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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

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Leben u. Tod der Menschen. XXX. B.
ländern zusammen gränzende Amerikaner vielmehr eine
niedrigere Statur als die Europäer haben.

Die Bemühungen des J. Sylvius (z), welcher
uns ein kürzeres Brustbein als den Römern gab, um
nur die Gallenische Länge der Holader in der Brust
entschuldigen zu können, fertigt Eustachius leicht mit
Gründen von eben dieser Art ab.

Sollte die Natur hierinnen einige Vorrechte besizzen,
so möchte es vielleicht auf eine gemäßigte kalte Himmels-
gegend ankommen. Die Jtaliäner sind nicht lang ge-
wachsen: die Römer wurden von den Galliern an Lei-
beslänge übertroffen, und es sind die Mohren, welche
wir zu Gesichte bekommen, um etwas kleiner als wir.

Jn der äussersten Kälte, und in der unermeßlichen
Gegend des Nordstriches, von der Hudsonsbucht an,
in Grönland, Lappland, in Somojädien (a), bei den
Ostiaken, Jukagiren, Jacuten, bis zu den Körjäcen
und Kurilen ist die gewöhnliche Leibeslänge allemal klein.

Wenn man die Ursache untersuchen wollte, warum
entweder einige Menschen, oder einige Völker ein grös-
seres Maaß von Statur erreichen, so finde ich überhaupt,
daß ein Mensch alsdenn groß werde, wenn er einen Ueber-
fluß an Nahrungsmitteln, biegsame Theile des Körpers
hat, und wenn sein Herz nicht sehr geschwinde schlägt:
indem eine grössere Geschwindigkeit des Umlaufes das
Beförderungsmittel zur Steifigkeit ist. Man fühlte an
denen Riesen, welche wir vor kurzen sahen, nur sehr
wenige Pulsschläge, und etwa bis fünf und funfzig (b),
diese Leute waren schwächlich (c), sie lebten nicht lange (d),

und
(z) [Spaltenumbruch] Isag. p. 54. Calumn. VII.
XVII.
(a) p. 40.
(b) MACGRATHI es waren
sechszig Pulsschlage. CAIANO
[Spaltenumbruch] Pulse 55. Lond. Chronic. loc. cit.
add. L VI. p.
262.
(c) Ein schwacher Riese G.
BIANCHI l. c.
schwach MAC-
GRATH.
(d) C. MACGRATH.

Leben u. Tod der Menſchen. XXX. B.
laͤndern zuſammen graͤnzende Amerikaner vielmehr eine
niedrigere Statur als die Europaͤer haben.

Die Bemuͤhungen des J. Sylvius (z), welcher
uns ein kuͤrzeres Bruſtbein als den Roͤmern gab, um
nur die Galleniſche Laͤnge der Holader in der Bruſt
entſchuldigen zu koͤnnen, fertigt Euſtachius leicht mit
Gruͤnden von eben dieſer Art ab.

Sollte die Natur hierinnen einige Vorrechte beſizzen,
ſo moͤchte es vielleicht auf eine gemaͤßigte kalte Himmels-
gegend ankommen. Die Jtaliaͤner ſind nicht lang ge-
wachſen: die Roͤmer wurden von den Galliern an Lei-
beslaͤnge uͤbertroffen, und es ſind die Mohren, welche
wir zu Geſichte bekommen, um etwas kleiner als wir.

Jn der aͤuſſerſten Kaͤlte, und in der unermeßlichen
Gegend des Nordſtriches, von der Hudſonsbucht an,
in Groͤnland, Lappland, in Somojaͤdien (a), bei den
Oſtiaken, Jukagiren, Jacuten, bis zu den Koͤrjaͤcen
und Kurilen iſt die gewoͤhnliche Leibeslaͤnge allemal klein.

Wenn man die Urſache unterſuchen wollte, warum
entweder einige Menſchen, oder einige Voͤlker ein groͤſ-
ſeres Maaß von Statur erreichen, ſo finde ich uͤberhaupt,
daß ein Menſch alsdenn groß werde, wenn er einen Ueber-
fluß an Nahrungsmitteln, biegſame Theile des Koͤrpers
hat, und wenn ſein Herz nicht ſehr geſchwinde ſchlaͤgt:
indem eine groͤſſere Geſchwindigkeit des Umlaufes das
Befoͤrderungsmittel zur Steifigkeit iſt. Man fuͤhlte an
denen Rieſen, welche wir vor kurzen ſahen, nur ſehr
wenige Pulsſchlaͤge, und etwa bis fuͤnf und funfzig (b),
dieſe Leute waren ſchwaͤchlich (c), ſie lebten nicht lange (d),

und
(z) [Spaltenumbruch] Iſag. p. 54. Calumn. VII.
XVII.
(a) p. 40.
(b) MACGRATHI es waren
ſechszig Pulsſchlage. CAIANO
[Spaltenumbruch] Pulſe 55. Lond. Chronic. loc. cit.
add. L VI. p.
262.
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[850[852]/0904] Leben u. Tod der Menſchen. XXX. B. laͤndern zuſammen graͤnzende Amerikaner vielmehr eine niedrigere Statur als die Europaͤer haben. Die Bemuͤhungen des J. Sylvius (z), welcher uns ein kuͤrzeres Bruſtbein als den Roͤmern gab, um nur die Galleniſche Laͤnge der Holader in der Bruſt entſchuldigen zu koͤnnen, fertigt Euſtachius leicht mit Gruͤnden von eben dieſer Art ab. Sollte die Natur hierinnen einige Vorrechte beſizzen, ſo moͤchte es vielleicht auf eine gemaͤßigte kalte Himmels- gegend ankommen. Die Jtaliaͤner ſind nicht lang ge- wachſen: die Roͤmer wurden von den Galliern an Lei- beslaͤnge uͤbertroffen, und es ſind die Mohren, welche wir zu Geſichte bekommen, um etwas kleiner als wir. Jn der aͤuſſerſten Kaͤlte, und in der unermeßlichen Gegend des Nordſtriches, von der Hudſonsbucht an, in Groͤnland, Lappland, in Somojaͤdien (a), bei den Oſtiaken, Jukagiren, Jacuten, bis zu den Koͤrjaͤcen und Kurilen iſt die gewoͤhnliche Leibeslaͤnge allemal klein. Wenn man die Urſache unterſuchen wollte, warum entweder einige Menſchen, oder einige Voͤlker ein groͤſ- ſeres Maaß von Statur erreichen, ſo finde ich uͤberhaupt, daß ein Menſch alsdenn groß werde, wenn er einen Ueber- fluß an Nahrungsmitteln, biegſame Theile des Koͤrpers hat, und wenn ſein Herz nicht ſehr geſchwinde ſchlaͤgt: indem eine groͤſſere Geſchwindigkeit des Umlaufes das Befoͤrderungsmittel zur Steifigkeit iſt. Man fuͤhlte an denen Rieſen, welche wir vor kurzen ſahen, nur ſehr wenige Pulsſchlaͤge, und etwa bis fuͤnf und funfzig (b), dieſe Leute waren ſchwaͤchlich (c), ſie lebten nicht lange (d), und (z) Iſag. p. 54. Calumn. VII. XVII. (a) p. 40. (b) MACGRATHI es waren ſechszig Pulsſchlage. CAIANO Pulſe 55. Lond. Chronic. loc. cit. add. L VI. p. 262. (c) Ein ſchwacher Rieſe G. BIANCHI l. c. ſchwach MAC- GRATH. (d) C. MACGRATH.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 850[852]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/904>, abgerufen am 25.11.2024.