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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

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II. Abs. Der Zustand des Menschen.
adern, und wäre dieser Widerstand unendlich groß ge-
wesen, so würde an der Blutader gar keine Bewegung
mehr übrig geblieben seyn. Es verhält sich aber der
Seitendrukk verkehrt, wie die fortschreitende Geschwin-
digkeit. Diese verhält sich wie die noch übrige Geschwin-
digkeit des Bluts in den Schlagadern. Und folglich müssen
sich die Blutadern um desto mehr ausdehnen, je langsamer
das Blut in einer gegebenen Zeit zum Herzen zurükkömmt.

Daher sind bei Greisen die Blutadern groß (r), sie
werfen Krampfadern auf, und zugleich ist auch das rechte
Herzohr und endlich auch das Herz selbst, groß (s). Es
hat auch nunmehr die Dichtigkeit der Blutadern gegen
die Schlagadern ein kleineres Verhältniß als bei jungen
Thieren, und zwar nicht darum, daß diese Dichtigkeit
nicht grösser gewachsen seyn sollte, sondern weil sie bei ih-
rer so dünnen Haut nicht so sehr gewachsen ist, als die
Dichtigkeit der Schlagader (s*). Daher geschieht es,
daß die Dichtigkeit der Aorte, welche bei einem jungen
Hunde, gegen die Dichtigkeit der Holader wie 26 zu 27
beschaffen war (t), nunmehr im alten Hunde wie 158 zu
157 (u) ist.

Auch die Eingeweide bestehen aus Gefässen, und
aus einem Fadengewebe. Man siehet offenbar, daß
die Leber immer härter wird. Die Gebärmutter (v),
welche weich und saftig bey mannbaren Mägdchens ist,
wird nunmehro härter und trokkener, sie giebt der Voll-
blütigkeit nicht weiter nach, und sie öfnet der monatlichen
Reinigung keine Passage mehr. Die Eierstökke, welche

bey
(r) [Spaltenumbruch] SWENKE haematol. p. 23.
FISCHER de senio p.
29. zugleich
frieren die Hände, wegen schwä-
chern Umlaufes.
(s) Bresl. Samml. Vers. XXIV.
MEKEL Mem. de Berlin T. XII.
p.
31.
(s*) Die Blutadern verlieren
die vorzügliche Stärke über die
[Spaltenumbruch] Schlagadern, die sie bei jungen
Personen hatten. WINTRINGH.
p.
188.
(t) Exp. 9. p. 26.
(u) Exp. 10. p. 27.
(v) Knorplig bei einer alten
Frauensperson Eph. Nat. Cur. Vol.
X. obs.
36.
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II. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
adern, und waͤre dieſer Widerſtand unendlich groß ge-
weſen, ſo wuͤrde an der Blutader gar keine Bewegung
mehr uͤbrig geblieben ſeyn. Es verhaͤlt ſich aber der
Seitendrukk verkehrt, wie die fortſchreitende Geſchwin-
digkeit. Dieſe verhaͤlt ſich wie die noch uͤbrige Geſchwin-
digkeit des Bluts in den Schlagadern. Und folglich muͤſſen
ſich die Blutadern um deſto mehr ausdehnen, je langſamer
das Blut in einer gegebenen Zeit zum Herzen zuruͤkkoͤmmt.

Daher ſind bei Greiſen die Blutadern groß (r), ſie
werfen Krampfadern auf, und zugleich iſt auch das rechte
Herzohr und endlich auch das Herz ſelbſt, groß (s). Es
hat auch nunmehr die Dichtigkeit der Blutadern gegen
die Schlagadern ein kleineres Verhaͤltniß als bei jungen
Thieren, und zwar nicht darum, daß dieſe Dichtigkeit
nicht groͤſſer gewachſen ſeyn ſollte, ſondern weil ſie bei ih-
rer ſo duͤnnen Haut nicht ſo ſehr gewachſen iſt, als die
Dichtigkeit der Schlagader (s*). Daher geſchieht es,
daß die Dichtigkeit der Aorte, welche bei einem jungen
Hunde, gegen die Dichtigkeit der Holader wie 26 zu 27
beſchaffen war (t), nunmehr im alten Hunde wie 158 zu
157 (u) iſt.

Auch die Eingeweide beſtehen aus Gefaͤſſen, und
aus einem Fadengewebe. Man ſiehet offenbar, daß
die Leber immer haͤrter wird. Die Gebaͤrmutter (v),
welche weich und ſaftig bey mannbaren Maͤgdchens iſt,
wird nunmehro haͤrter und trokkener, ſie giebt der Voll-
bluͤtigkeit nicht weiter nach, und ſie oͤfnet der monatlichen
Reinigung keine Paſſage mehr. Die Eierſtoͤkke, welche

bey
(r) [Spaltenumbruch] SWENKE haematol. p. 23.
FISCHER de ſenio p.
29. zugleich
frieren die Haͤnde, wegen ſchwaͤ-
chern Umlaufes.
(s) Bresl. Samml. Verſ. XXIV.
MEKEL Mem. de Berlin T. XII.
p.
31.
(s*) Die Blutadern verlieren
die vorzuͤgliche Staͤrke uͤber die
[Spaltenumbruch] Schlagadern, die ſie bei jungen
Perſonen hatten. WINTRINGH.
p.
188.
(t) Exp. 9. p. 26.
(u) Exp. 10. p. 27.
(v) Knorplig bei einer alten
Frauensperſon Eph. Nat. Cur. Vol.
X. obſ.
36.
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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 897[899]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/951>, abgerufen am 22.07.2024.