Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Frucht. XXIX. B.
zu, es sey denn, daß dieses Zusammenziehen von der
äussersten Schwäche (e), indem die Gebärmutter welk
ist, gehindert werde. Folglich wird das Blut, welches
sich mit grosser Lebhaftigkeit ergiest, und der Kuchen (f)
in der Gebärmutter zurücke gehalten (g), er gehet in
die Fäulniß über, und diese ist jederzeit gefährlich, man
mag gleich wider selbige noch so viele Mittel anwenden
als man will.

Dieses sind nun die Ursachen, warum man so sehr
zu wünschen hat, daß sich die Gebärmutter den Augen-
blick nach der Geburt, sowol von dem Kuchen, als von
allen übrigen fremden Körpern entledigen möge.

Bei so wichtigen Gefahren verdient es kaum noch
angemerkt zu werden, daß die Blutklümpe viele Be-
schwerlichkeit bei sich führen, daß sie die Gebärmutter,
diesen Theil, welcher so eine scharfe Empfindung hat,
sobald er sich zusammenzieht, und die Blutklümpe zu be-
rühren anfängt, reizzen, und die vornehmste Ursach von
denenjenigen Schmerzen werden (h), welche mehr als
zu oft den Kindbetterinnen nach der Geburt zur Last
fallen.

Da die Natur alle Dinge mit so viel Weisheit ein-
gerichtet hat, so führt das Uebel selbst seine Arzeneien bei
sich. Es stösset nemlich die gereizte Gebärmutter, Kraft
der erregten Schmerzen, diese Blutklümpe aus der Ge-
bärmutter fort. Jndessen fährt die Reinigung der Kind-
betterinnen zu fliessen fort, ob dieses gleich immer schwä-
cher und schwächer geschieht, sie siehet immer wäßriger

aus,
(e) [Spaltenumbruch] HARVEI p. 274. der ute-
rus
war bei einer schnächlichen
Frau, welk wie ein Sakk. SMEL-
LIE III. p.
170. 171. 494. 496.
(f) Um den Kuchen hatte sich
der Muttermund zusammengezogen
MAURICEAU p. 251. 257. DE-
[Spaltenumbruch] VENTER p. 44. La MOTTE p.

396.
(g) Mit Blutklümpen HAR-
VEI p.
275.
(h) Conf. LOBB. painful. di-
seus l. p.
228. da die Hälfte des
uterus verkehrt war. RIECKE
p.
92.

Die Frucht. XXIX. B.
zu, es ſey denn, daß dieſes Zuſammenziehen von der
aͤuſſerſten Schwaͤche (e), indem die Gebaͤrmutter welk
iſt, gehindert werde. Folglich wird das Blut, welches
ſich mit groſſer Lebhaftigkeit ergieſt, und der Kuchen (f)
in der Gebaͤrmutter zuruͤcke gehalten (g), er gehet in
die Faͤulniß uͤber, und dieſe iſt jederzeit gefaͤhrlich, man
mag gleich wider ſelbige noch ſo viele Mittel anwenden
als man will.

Dieſes ſind nun die Urſachen, warum man ſo ſehr
zu wuͤnſchen hat, daß ſich die Gebaͤrmutter den Augen-
blick nach der Geburt, ſowol von dem Kuchen, als von
allen uͤbrigen fremden Koͤrpern entledigen moͤge.

Bei ſo wichtigen Gefahren verdient es kaum noch
angemerkt zu werden, daß die Blutkluͤmpe viele Be-
ſchwerlichkeit bei ſich fuͤhren, daß ſie die Gebaͤrmutter,
dieſen Theil, welcher ſo eine ſcharfe Empfindung hat,
ſobald er ſich zuſammenzieht, und die Blutkluͤmpe zu be-
ruͤhren anfaͤngt, reizzen, und die vornehmſte Urſach von
denenjenigen Schmerzen werden (h), welche mehr als
zu oft den Kindbetterinnen nach der Geburt zur Laſt
fallen.

Da die Natur alle Dinge mit ſo viel Weisheit ein-
gerichtet hat, ſo fuͤhrt das Uebel ſelbſt ſeine Arzeneien bei
ſich. Es ſtoͤſſet nemlich die gereizte Gebaͤrmutter, Kraft
der erregten Schmerzen, dieſe Blutkluͤmpe aus der Ge-
baͤrmutter fort. Jndeſſen faͤhrt die Reinigung der Kind-
betterinnen zu flieſſen fort, ob dieſes gleich immer ſchwaͤ-
cher und ſchwaͤcher geſchieht, ſie ſiehet immer waͤßriger

aus,
(e) [Spaltenumbruch] HARVEI p. 274. der ute-
rus
war bei einer ſchnaͤchlichen
Frau, welk wie ein Sakk. SMEL-
LIE III. p.
170. 171. 494. 496.
(f) Um den Kuchen hatte ſich
der Muttermund zuſammengezogen
MAURICEAU p. 251. 257. DE-
[Spaltenumbruch] VENTER p. 44. La MOTTE p.

396.
(g) Mit Blutkluͤmpen HAR-
VEI p.
275.
(h) Conf. LOBB. painful. di-
ſeus l. p.
228. da die Haͤlfte des
uterus verkehrt war. RIECKE
p.
92.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0808" n="754[756]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Frucht. <hi rendition="#aq">XXIX.</hi> B.</hi></fw><lb/>
zu, es &#x017F;ey denn, daß die&#x017F;es Zu&#x017F;ammenziehen von der<lb/>
a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten Schwa&#x0364;che <note place="foot" n="(e)"><cb/><hi rendition="#aq">HARVEI p.</hi> 274. der <hi rendition="#aq">ute-<lb/>
rus</hi> war bei einer &#x017F;chna&#x0364;chlichen<lb/>
Frau, welk wie ein Sakk. <hi rendition="#aq">SMEL-<lb/>
LIE III. p.</hi> 170. 171. 494. 496.</note>, indem die Geba&#x0364;rmutter welk<lb/>
i&#x017F;t, gehindert werde. Folglich wird das Blut, welches<lb/>
&#x017F;ich mit gro&#x017F;&#x017F;er Lebhaftigkeit ergie&#x017F;t, und der Kuchen <note place="foot" n="(f)">Um den Kuchen hatte &#x017F;ich<lb/>
der Muttermund zu&#x017F;ammengezogen<lb/><hi rendition="#aq">MAURICEAU p. 251. 257. DE-<lb/><cb/>
VENTER p. 44. La MOTTE p.</hi><lb/>
396.</note><lb/>
in der Geba&#x0364;rmutter zuru&#x0364;cke gehalten <note place="foot" n="(g)">Mit Blutklu&#x0364;mpen <hi rendition="#aq">HAR-<lb/>
VEI p.</hi> 275.</note>, er gehet in<lb/>
die Fa&#x0364;ulniß u&#x0364;ber, und die&#x017F;e i&#x017F;t jederzeit gefa&#x0364;hrlich, man<lb/>
mag gleich wider &#x017F;elbige noch &#x017F;o viele Mittel anwenden<lb/>
als man will.</p><lb/>
              <p>Die&#x017F;es &#x017F;ind nun die Ur&#x017F;achen, warum man &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/>
zu wu&#x0364;n&#x017F;chen hat, daß &#x017F;ich die Geba&#x0364;rmutter den Augen-<lb/>
blick nach der Geburt, &#x017F;owol von dem Kuchen, als von<lb/>
allen u&#x0364;brigen fremden Ko&#x0364;rpern entledigen mo&#x0364;ge.</p><lb/>
              <p>Bei &#x017F;o wichtigen Gefahren verdient es kaum noch<lb/>
angemerkt zu werden, daß die Blutklu&#x0364;mpe viele Be-<lb/>
&#x017F;chwerlichkeit bei &#x017F;ich fu&#x0364;hren, daß &#x017F;ie die Geba&#x0364;rmutter,<lb/>
die&#x017F;en Theil, welcher &#x017F;o eine &#x017F;charfe Empfindung hat,<lb/>
&#x017F;obald er &#x017F;ich zu&#x017F;ammenzieht, und die Blutklu&#x0364;mpe zu be-<lb/>
ru&#x0364;hren anfa&#x0364;ngt, reizzen, und die vornehm&#x017F;te Ur&#x017F;ach von<lb/>
denenjenigen Schmerzen werden <note place="foot" n="(h)"><hi rendition="#aq">Conf. LOBB. painful. di-<lb/>
&#x017F;eus l. p.</hi> 228. da die Ha&#x0364;lfte des<lb/><hi rendition="#aq">uterus</hi> verkehrt war. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">RIECKE</hi><lb/>
p.</hi> 92.</note>, welche mehr als<lb/>
zu oft den Kindbetterinnen nach der Geburt zur La&#x017F;t<lb/>
fallen.</p><lb/>
              <p>Da die Natur alle Dinge mit &#x017F;o viel Weisheit ein-<lb/>
gerichtet hat, &#x017F;o fu&#x0364;hrt das Uebel &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;eine Arzeneien bei<lb/>
&#x017F;ich. Es &#x017F;to&#x0364;&#x017F;&#x017F;et nemlich die gereizte Geba&#x0364;rmutter, Kraft<lb/>
der erregten Schmerzen, die&#x017F;e Blutklu&#x0364;mpe aus der Ge-<lb/>
ba&#x0364;rmutter fort. Jnde&#x017F;&#x017F;en fa&#x0364;hrt die Reinigung der Kind-<lb/>
betterinnen zu flie&#x017F;&#x017F;en fort, ob die&#x017F;es gleich immer &#x017F;chwa&#x0364;-<lb/>
cher und &#x017F;chwa&#x0364;cher ge&#x017F;chieht, &#x017F;ie &#x017F;iehet immer wa&#x0364;ßriger<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">aus,</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[754[756]/0808] Die Frucht. XXIX. B. zu, es ſey denn, daß dieſes Zuſammenziehen von der aͤuſſerſten Schwaͤche (e), indem die Gebaͤrmutter welk iſt, gehindert werde. Folglich wird das Blut, welches ſich mit groſſer Lebhaftigkeit ergieſt, und der Kuchen (f) in der Gebaͤrmutter zuruͤcke gehalten (g), er gehet in die Faͤulniß uͤber, und dieſe iſt jederzeit gefaͤhrlich, man mag gleich wider ſelbige noch ſo viele Mittel anwenden als man will. Dieſes ſind nun die Urſachen, warum man ſo ſehr zu wuͤnſchen hat, daß ſich die Gebaͤrmutter den Augen- blick nach der Geburt, ſowol von dem Kuchen, als von allen uͤbrigen fremden Koͤrpern entledigen moͤge. Bei ſo wichtigen Gefahren verdient es kaum noch angemerkt zu werden, daß die Blutkluͤmpe viele Be- ſchwerlichkeit bei ſich fuͤhren, daß ſie die Gebaͤrmutter, dieſen Theil, welcher ſo eine ſcharfe Empfindung hat, ſobald er ſich zuſammenzieht, und die Blutkluͤmpe zu be- ruͤhren anfaͤngt, reizzen, und die vornehmſte Urſach von denenjenigen Schmerzen werden (h), welche mehr als zu oft den Kindbetterinnen nach der Geburt zur Laſt fallen. Da die Natur alle Dinge mit ſo viel Weisheit ein- gerichtet hat, ſo fuͤhrt das Uebel ſelbſt ſeine Arzeneien bei ſich. Es ſtoͤſſet nemlich die gereizte Gebaͤrmutter, Kraft der erregten Schmerzen, dieſe Blutkluͤmpe aus der Ge- baͤrmutter fort. Jndeſſen faͤhrt die Reinigung der Kind- betterinnen zu flieſſen fort, ob dieſes gleich immer ſchwaͤ- cher und ſchwaͤcher geſchieht, ſie ſiehet immer waͤßriger aus, (e) HARVEI p. 274. der ute- rus war bei einer ſchnaͤchlichen Frau, welk wie ein Sakk. SMEL- LIE III. p. 170. 171. 494. 496. (f) Um den Kuchen hatte ſich der Muttermund zuſammengezogen MAURICEAU p. 251. 257. DE- VENTER p. 44. La MOTTE p. 396. (g) Mit Blutkluͤmpen HAR- VEI p. 275. (h) Conf. LOBB. painful. di- ſeus l. p. 228. da die Haͤlfte des uterus verkehrt war. RIECKE p. 92.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/808
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 754[756]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/808>, abgerufen am 22.11.2024.