lich von denen verschiedenen Affekten herrühret, oder ein ungleiches Wachsen der Knochen des Angesichts zum Grunde hat, oder welches auch von der Verschiedenheit der Völkerschaft herrühret: ich erwähne nicht die Um- bildung der Theile von verschiedenen Geschäften oder durch Künsteleyen (b): ich übergehe den Streit wegen der Ab- sonderungsgefässe (c), die erst nach der Geburt zu wach- sen anfangen, und davon ich bei anderer Gelegenheit bereits Erwähnung gethan habe; so beschreibe ich auch nicht die neuen Umbildungen des Grimmdarms (d), des Blinddarms, des Magens, und der gesammten Hirn- schale; indem ich bereits vieles davon bey einer andern Gelegenheit berühret habe.
Schon mehr Gewalt kostet es mir, daß ich die voll- kommen schöne Simmetrie vergessen soll, welche die Na- tur an den Theilen des menschlichen Körpers hervorge- bracht, und welche Ursach ist, daß die Längen (e) der verschiedenen Theilen so weit von einander abliegen, und sonst durch kein gemeinschaftliches Band, als durch die Dazwischenkunft der Gefässe zusammengehängt wor- den, dennoch in so viel tausend Menschen unter sich ge- wisse beständige Verhältnisse haben, und folglich sichere Maßstäbe der Schönheit abgeben: ich rechne endlich auch die vollkommene Simmetrie der äusserlichen Theile hieher, da die rechte Seite mit der linken übereinstim- mig ist, und es erregt dieses bey uns eine desto grössere Verwunderung, weil die inwendigen Theile, welche dem Gesichte nicht unterworfen sind, keine Simmetrie gegen einander äussern, folglich die inwendigen Gefässe auf vie- (f)
lerlei
(b)[Spaltenumbruch]
Die Kehle bei einem im Walde erzognen Knaben vom Blö- ken weit. TULP. L. IV c. 10. der Daume grösser an einem Mägd- chen unter dem ESQUIMAUIC. Algem Magaz. T. VII.
(c)SAUVAGES Phisiol. p. 183. et vid. L. VII. p. 434. 435. add. [Spaltenumbruch]
PERRAULT. de la regenerat. p. 14. 15.
(d)L. XXIV. p. 120. 121.
(e) Siehe bei dem ALBERT. DURER. J. Sigm. ELSHOLZ &c.
(f)WOLF Absicht p. 17.
H h h 5
I. Abſ. Das Wachſen des Koͤrpers.
lich von denen verſchiedenen Affekten herruͤhret, oder ein ungleiches Wachſen der Knochen des Angeſichts zum Grunde hat, oder welches auch von der Verſchiedenheit der Voͤlkerſchaft herruͤhret: ich erwaͤhne nicht die Um- bildung der Theile von verſchiedenen Geſchaͤften oder durch Kuͤnſteleyen (b): ich uͤbergehe den Streit wegen der Ab- ſonderungsgefaͤſſe (c), die erſt nach der Geburt zu wach- ſen anfangen, und davon ich bei anderer Gelegenheit bereits Erwaͤhnung gethan habe; ſo beſchreibe ich auch nicht die neuen Umbildungen des Grimmdarms (d), des Blinddarms, des Magens, und der geſammten Hirn- ſchale; indem ich bereits vieles davon bey einer andern Gelegenheit beruͤhret habe.
Schon mehr Gewalt koſtet es mir, daß ich die voll- kommen ſchoͤne Simmetrie vergeſſen ſoll, welche die Na- tur an den Theilen des menſchlichen Koͤrpers hervorge- bracht, und welche Urſach iſt, daß die Laͤngen (e) der verſchiedenen Theilen ſo weit von einander abliegen, und ſonſt durch kein gemeinſchaftliches Band, als durch die Dazwiſchenkunft der Gefaͤſſe zuſammengehaͤngt wor- den, dennoch in ſo viel tauſend Menſchen unter ſich ge- wiſſe beſtaͤndige Verhaͤltniſſe haben, und folglich ſichere Maßſtaͤbe der Schoͤnheit abgeben: ich rechne endlich auch die vollkommene Simmetrie der aͤuſſerlichen Theile hieher, da die rechte Seite mit der linken uͤbereinſtim- mig iſt, und es erregt dieſes bey uns eine deſto groͤſſere Verwunderung, weil die inwendigen Theile, welche dem Geſichte nicht unterworfen ſind, keine Simmetrie gegen einander aͤuſſern, folglich die inwendigen Gefaͤſſe auf vie- (f)
lerlei
(b)[Spaltenumbruch]
Die Kehle bei einem im Walde erzognen Knaben vom Bloͤ- ken weit. TULP. L. IV c. 10. der Daume groͤſſer an einem Maͤgd- chen unter dem ESQUIMAUIC. Algem Magaz. T. VII.
(c)SAUVAGES Phiſiol. p. 183. et vid. L. VII. p. 434. 435. add. [Spaltenumbruch]
PERRAULT. de la regenerat. p. 14. 15.
(d)L. XXIV. p. 120. 121.
(e) Siehe bei dem ALBERT. DURER. J. Sigm. ELSHOLZ &c.
(f)WOLF Abſicht p. 17.
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[855[857]/0909]
I. Abſ. Das Wachſen des Koͤrpers.
lich von denen verſchiedenen Affekten herruͤhret, oder ein
ungleiches Wachſen der Knochen des Angeſichts zum
Grunde hat, oder welches auch von der Verſchiedenheit
der Voͤlkerſchaft herruͤhret: ich erwaͤhne nicht die Um-
bildung der Theile von verſchiedenen Geſchaͤften oder durch
Kuͤnſteleyen (b): ich uͤbergehe den Streit wegen der Ab-
ſonderungsgefaͤſſe (c), die erſt nach der Geburt zu wach-
ſen anfangen, und davon ich bei anderer Gelegenheit
bereits Erwaͤhnung gethan habe; ſo beſchreibe ich auch
nicht die neuen Umbildungen des Grimmdarms (d), des
Blinddarms, des Magens, und der geſammten Hirn-
ſchale; indem ich bereits vieles davon bey einer andern
Gelegenheit beruͤhret habe.
Schon mehr Gewalt koſtet es mir, daß ich die voll-
kommen ſchoͤne Simmetrie vergeſſen ſoll, welche die Na-
tur an den Theilen des menſchlichen Koͤrpers hervorge-
bracht, und welche Urſach iſt, daß die Laͤngen (e) der
verſchiedenen Theilen ſo weit von einander abliegen, und
ſonſt durch kein gemeinſchaftliches Band, als durch
die Dazwiſchenkunft der Gefaͤſſe zuſammengehaͤngt wor-
den, dennoch in ſo viel tauſend Menſchen unter ſich ge-
wiſſe beſtaͤndige Verhaͤltniſſe haben, und folglich ſichere
Maßſtaͤbe der Schoͤnheit abgeben: ich rechne endlich
auch die vollkommene Simmetrie der aͤuſſerlichen Theile
hieher, da die rechte Seite mit der linken uͤbereinſtim-
mig iſt, und es erregt dieſes bey uns eine deſto groͤſſere
Verwunderung, weil die inwendigen Theile, welche dem
Geſichte nicht unterworfen ſind, keine Simmetrie gegen
einander aͤuſſern, folglich die inwendigen Gefaͤſſe auf vie-
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(b)
Die Kehle bei einem im
Walde erzognen Knaben vom Bloͤ-
ken weit. TULP. L. IV c. 10. der
Daume groͤſſer an einem Maͤgd-
chen unter dem ESQUIMAUIC.
Algem Magaz. T. VII.
(c) SAUVAGES Phiſiol. p. 183.
et vid. L. VII. p. 434. 435. add.
PERRAULT. de la regenerat. p.
14. 15.
(d) L. XXIV. p. 120. 121.
(e) Siehe bei dem ALBERT.
DURER. J. Sigm. ELSHOLZ &c.
(f) WOLF Abſicht p. 17.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 855[857]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/909>, abgerufen am 22.11.2024.
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