines Verbot von Städtebünd-
nissen folgte. So kam man auch den bischöflichen Stadtherren
gegen die Selbständigkeitsgelüste ihrer eignen Städte zu Hilfe, indem
man (1231) alle autonomen Regungen, mochten sie in der Ein-
setzung eines Stadtrates, in den Einungen der Handwerker oder
in andern genossenschaftlichen Bildungen der Bürger zu Tage treten,
von Reichswegen untersagte. In dieselbe Richtung wies eine Fülle
von Einzelmaßnahmen.

Gleichwohl darf man in dem allen nicht ein grundsätzliches
Widerstreben gegen die neue städtische Entwicklung erblicken, weder
bei Heinrich (VII.), der ja oft genug entgegengesetzte Wünsche zu
erkennen gab, noch bei Friedrich II., der schon als Italiener die
wirtschaftliche Bedeutung der Städte richtig einzuschätzen wußte.
Überall da, wo keine fürstlichen Interessen entgegenstanden, hat
er es an Begünstigung der königlichen Städte durch Gewährung
einer gewissen Selbstverwaltung, Verkehrserleichterungen, Meß-
privilegien, Straßenfürsorge und Mauernbau nicht fehlen lassen.
Und auch die Wirkungskraft jener feindlichen Bestimmungen werden
wir uns schwerlich allzu groß vorzustellen haben, wie schon die
ständigen späteren Wiederholungen anzeigen. Die Bedeutung der
Reichsstädte blieb gleichwohl in beständigem Wachsen, und ihr
natürliches Interesse trieb sie in den großen Kämpfen der vierziger
Jahre trotz allem, was geschehen war, unbedingt aufdie staufische Seite.

Die eigenwillige Politik Heinrichs, die schließlich doch nur zu
einer weiteren Schwächung der Königsgewalt führte, hatte eine
starke Mißstimmung des Kaisers gegen ihn erzeugt. Auf einer
persönlichen Zusammenkunft in Aquileia (1232) ward noch einmal
durch völlige Unterwerfung des Königs unter den Willen des
Vaters eine Aussöhnung erzielt, doch nur unter demütigenden Be-
dingungen legte der mißtrauisch gewordene Kaiser die Regierung
Deutschlands aufs neue in die Hände des Sohnes. Heinrich ver-
sprach eidlich Gehorsam und Begünstigung der Fürsten, die andern-
falls ihres Treueides entbunden und gegen ihn, der dann ohne
weiteres der Exkommunikation verfallen sollte, verpflichtet wurden.

§ 17. Friedrich II. auf der Höhe seiner Macht (1230‒1239).
und die befreienden Wirkungen der städtischen Anziehungskraft auf die Ab-
hängigen der benachbarten Landesherren aufzuheben. Andre wollten die
Territorien und ihre städtischen Verkehrsmittelpunkte schützen vor den ver-
derblichen wirtschaftlichen Folgen einer in der Nähe neu erwachsenden reichs-
städtischen Konkurrenz und nahmen das alte königliche Straßenregal zur Auf-
rechterhaltung der Verkehrsfreiheit und Abstellung von Markt- und Straßen-
zwang in Anspruch.

Auch sonst leistete ja die damalige Reichsregierung oft genug
der fürstlichen Interessenpolitik gegen die Städte Vorspanndienste,
so schon 1226 durch die Aufhebung eines ersten rheinischen
Städtebundes, der 1231 ein allgemeines Verbot von Städtebünd-
nissen folgte. So kam man auch den bischöflichen Stadtherren
gegen die Selbständigkeitsgelüste ihrer eignen Städte zu Hilfe, indem
man (1231) alle autonomen Regungen, mochten sie in der Ein-
setzung eines Stadtrates, in den Einungen der Handwerker oder
in andern genossenschaftlichen Bildungen der Bürger zu Tage treten,
von Reichswegen untersagte. In dieselbe Richtung wies eine Fülle
von Einzelmaßnahmen.

Gleichwohl darf man in dem allen nicht ein grundsätzliches
Widerstreben gegen die neue städtische Entwicklung erblicken, weder
bei Heinrich (VII.), der ja oft genug entgegengesetzte Wünsche zu
erkennen gab, noch bei Friedrich II., der schon als Italiener die
wirtschaftliche Bedeutung der Städte richtig einzuschätzen wußte.
Überall da, wo keine fürstlichen Interessen entgegenstanden, hat
er es an Begünstigung der königlichen Städte durch Gewährung
einer gewissen Selbstverwaltung, Verkehrserleichterungen, Meß-
privilegien, Straßenfürsorge und Mauernbau nicht fehlen lassen.
Und auch die Wirkungskraft jener feindlichen Bestimmungen werden
wir uns schwerlich allzu groß vorzustellen haben, wie schon die
ständigen späteren Wiederholungen anzeigen. Die Bedeutung der
Reichsstädte blieb gleichwohl in beständigem Wachsen, und ihr
natürliches Interesse trieb sie in den großen Kämpfen der vierziger
Jahre trotz allem, was geschehen war, unbedingt aufdie staufische Seite.

Die eigenwillige Politik Heinrichs, die schließlich doch nur zu
einer weiteren Schwächung der Königsgewalt führte, hatte eine
starke Mißstimmung des Kaisers gegen ihn erzeugt. Auf einer
persönlichen Zusammenkunft in Aquileia (1232) ward noch einmal
durch völlige Unterwerfung des Königs unter den Willen des
Vaters eine Aussöhnung erzielt, doch nur unter demütigenden Be-
dingungen legte der mißtrauisch gewordene Kaiser die Regierung
Deutschlands aufs neue in die Hände des Sohnes. Heinrich ver-
sprach eidlich Gehorsam und Begünstigung der Fürsten, die andern-
falls ihres Treueides entbunden und gegen ihn, der dann ohne
weiteres der Exkommunikation verfallen sollte, verpflichtet wurden.

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[229/0237] § 17. Friedrich II. auf der Höhe seiner Macht (1230‒1239). und die befreienden Wirkungen der städtischen Anziehungskraft auf die Ab- hängigen der benachbarten Landesherren aufzuheben. Andre wollten die Territorien und ihre städtischen Verkehrsmittelpunkte schützen vor den ver- derblichen wirtschaftlichen Folgen einer in der Nähe neu erwachsenden reichs- städtischen Konkurrenz und nahmen das alte königliche Straßenregal zur Auf- rechterhaltung der Verkehrsfreiheit und Abstellung von Markt- und Straßen- zwang in Anspruch. Auch sonst leistete ja die damalige Reichsregierung oft genug der fürstlichen Interessenpolitik gegen die Städte Vorspanndienste, so schon 1226 durch die Aufhebung eines ersten rheinischen Städtebundes, der 1231 ein allgemeines Verbot von Städtebünd- nissen folgte. So kam man auch den bischöflichen Stadtherren gegen die Selbständigkeitsgelüste ihrer eignen Städte zu Hilfe, indem man (1231) alle autonomen Regungen, mochten sie in der Ein- setzung eines Stadtrates, in den Einungen der Handwerker oder in andern genossenschaftlichen Bildungen der Bürger zu Tage treten, von Reichswegen untersagte. In dieselbe Richtung wies eine Fülle von Einzelmaßnahmen. Gleichwohl darf man in dem allen nicht ein grundsätzliches Widerstreben gegen die neue städtische Entwicklung erblicken, weder bei Heinrich (VII.), der ja oft genug entgegengesetzte Wünsche zu erkennen gab, noch bei Friedrich II., der schon als Italiener die wirtschaftliche Bedeutung der Städte richtig einzuschätzen wußte. Überall da, wo keine fürstlichen Interessen entgegenstanden, hat er es an Begünstigung der königlichen Städte durch Gewährung einer gewissen Selbstverwaltung, Verkehrserleichterungen, Meß- privilegien, Straßenfürsorge und Mauernbau nicht fehlen lassen. Und auch die Wirkungskraft jener feindlichen Bestimmungen werden wir uns schwerlich allzu groß vorzustellen haben, wie schon die ständigen späteren Wiederholungen anzeigen. Die Bedeutung der Reichsstädte blieb gleichwohl in beständigem Wachsen, und ihr natürliches Interesse trieb sie in den großen Kämpfen der vierziger Jahre trotz allem, was geschehen war, unbedingt aufdie staufische Seite. Die eigenwillige Politik Heinrichs, die schließlich doch nur zu einer weiteren Schwächung der Königsgewalt führte, hatte eine starke Mißstimmung des Kaisers gegen ihn erzeugt. Auf einer persönlichen Zusammenkunft in Aquileia (1232) ward noch einmal durch völlige Unterwerfung des Königs unter den Willen des Vaters eine Aussöhnung erzielt, doch nur unter demütigenden Be- dingungen legte der mißtrauisch gewordene Kaiser die Regierung Deutschlands aufs neue in die Hände des Sohnes. Heinrich ver- sprach eidlich Gehorsam und Begünstigung der Fürsten, die andern- falls ihres Treueides entbunden und gegen ihn, der dann ohne weiteres der Exkommunikation verfallen sollte, verpflichtet wurden.

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/237>, abgerufen am 30.04.2024.