Man darf also nicht erwarten, daß blos eine Frauens- person ihre Geburtsfrist nicht haben sollte: da es ausser- dem Frauenspersonen giebt, welche den Tag ihrer Ge- burt vorhersagen (s).
So erhellet auch daraus, daß die Zeiten der Geburt nicht von geringen Ursachen so leicht verrükkt werden kön- nen, indem die gewöhnliche Zeit meistentheils die Ober- hand hat, obgleich übel gesinnte Mütter ihre Früchte mit heftigen Purgirmitteln angreifen (t). Jch erinnere mich, daß man mir ein Mädchen in die Kur gegeben, welche sich lange Zeit und in starker Dose des Dekokts von Sevensblättern bedient hatte, ohne dadurch die Ge- burt um einen Tag aufhalten zu können, ob sie sich gleich durch diese üble Arznei Husten und Blutspeien zugezogen hatte.
Folglich schreibe ich die meiste Ausschweifungen in der Geburtszeit, der Nothwendigkeit zu, sich eine andere Epoche zu erdichten: bisweilen ist davon die Unverschämt- heit der Frauenspersonen die Ursache, welche so gar in der Ehe, da sie nun keines Betruges mehr benöthigt sind, und sich blos der aussen bleibenden monatlichen Reinigung zu ihrem Maasstabe bedienen, bisweilen viele Monate irrig bleiben, es sei, daß die Schwangerschaft diese Rei- nigung nicht stört, oder daß die Reinigung vor der Em- pfängniß aufgehört (x). Und daher kömmt es auch, daß Männer, welche in der Hebammenkunst erfahren sind, keine Hoffnung äussern, die wahre Zeit der Empfäng- niß bestimmen zu können (y).
(v)
Folg-
(s)[Spaltenumbruch]SCHELHAMMER physiol. p. CCXVI. de part. gener. n. 17. und die Wehemutter an 24 Weibs- personen BROUZET. Educat. me- dic. I. p. 48.
(t)[Spaltenumbruch]H. v. HEERS p. 133. u. s. w. HOFMAN Med. Conf. Dec. IV. c. 6.
(x) Vier AXT. p. 64.
(y)RUYSCH thes. IV. n. 44.
(v)SIEGMUNDIN p. 152.
Die Frucht. XXIX. B.
Man darf alſo nicht erwarten, daß blos eine Frauens- perſon ihre Geburtsfriſt nicht haben ſollte: da es auſſer- dem Frauensperſonen giebt, welche den Tag ihrer Ge- burt vorherſagen (s).
So erhellet auch daraus, daß die Zeiten der Geburt nicht von geringen Urſachen ſo leicht verruͤkkt werden koͤn- nen, indem die gewoͤhnliche Zeit meiſtentheils die Ober- hand hat, obgleich uͤbel geſinnte Muͤtter ihre Fruͤchte mit heftigen Purgirmitteln angreifen (t). Jch erinnere mich, daß man mir ein Maͤdchen in die Kur gegeben, welche ſich lange Zeit und in ſtarker Doſe des Dekokts von Sevensblaͤttern bedient hatte, ohne dadurch die Ge- burt um einen Tag aufhalten zu koͤnnen, ob ſie ſich gleich durch dieſe uͤble Arznei Huſten und Blutſpeien zugezogen hatte.
Folglich ſchreibe ich die meiſte Ausſchweifungen in der Geburtszeit, der Nothwendigkeit zu, ſich eine andere Epoche zu erdichten: bisweilen iſt davon die Unverſchaͤmt- heit der Frauensperſonen die Urſache, welche ſo gar in der Ehe, da ſie nun keines Betruges mehr benoͤthigt ſind, und ſich blos der auſſen bleibenden monatlichen Reinigung zu ihrem Maasſtabe bedienen, bisweilen viele Monate irrig bleiben, es ſei, daß die Schwangerſchaft dieſe Rei- nigung nicht ſtoͤrt, oder daß die Reinigung vor der Em- pfaͤngniß aufgehoͤrt (x). Und daher koͤmmt es auch, daß Maͤnner, welche in der Hebammenkunſt erfahren ſind, keine Hoffnung aͤuſſern, die wahre Zeit der Empfaͤng- niß beſtimmen zu koͤnnen (y).
(v)
Folg-
(s)[Spaltenumbruch]SCHELHAMMER phyſiol. p. CCXVI. de part. gener. n. 17. und die Wehemutter an 24 Weibs- perſonen BROUZET. Educat. me- dic. I. p. 48.
(t)[Spaltenumbruch]H. v. HEERS p. 133. u. ſ. w. HOFMAN Med. Conf. Dec. IV. c. 6.
(x) Vier AXT. p. 64.
(y)RUYSCH theſ. IV. n. 44.
(v)SIEGMUNDIN p. 152.
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[712[714]/0766]
Die Frucht. XXIX. B.
Man darf alſo nicht erwarten, daß blos eine Frauens-
perſon ihre Geburtsfriſt nicht haben ſollte: da es auſſer-
dem Frauensperſonen giebt, welche den Tag ihrer Ge-
burt vorherſagen (s).
So erhellet auch daraus, daß die Zeiten der Geburt
nicht von geringen Urſachen ſo leicht verruͤkkt werden koͤn-
nen, indem die gewoͤhnliche Zeit meiſtentheils die Ober-
hand hat, obgleich uͤbel geſinnte Muͤtter ihre Fruͤchte
mit heftigen Purgirmitteln angreifen (t). Jch erinnere
mich, daß man mir ein Maͤdchen in die Kur gegeben,
welche ſich lange Zeit und in ſtarker Doſe des Dekokts
von Sevensblaͤttern bedient hatte, ohne dadurch die Ge-
burt um einen Tag aufhalten zu koͤnnen, ob ſie ſich gleich
durch dieſe uͤble Arznei Huſten und Blutſpeien zugezogen
hatte.
Folglich ſchreibe ich die meiſte Ausſchweifungen in der
Geburtszeit, der Nothwendigkeit zu, ſich eine andere
Epoche zu erdichten: bisweilen iſt davon die Unverſchaͤmt-
heit der Frauensperſonen die Urſache, welche ſo gar in
der Ehe, da ſie nun keines Betruges mehr benoͤthigt ſind,
und ſich blos der auſſen bleibenden monatlichen Reinigung
zu ihrem Maasſtabe bedienen, bisweilen viele Monate
irrig bleiben, es ſei, daß die Schwangerſchaft dieſe Rei-
nigung nicht ſtoͤrt, oder daß die Reinigung vor der Em-
pfaͤngniß aufgehoͤrt (x). Und daher koͤmmt es auch, daß
Maͤnner, welche in der Hebammenkunſt erfahren ſind,
keine Hoffnung aͤuſſern, die wahre Zeit der Empfaͤng-
niß beſtimmen zu koͤnnen (y).
Folg-
(v)
(s)
SCHELHAMMER phyſiol.
p. CCXVI. de part. gener. n. 17.
und die Wehemutter an 24 Weibs-
perſonen BROUZET. Educat. me-
dic. I. p. 48.
(t)
H. v. HEERS p. 133. u. ſ. w.
HOFMAN Med. Conf. Dec. IV.
c. 6.
(x) Vier AXT. p. 64.
(y) RUYSCH theſ. IV. n. 44.
(v) SIEGMUNDIN p. 152.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 712[714]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/766>, abgerufen am 22.11.2024.
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