Thiere (k) fruchtbarer als die lebendig gebärenden sind, weil, wie ich vermuthe, weniger Arbeit dazu gehört, die ungemein zarte Frucht bis zu der ersten Stuffe des Le- bens reif machen zu helfen, dahingegen die Weibchen un- ter denen Lebendiggebärenden schon mehr Arbeit haben, indem sie ihre Frucht in einer solchen Beschaffenheit an die Welt bringen, als selbige aus dem Ei der Eierlegen- den auskriecht, und welche in keinem Stükke unvollkom- mener oder weniger geschikkt ist, Nahrung zu nehmen.
Unglaublich groß ist die Fruchtbarkeit der Fische (l), welche ihre eigene Klasse nicht verschonen, und so zahl- reich ist auch die Befruchtung der Jnsekten. Es hat aber der Schöpfer, welcher für alles gesorgt, diejenigen Thiere fruchtbarer seyn lassen, welche mehr Gefahren auszustehen haben, welche wegen ihres kleinen Körpers allen Angriffen ausgesetzt sind, oder welche sich nur mit grosser Mühe ihr Futter suchen müssen. So ist das Geschlecht der Ochsen, und die vollkommen unschuldige Familie der Schafe, welche ihre Art unmöglich erhalten würden, wofern sie der Mensch nicht in seinem Schutz nimmt (n), ein viel zahlreicheres Heer, als das Heer der Wölfe, welches doch viel gebärende Thiere sind.
Da sie auch als krautfressende Thiere keine saftigen Speisen geniessen; so können sie keine zahlreiche Jungen ernähren, der Schöpfer läßt ihnen also durch das leichte Finden der Nahrung seinen Schutz angedeihen, und die ganze Welt kleidet sich von ihnen ohne viele Mühe, in- dessen daß die fleischfressenden Thiere genöthigt sind, als (m)
Krie-
(k)[Spaltenumbruch]BUFFON II. p. 307.
(l)FANTON p. 211. Der Blackfisch hat 39760 Junge RO- HADSCH animal. marin. p. 61.
(n) Man versuchte in Frankreich Schafe auf freyen Feldern, ohne Hütung zu erziehen, doch ohne Erfolg.
(m) Die Biene legt fast unzäh- lige Eier SWAMMERDAM bibl. p. 471. Von einer Laus würden in funf Zeugungen entstehen und wachsen 5. 904. 900.000. BON- NET bei dem REAUMOR T. VI. [Spaltenumbruch]
p. 566. wenn keins umkäme. Da- her legen die meisten Schaalenthie- re, und so auch die Jnsekten in ih- ren weitläuftigen Geschlechtern, Eyer. BONNET corps organises II. p. 153.
V. Abſ. Die Geburt.
Thiere (k) fruchtbarer als die lebendig gebaͤrenden ſind, weil, wie ich vermuthe, weniger Arbeit dazu gehoͤrt, die ungemein zarte Frucht bis zu der erſten Stuffe des Le- bens reif machen zu helfen, dahingegen die Weibchen un- ter denen Lebendiggebaͤrenden ſchon mehr Arbeit haben, indem ſie ihre Frucht in einer ſolchen Beſchaffenheit an die Welt bringen, als ſelbige aus dem Ei der Eierlegen- den auskriecht, und welche in keinem Stuͤkke unvollkom- mener oder weniger geſchikkt iſt, Nahrung zu nehmen.
Unglaublich groß iſt die Fruchtbarkeit der Fiſche (l), welche ihre eigene Klaſſe nicht verſchonen, und ſo zahl- reich iſt auch die Befruchtung der Jnſekten. Es hat aber der Schoͤpfer, welcher fuͤr alles geſorgt, diejenigen Thiere fruchtbarer ſeyn laſſen, welche mehr Gefahren auszuſtehen haben, welche wegen ihres kleinen Koͤrpers allen Angriffen ausgeſetzt ſind, oder welche ſich nur mit groſſer Muͤhe ihr Futter ſuchen muͤſſen. So iſt das Geſchlecht der Ochſen, und die vollkommen unſchuldige Familie der Schafe, welche ihre Art unmoͤglich erhalten wuͤrden, wofern ſie der Menſch nicht in ſeinem Schutz nimmt (n), ein viel zahlreicheres Heer, als das Heer der Woͤlfe, welches doch viel gebaͤrende Thiere ſind.
Da ſie auch als krautfreſſende Thiere keine ſaftigen Speiſen genieſſen; ſo koͤnnen ſie keine zahlreiche Jungen ernaͤhren, der Schoͤpfer laͤßt ihnen alſo durch das leichte Finden der Nahrung ſeinen Schutz angedeihen, und die ganze Welt kleidet ſich von ihnen ohne viele Muͤhe, in- deſſen daß die fleiſchfreſſenden Thiere genoͤthigt ſind, als (m)
Krie-
(k)[Spaltenumbruch]BUFFON II. p. 307.
(l)FANTON p. 211. Der Blackfiſch hat 39760 Junge RO- HADSCH animal. marin. p. 61.
(n) Man verſuchte in Frankreich Schafe auf freyen Feldern, ohne Huͤtung zu erziehen, doch ohne Erfolg.
(m) Die Biene legt faſt unzaͤh- lige Eier SWAMMERDAM bibl. p. 471. Von einer Laus wuͤrden in funf Zeugungen entſtehen und wachſen 5. 904. 900.000. BON- NET bei dem REAUMOR T. VI. [Spaltenumbruch]
p. 566. wenn keins umkaͤme. Da- her legen die meiſten Schaalenthie- re, und ſo auch die Jnſekten in ih- ren weitlaͤuftigen Geſchlechtern, Eyer. BONNET corps organiſes II. p. 153.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0817"n="763[765]"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">V.</hi> Abſ. Die Geburt.</hi></fw><lb/>
Thiere <noteplace="foot"n="(k)"><cb/><hirendition="#aq">BUFFON II. p.</hi> 307.</note> fruchtbarer als die lebendig gebaͤrenden ſind,<lb/>
weil, wie ich vermuthe, weniger Arbeit dazu gehoͤrt, die<lb/>
ungemein zarte Frucht bis zu der erſten Stuffe des Le-<lb/>
bens reif machen zu helfen, dahingegen die Weibchen un-<lb/>
ter denen Lebendiggebaͤrenden ſchon mehr Arbeit haben,<lb/>
indem ſie ihre Frucht in einer ſolchen Beſchaffenheit an<lb/>
die Welt bringen, als ſelbige aus dem Ei der Eierlegen-<lb/>
den auskriecht, und welche in keinem Stuͤkke unvollkom-<lb/>
mener oder weniger geſchikkt iſt, Nahrung zu nehmen.</p><lb/><p>Unglaublich groß iſt die Fruchtbarkeit der Fiſche <noteplace="foot"n="(l)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">FANTON</hi> p.</hi> 211. Der<lb/>
Blackfiſch hat 39760 Junge <hirendition="#aq">RO-<lb/>
HADSCH animal. marin. p.</hi> 61.</note>,<lb/>
welche ihre eigene Klaſſe nicht verſchonen, und ſo zahl-<lb/>
reich iſt auch die Befruchtung der Jnſekten. Es hat<lb/>
aber der Schoͤpfer, welcher fuͤr alles geſorgt, diejenigen<lb/>
Thiere fruchtbarer ſeyn laſſen, welche mehr Gefahren<lb/>
auszuſtehen haben, welche wegen ihres kleinen Koͤrpers<lb/>
allen Angriffen ausgeſetzt ſind, oder welche ſich nur mit<lb/>
groſſer Muͤhe ihr Futter ſuchen muͤſſen. So iſt das<lb/>
Geſchlecht der Ochſen, und die vollkommen unſchuldige<lb/>
Familie der Schafe, welche ihre Art unmoͤglich erhalten<lb/>
wuͤrden, wofern ſie der Menſch nicht in ſeinem Schutz<lb/>
nimmt <noteplace="foot"n="(n)">Man verſuchte in Frankreich<lb/>
Schafe auf freyen Feldern, ohne<lb/>
Huͤtung zu erziehen, doch ohne<lb/>
Erfolg.</note>, ein viel zahlreicheres Heer, als das Heer<lb/>
der Woͤlfe, welches doch viel gebaͤrende Thiere ſind.</p><lb/><p>Da ſie auch als krautfreſſende Thiere keine ſaftigen<lb/>
Speiſen genieſſen; ſo koͤnnen ſie keine zahlreiche Jungen<lb/>
ernaͤhren, der Schoͤpfer laͤßt ihnen alſo durch das leichte<lb/>
Finden der Nahrung ſeinen Schutz angedeihen, und die<lb/>
ganze Welt kleidet ſich von ihnen ohne viele Muͤhe, in-<lb/>
deſſen daß die fleiſchfreſſenden Thiere genoͤthigt ſind, als<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Krie-</fw><lb/><noteplace="foot"n="(m)">Die Biene legt faſt unzaͤh-<lb/>
lige Eier <hirendition="#aq">SWAMMERDAM bibl.<lb/>
p.</hi> 471. Von einer Laus wuͤrden<lb/>
in funf Zeugungen entſtehen und<lb/>
wachſen 5. 904. 900.000. <hirendition="#aq">BON-<lb/>
NET</hi> bei dem <hirendition="#aq">REAUMOR T. VI.<lb/><cb/>
p.</hi> 566. wenn keins umkaͤme. Da-<lb/>
her legen die meiſten Schaalenthie-<lb/>
re, und ſo auch die Jnſekten in ih-<lb/>
ren weitlaͤuftigen Geſchlechtern,<lb/>
Eyer. <hirendition="#aq">BONNET corps organiſes<lb/>
II. p.</hi> 153.</note><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[763[765]/0817]
V. Abſ. Die Geburt.
Thiere (k) fruchtbarer als die lebendig gebaͤrenden ſind,
weil, wie ich vermuthe, weniger Arbeit dazu gehoͤrt, die
ungemein zarte Frucht bis zu der erſten Stuffe des Le-
bens reif machen zu helfen, dahingegen die Weibchen un-
ter denen Lebendiggebaͤrenden ſchon mehr Arbeit haben,
indem ſie ihre Frucht in einer ſolchen Beſchaffenheit an
die Welt bringen, als ſelbige aus dem Ei der Eierlegen-
den auskriecht, und welche in keinem Stuͤkke unvollkom-
mener oder weniger geſchikkt iſt, Nahrung zu nehmen.
Unglaublich groß iſt die Fruchtbarkeit der Fiſche (l),
welche ihre eigene Klaſſe nicht verſchonen, und ſo zahl-
reich iſt auch die Befruchtung der Jnſekten. Es hat
aber der Schoͤpfer, welcher fuͤr alles geſorgt, diejenigen
Thiere fruchtbarer ſeyn laſſen, welche mehr Gefahren
auszuſtehen haben, welche wegen ihres kleinen Koͤrpers
allen Angriffen ausgeſetzt ſind, oder welche ſich nur mit
groſſer Muͤhe ihr Futter ſuchen muͤſſen. So iſt das
Geſchlecht der Ochſen, und die vollkommen unſchuldige
Familie der Schafe, welche ihre Art unmoͤglich erhalten
wuͤrden, wofern ſie der Menſch nicht in ſeinem Schutz
nimmt (n), ein viel zahlreicheres Heer, als das Heer
der Woͤlfe, welches doch viel gebaͤrende Thiere ſind.
Da ſie auch als krautfreſſende Thiere keine ſaftigen
Speiſen genieſſen; ſo koͤnnen ſie keine zahlreiche Jungen
ernaͤhren, der Schoͤpfer laͤßt ihnen alſo durch das leichte
Finden der Nahrung ſeinen Schutz angedeihen, und die
ganze Welt kleidet ſich von ihnen ohne viele Muͤhe, in-
deſſen daß die fleiſchfreſſenden Thiere genoͤthigt ſind, als
Krie-
(m)
(k)
BUFFON II. p. 307.
(l) FANTON p. 211. Der
Blackfiſch hat 39760 Junge RO-
HADSCH animal. marin. p. 61.
(n) Man verſuchte in Frankreich
Schafe auf freyen Feldern, ohne
Huͤtung zu erziehen, doch ohne
Erfolg.
(m) Die Biene legt faſt unzaͤh-
lige Eier SWAMMERDAM bibl.
p. 471. Von einer Laus wuͤrden
in funf Zeugungen entſtehen und
wachſen 5. 904. 900.000. BON-
NET bei dem REAUMOR T. VI.
p. 566. wenn keins umkaͤme. Da-
her legen die meiſten Schaalenthie-
re, und ſo auch die Jnſekten in ih-
ren weitlaͤuftigen Geſchlechtern,
Eyer. BONNET corps organiſes
II. p. 153.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 763[765]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/817>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.
