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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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II. Die Zeit der Staufer.
Das wichtigste Moment in dem Verselbständigungsprozesse dieser werdenden
Territorialstaaten war der Ausschluß aller fremden, insbesondere der könig-
lichen Gerichtsbarkeit. Indem die Krone sich auch auf diesem Gebiete zurückzog
und die Vorsteher der Niedergerichte, auch wo sie bis dahin noch von den
Gaugrafen abgehangen und im Namen des Königs nach Landrecht gewaltet
hatten, den Fürsten zur Beleihung überwies, eben diese Niedergerichte auch
vor Usurpationen von unten her sicherte1), die Ritterbürtigen des Territoriums
aber dem fürstlichen Gerichte unmittelbar unterstellte, ging sie über die
früheren Zugeständnisse erheblich hinaus, und die Sprache des Privilegs
brachte die Bedeutung dieser neuen Entäußerung zu unwillkürlichem Ausdruck,
indem sie eben in diesem Zusammenhang zuerst den Begriff der "Landes-
herrschaft" prägte. Freilich wie diese Landesherrschaften künftighin das
Reich zersetzten, so begannen mit dem Augenblick ihres Entstehens ähnliche
Tendenzen in ihrem eigenen Innern, die auf einen Anteil der Territorial-
stände an der Regierung hinwiesen2).

Das große Privileg Friedrichs II. war der Abschluß einer
langen Entwicklung, aber zugleich der Anfang einer neuen. Denn
weder begnügten sich auf die Dauer die Fürsten mit dieser Ab-
schlagszahlung, noch waren die kleineren Territorialherren geneigt,
sich ähnlicher Vorrechte entsagungsvoll zu bescheiden. Die Ge-
staltung der deutschen Geschicke in der Folgezeit hat dieser Ent-
wicklung kräftigen Vorschub geleistet, bis endlich mit der goldenen
Bulle zunächst von einem engeren, dann immer ausgedehnteren
Kreis von Fürsten eine weitere Stufe der Verselbständigung er-
klommen wurde.

Daß die Zukunft Deutschlands diesen Sondermächten gehörte,
war freilich schon 1232 entschieden. Schon damals erschienen
mehr fast, als das Königtum, die emporblühenden Reichsstädte als
die Hauptgegner solcher Territorialentwicklung. Heinrich (VII.)
hatte die schwächlichen Ansätze einer bürgerfreundlichen "kape-
tingischen" Politik auch nach dieser Richtung mit den demütigend-
sten Zugeständnissen an das Fürsteninteresse büßen müssen. So
geben die städtefeindlichen Verfügungen auch dem bestätigenden
Privileg Friedrichs II. fast noch mehr als die auf die unmittelbare
Hebung des Fürstentums gerichteten Bestimmungen den Charakter.
Da die Städte damals der vorwärtsdrängende Teil waren, der in
jugendlichem Kraftgefühl sich manche rechtlosen Übergriffe erlaubte,
so zeigten diese Verfügungen einen stark konservativen Zug.

Eine größere Gruppe von ihnen suchte die Ausdehnung des städtischen
Besitzes, Gerichts- und Machtkreises auf die ländliche Umgebung zu hemmen

1) Diese Wirkungskraft der betreffenden Paragraphen kann man, wie
mir scheint, A. Heusler, Deutsche Verfassungsgesch. S. 171 ff. zugestehen,
ohne den Hauptzweck der Loslösung nach oben hin zu bezweifeln.
2) Das von Heinrich (VII.) verkündete Reichsweistum vom 1. Mai 1231
knüpft allgemeine Verfügungen und neue Rechtsfestsetzungen (Steuern) in den
Territorien an die Zustimmung der höheren Stände.

II. Die Zeit der Staufer.
Das wichtigste Moment in dem Verselbständigungsprozesse dieser werdenden
Territorialstaaten war der Ausschluß aller fremden, insbesondere der könig-
lichen Gerichtsbarkeit. Indem die Krone sich auch auf diesem Gebiete zurückzog
und die Vorsteher der Niedergerichte, auch wo sie bis dahin noch von den
Gaugrafen abgehangen und im Namen des Königs nach Landrecht gewaltet
hatten, den Fürsten zur Beleihung überwies, eben diese Niedergerichte auch
vor Usurpationen von unten her sicherte1), die Ritterbürtigen des Territoriums
aber dem fürstlichen Gerichte unmittelbar unterstellte, ging sie über die
früheren Zugeständnisse erheblich hinaus, und die Sprache des Privilegs
brachte die Bedeutung dieser neuen Entäußerung zu unwillkürlichem Ausdruck,
indem sie eben in diesem Zusammenhang zuerst den Begriff der „Landes-
herrschaft“ prägte. Freilich wie diese Landesherrschaften künftighin das
Reich zersetzten, so begannen mit dem Augenblick ihres Entstehens ähnliche
Tendenzen in ihrem eigenen Innern, die auf einen Anteil der Territorial-
stände an der Regierung hinwiesen2).

Das große Privileg Friedrichs II. war der Abschluß einer
langen Entwicklung, aber zugleich der Anfang einer neuen. Denn
weder begnügten sich auf die Dauer die Fürsten mit dieser Ab-
schlagszahlung, noch waren die kleineren Territorialherren geneigt,
sich ähnlicher Vorrechte entsagungsvoll zu bescheiden. Die Ge-
staltung der deutschen Geschicke in der Folgezeit hat dieser Ent-
wicklung kräftigen Vorschub geleistet, bis endlich mit der goldenen
Bulle zunächst von einem engeren, dann immer ausgedehnteren
Kreis von Fürsten eine weitere Stufe der Verselbständigung er-
klommen wurde.

Daß die Zukunft Deutschlands diesen Sondermächten gehörte,
war freilich schon 1232 entschieden. Schon damals erschienen
mehr fast, als das Königtum, die emporblühenden Reichsstädte als
die Hauptgegner solcher Territorialentwicklung. Heinrich (VII.)
hatte die schwächlichen Ansätze einer bürgerfreundlichen „kape-
tingischen“ Politik auch nach dieser Richtung mit den demütigend-
sten Zugeständnissen an das Fürsteninteresse büßen müssen. So
geben die städtefeindlichen Verfügungen auch dem bestätigenden
Privileg Friedrichs II. fast noch mehr als die auf die unmittelbare
Hebung des Fürstentums gerichteten Bestimmungen den Charakter.
Da die Städte damals der vorwärtsdrängende Teil waren, der in
jugendlichem Kraftgefühl sich manche rechtlosen Übergriffe erlaubte,
so zeigten diese Verfügungen einen stark konservativen Zug.

Eine größere Gruppe von ihnen suchte die Ausdehnung des städtischen
Besitzes, Gerichts- und Machtkreises auf die ländliche Umgebung zu hemmen

1) Diese Wirkungskraft der betreffenden Paragraphen kann man, wie
mir scheint, A. Heusler, Deutsche Verfassungsgesch. S. 171 ff. zugestehen,
ohne den Hauptzweck der Loslösung nach oben hin zu bezweifeln.
2) Das von Heinrich (VII.) verkündete Reichsweistum vom 1. Mai 1231
knüpft allgemeine Verfügungen und neue Rechtsfestsetzungen (Steuern) in den
Territorien an die Zustimmung der höheren Stände.
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[228/0236] II. Die Zeit der Staufer. Das wichtigste Moment in dem Verselbständigungsprozesse dieser werdenden Territorialstaaten war der Ausschluß aller fremden, insbesondere der könig- lichen Gerichtsbarkeit. Indem die Krone sich auch auf diesem Gebiete zurückzog und die Vorsteher der Niedergerichte, auch wo sie bis dahin noch von den Gaugrafen abgehangen und im Namen des Königs nach Landrecht gewaltet hatten, den Fürsten zur Beleihung überwies, eben diese Niedergerichte auch vor Usurpationen von unten her sicherte 1), die Ritterbürtigen des Territoriums aber dem fürstlichen Gerichte unmittelbar unterstellte, ging sie über die früheren Zugeständnisse erheblich hinaus, und die Sprache des Privilegs brachte die Bedeutung dieser neuen Entäußerung zu unwillkürlichem Ausdruck, indem sie eben in diesem Zusammenhang zuerst den Begriff der „Landes- herrschaft“ prägte. Freilich wie diese Landesherrschaften künftighin das Reich zersetzten, so begannen mit dem Augenblick ihres Entstehens ähnliche Tendenzen in ihrem eigenen Innern, die auf einen Anteil der Territorial- stände an der Regierung hinwiesen 2). Das große Privileg Friedrichs II. war der Abschluß einer langen Entwicklung, aber zugleich der Anfang einer neuen. Denn weder begnügten sich auf die Dauer die Fürsten mit dieser Ab- schlagszahlung, noch waren die kleineren Territorialherren geneigt, sich ähnlicher Vorrechte entsagungsvoll zu bescheiden. Die Ge- staltung der deutschen Geschicke in der Folgezeit hat dieser Ent- wicklung kräftigen Vorschub geleistet, bis endlich mit der goldenen Bulle zunächst von einem engeren, dann immer ausgedehnteren Kreis von Fürsten eine weitere Stufe der Verselbständigung er- klommen wurde. Daß die Zukunft Deutschlands diesen Sondermächten gehörte, war freilich schon 1232 entschieden. Schon damals erschienen mehr fast, als das Königtum, die emporblühenden Reichsstädte als die Hauptgegner solcher Territorialentwicklung. Heinrich (VII.) hatte die schwächlichen Ansätze einer bürgerfreundlichen „kape- tingischen“ Politik auch nach dieser Richtung mit den demütigend- sten Zugeständnissen an das Fürsteninteresse büßen müssen. So geben die städtefeindlichen Verfügungen auch dem bestätigenden Privileg Friedrichs II. fast noch mehr als die auf die unmittelbare Hebung des Fürstentums gerichteten Bestimmungen den Charakter. Da die Städte damals der vorwärtsdrängende Teil waren, der in jugendlichem Kraftgefühl sich manche rechtlosen Übergriffe erlaubte, so zeigten diese Verfügungen einen stark konservativen Zug. Eine größere Gruppe von ihnen suchte die Ausdehnung des städtischen Besitzes, Gerichts- und Machtkreises auf die ländliche Umgebung zu hemmen 1) Diese Wirkungskraft der betreffenden Paragraphen kann man, wie mir scheint, A. Heusler, Deutsche Verfassungsgesch. S. 171 ff. zugestehen, ohne den Hauptzweck der Loslösung nach oben hin zu bezweifeln. 2) Das von Heinrich (VII.) verkündete Reichsweistum vom 1. Mai 1231 knüpft allgemeine Verfügungen und neue Rechtsfestsetzungen (Steuern) in den Territorien an die Zustimmung der höheren Stände.

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/236>, abgerufen am 25.11.2024.