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Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909.

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§ 11. Reaktionäre Politik unter d. Einfluß Reinolds v. Dassel (1157-1167).
Interessen zu finden, hatte sich nicht erfüllt; man bedurfte eher
einer Stütze gegen ihn. Da war die Schwenkung begreiflich, vom
Standpunkt der päpstlichen Weltmachtpolitik vielleicht notwendig.
Aber sie bedeutete, darüber konnte kaum ein Zweifel bestehen, den
Bruch mit dem kaiserlichen Hofe. So ward sie auch dort ver-
standen. Alsbald setzte eine steigende Spannung ein. Noch war
die Möglichkeit in Rechnung zu ziehen, daß die starke kaiser-
freundliche Kardinalspartei unter dem gegenwärtigen oder einem
folgenden Papste die Oberhand gewinnen und einlenken möchte.
Andernfalls war Friedrich zum Widerstande entschlossen; und da
war es von hoher Bedeutung, daß er eben in diesem Augenblicke
einen Helfer fand, der die Kraft und den Willen hatte, der päpst-
lichen Feindseligkeit nötigenfalls auch mit wuchtigem Angriff zu
begegnen.

§ 11. Reaktionäre Politik unter dem Einflusse
Reinalds v. Dassel (1157-1167).

Reinald von Dassel1), als zweitgeborener Sohn aus dem an
der Weser ansässigen Grafengeschlecht früh zum Geistlichen be-
stimmt, erwarb sich auf den Schulen von Hildesheim und Paris
seine theologisch-philosophische Bildung, wurde als Propst mehrerer
Stifter seiner Heimat in die praktische Verwaltung eingeführt, dann
von Friedrich auf den verantwortungsvollen Posten des Reichs-
kanzlers gehoben (1156). Mit der wachsenden Spannung zur Kurie
trat er jetzt in den Vordergrund der kaiserlichen Politik, als eine
der glänzendsten Erscheinungen der gesamten deutschen Geschichte.
Neben dem schwäbischen Kaiser stand hinfort die kräftiggedrungene
Gestalt des blonden Niedersachsen, heiter und diesseitsfreudig, um-
gänglich zugleich und schroff, zugreifend und freigebig, baulustig
und literarisch interessiert, in den Schriften und Dichtungen der
Alten ebenso bewandert, wie ergötzt durch die übermütigen Verse
des von ihm geförderten Erzpoeten.

Die reiche Begabung und den ungestümen Tatendrang seiner
ungebrochenen Kraftnatur stellte er ganz in den Dienst der kaiser-
lichen Sache.2) Ihm, dem klugen und sprachgewandten Unter-

1) Die ältere Biographie von J. Ficker 1850, seinerzeit eine sehr tüch-
tige Leistung, ist heute in Auffassung und Einzelheiten zu übertreffen. Eine
Vorarbeit bieten die Regesten der Kölner Erzb. II (1901) von Knipping. Eine
neue Biographie steht demnächst von einem meiner Schüler C. Schambach
in Aussicht.
2) Daß persönlicher Ehrgeiz und Eigennutz diese Hingabe beeinträchtigt
hätten, wie noch Ficker annahm, ist schwerlich mehr haltbar.

§ 11. Reaktionäre Politik unter d. Einfluß Reinolds v. Dassel (1157‒1167).
Interessen zu finden, hatte sich nicht erfüllt; man bedurfte eher
einer Stütze gegen ihn. Da war die Schwenkung begreiflich, vom
Standpunkt der päpstlichen Weltmachtpolitik vielleicht notwendig.
Aber sie bedeutete, darüber konnte kaum ein Zweifel bestehen, den
Bruch mit dem kaiserlichen Hofe. So ward sie auch dort ver-
standen. Alsbald setzte eine steigende Spannung ein. Noch war
die Möglichkeit in Rechnung zu ziehen, daß die starke kaiser-
freundliche Kardinalspartei unter dem gegenwärtigen oder einem
folgenden Papste die Oberhand gewinnen und einlenken möchte.
Andernfalls war Friedrich zum Widerstande entschlossen; und da
war es von hoher Bedeutung, daß er eben in diesem Augenblicke
einen Helfer fand, der die Kraft und den Willen hatte, der päpst-
lichen Feindseligkeit nötigenfalls auch mit wuchtigem Angriff zu
begegnen.

§ 11. Reaktionäre Politik unter dem Einflusse
Reinalds v. Dassel (1157‒1167).

Reinald von Dassel1), als zweitgeborener Sohn aus dem an
der Weser ansässigen Grafengeschlecht früh zum Geistlichen be-
stimmt, erwarb sich auf den Schulen von Hildesheim und Paris
seine theologisch-philosophische Bildung, wurde als Propst mehrerer
Stifter seiner Heimat in die praktische Verwaltung eingeführt, dann
von Friedrich auf den verantwortungsvollen Posten des Reichs-
kanzlers gehoben (1156). Mit der wachsenden Spannung zur Kurie
trat er jetzt in den Vordergrund der kaiserlichen Politik, als eine
der glänzendsten Erscheinungen der gesamten deutschen Geschichte.
Neben dem schwäbischen Kaiser stand hinfort die kräftiggedrungene
Gestalt des blonden Niedersachsen, heiter und diesseitsfreudig, um-
gänglich zugleich und schroff, zugreifend und freigebig, baulustig
und literarisch interessiert, in den Schriften und Dichtungen der
Alten ebenso bewandert, wie ergötzt durch die übermütigen Verse
des von ihm geförderten Erzpoeten.

Die reiche Begabung und den ungestümen Tatendrang seiner
ungebrochenen Kraftnatur stellte er ganz in den Dienst der kaiser-
lichen Sache.2) Ihm, dem klugen und sprachgewandten Unter-

1) Die ältere Biographie von J. Ficker 1850, seinerzeit eine sehr tüch-
tige Leistung, ist heute in Auffassung und Einzelheiten zu übertreffen. Eine
Vorarbeit bieten die Regesten der Kölner Erzb. II (1901) von Knipping. Eine
neue Biographie steht demnächst von einem meiner Schüler C. Schambach
in Aussicht.
2) Daß persönlicher Ehrgeiz und Eigennutz diese Hingabe beeinträchtigt
hätten, wie noch Ficker annahm, ist schwerlich mehr haltbar.
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[125/0133] § 11. Reaktionäre Politik unter d. Einfluß Reinolds v. Dassel (1157‒1167). Interessen zu finden, hatte sich nicht erfüllt; man bedurfte eher einer Stütze gegen ihn. Da war die Schwenkung begreiflich, vom Standpunkt der päpstlichen Weltmachtpolitik vielleicht notwendig. Aber sie bedeutete, darüber konnte kaum ein Zweifel bestehen, den Bruch mit dem kaiserlichen Hofe. So ward sie auch dort ver- standen. Alsbald setzte eine steigende Spannung ein. Noch war die Möglichkeit in Rechnung zu ziehen, daß die starke kaiser- freundliche Kardinalspartei unter dem gegenwärtigen oder einem folgenden Papste die Oberhand gewinnen und einlenken möchte. Andernfalls war Friedrich zum Widerstande entschlossen; und da war es von hoher Bedeutung, daß er eben in diesem Augenblicke einen Helfer fand, der die Kraft und den Willen hatte, der päpst- lichen Feindseligkeit nötigenfalls auch mit wuchtigem Angriff zu begegnen. § 11. Reaktionäre Politik unter dem Einflusse Reinalds v. Dassel (1157‒1167). Reinald von Dassel 1), als zweitgeborener Sohn aus dem an der Weser ansässigen Grafengeschlecht früh zum Geistlichen be- stimmt, erwarb sich auf den Schulen von Hildesheim und Paris seine theologisch-philosophische Bildung, wurde als Propst mehrerer Stifter seiner Heimat in die praktische Verwaltung eingeführt, dann von Friedrich auf den verantwortungsvollen Posten des Reichs- kanzlers gehoben (1156). Mit der wachsenden Spannung zur Kurie trat er jetzt in den Vordergrund der kaiserlichen Politik, als eine der glänzendsten Erscheinungen der gesamten deutschen Geschichte. Neben dem schwäbischen Kaiser stand hinfort die kräftiggedrungene Gestalt des blonden Niedersachsen, heiter und diesseitsfreudig, um- gänglich zugleich und schroff, zugreifend und freigebig, baulustig und literarisch interessiert, in den Schriften und Dichtungen der Alten ebenso bewandert, wie ergötzt durch die übermütigen Verse des von ihm geförderten Erzpoeten. Die reiche Begabung und den ungestümen Tatendrang seiner ungebrochenen Kraftnatur stellte er ganz in den Dienst der kaiser- lichen Sache. 2) Ihm, dem klugen und sprachgewandten Unter- 1) Die ältere Biographie von J. Ficker 1850, seinerzeit eine sehr tüch- tige Leistung, ist heute in Auffassung und Einzelheiten zu übertreffen. Eine Vorarbeit bieten die Regesten der Kölner Erzb. II (1901) von Knipping. Eine neue Biographie steht demnächst von einem meiner Schüler C. Schambach in Aussicht. 2) Daß persönlicher Ehrgeiz und Eigennutz diese Hingabe beeinträchtigt hätten, wie noch Ficker annahm, ist schwerlich mehr haltbar.

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Zitationshilfe: Hampe, Karl: Deutsche Kaisergeschichte in der Zeit der Salier und Staufer. Leipzig, 1909, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hampe_kaisergeschichte_1909/133>, abgerufen am 28.11.2024.