Jn meinem Vaterlande, worinnen nothwendig alle Jahre von drey hundert und vierzig tausend Einwohnern, beinahe zehn tausend sterben müssen, stirbt, auf jedes Jahr gerechnet, noch nicht ein hundertjähriger Greiß (i), wie wohl die Greise bey uns überhaupt in grosser Anzahl gefunden werden.
Wir wollen also mit dem ersten Alter der Menschen den Anfang machen, und diejenigen Zufälle erzählen, welche dazwischen kommen, und die Ursache sind, daß der Mensch seine bestimmten Jahre nicht erreichen kann. Wir wollen aber tausend Menschen vor uns nehmen, und ihre Schikksale aus den besten Todtenlisten hersezzen.
Bereits in der Geburt starben (k) drey und zwanzig Kinder.
Der Ausbruch der Zähne kostete ihrer funfzig das Leben (l).
Die Krämpfe, welche in dem ersten Alter häufig sind, und von einer Schärfe in den ersten Verdauungs- wegen, von den Würmern, oder selbst von den Zähnen entsteht, rauben überhaupt mehr als den vierten Theil der Kinder, oder zwei hundert sieben und siebenzig (m).
An den Kinderblattern starben ihrer achtzig. Es ist dieses eine neue Krankheit, welche aus Abyssinien nach Arabien, und von da nach Europa herüber gebracht wor- den, und so gar den europäischen Schiffen und den Kauf- leuten, so nach dem unfreundlichen Grönland Reisen thun, auf dem Fusse nachgefolgt ist, und nunmehr die wenigsten Sterbliche verschont (n).
Die
(i)[Spaltenumbruch]
Von hundert lebte nur ei- ne 87 Jahre Phil. trans. ann. 1755.
(k)SUSSMILCH Göttl Ordn. II. p. 417. die meisten Kinder ster- ben im ersten Jahre, und den er- sten Tag. GALTIER prognos. ex necrolog.
(l)[Spaltenumbruch]
So komme auch unter den Löwen der vierte Theil an den Zäh- nen um SHAW. travels p. 171.
(m)SUSSMILCH.
(n)Idem. p. 114.
H. Phisiol. 8 B. O o o
III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
Jn meinem Vaterlande, worinnen nothwendig alle Jahre von drey hundert und vierzig tauſend Einwohnern, beinahe zehn tauſend ſterben muͤſſen, ſtirbt, auf jedes Jahr gerechnet, noch nicht ein hundertjaͤhriger Greiß (i), wie wohl die Greiſe bey uns uͤberhaupt in groſſer Anzahl gefunden werden.
Wir wollen alſo mit dem erſten Alter der Menſchen den Anfang machen, und diejenigen Zufaͤlle erzaͤhlen, welche dazwiſchen kommen, und die Urſache ſind, daß der Menſch ſeine beſtimmten Jahre nicht erreichen kann. Wir wollen aber tauſend Menſchen vor uns nehmen, und ihre Schikkſale aus den beſten Todtenliſten herſezzen.
Bereits in der Geburt ſtarben (k) drey und zwanzig Kinder.
Der Ausbruch der Zaͤhne koſtete ihrer funfzig das Leben (l).
Die Kraͤmpfe, welche in dem erſten Alter haͤufig ſind, und von einer Schaͤrfe in den erſten Verdauungs- wegen, von den Wuͤrmern, oder ſelbſt von den Zaͤhnen entſteht, rauben uͤberhaupt mehr als den vierten Theil der Kinder, oder zwei hundert ſieben und ſiebenzig (m).
An den Kinderblattern ſtarben ihrer achtzig. Es iſt dieſes eine neue Krankheit, welche aus Abyſſinien nach Arabien, und von da nach Europa heruͤber gebracht wor- den, und ſo gar den europaͤiſchen Schiffen und den Kauf- leuten, ſo nach dem unfreundlichen Groͤnland Reiſen thun, auf dem Fuſſe nachgefolgt iſt, und nunmehr die wenigſten Sterbliche verſchont (n).
Die
(i)[Spaltenumbruch]
Von hundert lebte nur ei- ne 87 Jahre Phil. tranſ. ann. 1755.
(k)SUSSMILCH Göttl Ordn. II. p. 417. die meiſten Kinder ſter- ben im erſten Jahre, und den er- ſten Tag. GALTIER prognoſ. ex necrolog.
(l)[Spaltenumbruch]
So komme auch unter den Loͤwen der vierte Theil an den Zaͤh- nen um SHAW. travels p. 171.
(m)SUSSMILCH.
(n)Idem. p. 114.
H. Phiſiol. 8 B. O o o
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[943[945]/0997]
III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
Jn meinem Vaterlande, worinnen nothwendig alle
Jahre von drey hundert und vierzig tauſend Einwohnern,
beinahe zehn tauſend ſterben muͤſſen, ſtirbt, auf jedes
Jahr gerechnet, noch nicht ein hundertjaͤhriger Greiß (i),
wie wohl die Greiſe bey uns uͤberhaupt in groſſer Anzahl
gefunden werden.
Wir wollen alſo mit dem erſten Alter der Menſchen
den Anfang machen, und diejenigen Zufaͤlle erzaͤhlen,
welche dazwiſchen kommen, und die Urſache ſind, daß
der Menſch ſeine beſtimmten Jahre nicht erreichen kann.
Wir wollen aber tauſend Menſchen vor uns nehmen, und
ihre Schikkſale aus den beſten Todtenliſten herſezzen.
Bereits in der Geburt ſtarben (k) drey und zwanzig
Kinder.
Der Ausbruch der Zaͤhne koſtete ihrer funfzig das
Leben (l).
Die Kraͤmpfe, welche in dem erſten Alter haͤufig
ſind, und von einer Schaͤrfe in den erſten Verdauungs-
wegen, von den Wuͤrmern, oder ſelbſt von den Zaͤhnen
entſteht, rauben uͤberhaupt mehr als den vierten Theil
der Kinder, oder zwei hundert ſieben und ſiebenzig (m).
An den Kinderblattern ſtarben ihrer achtzig. Es
iſt dieſes eine neue Krankheit, welche aus Abyſſinien nach
Arabien, und von da nach Europa heruͤber gebracht wor-
den, und ſo gar den europaͤiſchen Schiffen und den Kauf-
leuten, ſo nach dem unfreundlichen Groͤnland Reiſen
thun, auf dem Fuſſe nachgefolgt iſt, und nunmehr die
wenigſten Sterbliche verſchont (n).
Die
(i)
Von hundert lebte nur ei-
ne 87 Jahre Phil. tranſ. ann. 1755.
(k) SUSSMILCH Göttl Ordn.
II. p. 417. die meiſten Kinder ſter-
ben im erſten Jahre, und den er-
ſten Tag. GALTIER prognoſ. ex
necrolog.
(l)
So komme auch unter den
Loͤwen der vierte Theil an den Zaͤh-
nen um SHAW. travels p. 171.
(m) SUSSMILCH.
(n) Idem. p. 114.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 943[945]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/997>, abgerufen am 23.11.2024.
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