Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

V. Abs. Die Geburt.
daß nicht die Natur nach dieser und jener Seite damit
ausschweifen sollte: indem auch bei Weibspersonen die
reizende Ursachen, die grössere Vollblütigkeit, das Schrek-
ken und andere Fälle die Geburt beschleunigen; so wie
dagegen das Schrekken, der Kummer, die Mattigkeit,
der Mangel an Speise oder eine langsame Krankheit die-
selbe verzögern können. Jn der That war der Sparta-
nerkönig Aristo viel zu strenge, da er den Demara-
tus
aus der Ursache für seinen Sohn nicht erkennen
wollte, weil derselbe vor dem zehnten Monate, von der
Hochzeit an, geboren worden (g).

Ueberhaupt ist es sehr vernunftmäßig zu glauben,
daß diejenige Früchte schwächer sind, welche nicht zu recht-
mäßiger Zeit geboren worden (h).

Man hält daher dafür, daß eine achtmonatliche Ge-
burt (i), welche der neunmonatlichen am nächsten kömmt,
überhaupt (k), und sowol in Egypten (l), als in Grie-
chenland, so wie in unserm nördlichen Europa (m) leben-
dig an die Welt kommen, und dieses verstehet sich auch
von drei Kindern; ja noch ehe, als von den sieben-
monatlichen, ob diese gleich dem Geburtstermine näher
kommen.

Man muß nämlich unter den Fehlern des Verfassers
der Hippokratischen Schriften, auch diesen mit bemer-
ken, nicht, daß selbiger Kinder von sieben Monaten als

Ge-
(g) [Spaltenumbruch] SAIDAS I. p. 538.
(h) VENETTE p. 75.
(i) Wieder die achtmonatliche
Geburten HASENEST medic.
richter IV. p.
128.
(k) Für sie spricht DIOCLES
apud CENSORINUM c. 7. CAR-
DANUS
sie wären nicht schlechter
BOHN offic. med. dupl. p. 628.
630. GOELICKE diss.
und noch
besser CARDAN contradict. VIII.
L. I.
(l) ARISTOTELES.
(m) [Spaltenumbruch] Eine am Leben führet an
MOUSIN hort. p. 336. ARTHU-
RAM HENRICI VIII.
sein Sohn
sei ein achtmonatlich Kind gewesen.
HELD. Auf Naxos wären die
achtmonatliche nicht selten STE-
PHAN. de utbil.
bleiben in Egyp-
ten am Leben. ARISTOT. gener.
anim. L. IV. c. 4. hist. anim. L.
VIII. c.
4. Beispiele davon führt
auch an BLINIUS. MAURfCEAU
p. 205. La MOTTE obs. 70. 71.
72. 73. Eph. Nat. Cur. Vol. IV.
obs. 51. BERGER p.
487.

V. Abſ. Die Geburt.
daß nicht die Natur nach dieſer und jener Seite damit
ausſchweifen ſollte: indem auch bei Weibsperſonen die
reizende Urſachen, die groͤſſere Vollbluͤtigkeit, das Schrek-
ken und andere Faͤlle die Geburt beſchleunigen; ſo wie
dagegen das Schrekken, der Kummer, die Mattigkeit,
der Mangel an Speiſe oder eine langſame Krankheit die-
ſelbe verzoͤgern koͤnnen. Jn der That war der Sparta-
nerkoͤnig Ariſto viel zu ſtrenge, da er den Demara-
tus
aus der Urſache fuͤr ſeinen Sohn nicht erkennen
wollte, weil derſelbe vor dem zehnten Monate, von der
Hochzeit an, geboren worden (g).

Ueberhaupt iſt es ſehr vernunftmaͤßig zu glauben,
daß diejenige Fruͤchte ſchwaͤcher ſind, welche nicht zu recht-
maͤßiger Zeit geboren worden (h).

Man haͤlt daher dafuͤr, daß eine achtmonatliche Ge-
burt (i), welche der neunmonatlichen am naͤchſten koͤmmt,
uͤberhaupt (k), und ſowol in Egypten (l), als in Grie-
chenland, ſo wie in unſerm noͤrdlichen Europa (m) leben-
dig an die Welt kommen, und dieſes verſtehet ſich auch
von drei Kindern; ja noch ehe, als von den ſieben-
monatlichen, ob dieſe gleich dem Geburtstermine naͤher
kommen.

Man muß naͤmlich unter den Fehlern des Verfaſſers
der Hippokratiſchen Schriften, auch dieſen mit bemer-
ken, nicht, daß ſelbiger Kinder von ſieben Monaten als

Ge-
(g) [Spaltenumbruch] SAIDAS I. p. 538.
(h) VENETTE p. 75.
(i) Wieder die achtmonatliche
Geburten HASENEST medic.
richter IV. p.
128.
(k) Fuͤr ſie ſpricht DIOCLES
apud CENSORINUM c. 7. CAR-
DANUS
ſie waͤren nicht ſchlechter
BOHN offic. med. dupl. p. 628.
630. GOELICKE diſſ.
und noch
beſſer CARDAN contradict. VIII.
L. I.
(l) ARISTOTELES.
(m) [Spaltenumbruch] Eine am Leben fuͤhret an
MOUSIN hort. p. 336. ARTHU-
RAM HENRICI VIII.
ſein Sohn
ſei ein achtmonatlich Kind geweſen.
HELD. Auf Naxos waͤren die
achtmonatliche nicht ſelten STE-
PHAN. de utbil.
bleiben in Egyp-
ten am Leben. ARISTOT. gener.
anim. L. IV. c. 4. hiſt. anim. L.
VIII. c.
4. Beiſpiele davon fuͤhrt
auch an BLINIUS. MAURfCEAU
p. 205. La MOTTE obſ. 70. 71.
72. 73. Eph. Nat. Cur. Vol. IV.
obſ. 51. BERGER p.
487.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0755" n="701[703]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">V.</hi> Ab&#x017F;. Die Geburt.</hi></fw><lb/>
daß nicht die Natur nach die&#x017F;er und jener Seite damit<lb/>
aus&#x017F;chweifen &#x017F;ollte: indem auch bei Weibsper&#x017F;onen die<lb/>
reizende Ur&#x017F;achen, die gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ere Vollblu&#x0364;tigkeit, das Schrek-<lb/>
ken und andere Fa&#x0364;lle die Geburt be&#x017F;chleunigen; &#x017F;o wie<lb/>
dagegen das Schrekken, der Kummer, die Mattigkeit,<lb/>
der Mangel an Spei&#x017F;e oder eine lang&#x017F;ame Krankheit die-<lb/>
&#x017F;elbe verzo&#x0364;gern ko&#x0364;nnen. Jn der That war der Sparta-<lb/>
nerko&#x0364;nig <hi rendition="#fr">Ari&#x017F;to</hi> viel zu &#x017F;trenge, da er den <hi rendition="#fr">Demara-<lb/>
tus</hi> aus der Ur&#x017F;ache fu&#x0364;r &#x017F;einen Sohn nicht erkennen<lb/>
wollte, weil der&#x017F;elbe vor dem zehnten Monate, von der<lb/>
Hochzeit an, geboren worden <note place="foot" n="(g)"><cb/><hi rendition="#aq">SAIDAS I. p.</hi> 538.</note>.</p><lb/>
              <p>Ueberhaupt i&#x017F;t es &#x017F;ehr vernunftma&#x0364;ßig zu glauben,<lb/>
daß diejenige Fru&#x0364;chte &#x017F;chwa&#x0364;cher &#x017F;ind, welche nicht zu recht-<lb/>
ma&#x0364;ßiger Zeit geboren worden <note place="foot" n="(h)"><hi rendition="#aq">VENETTE p.</hi> 75.</note>.</p><lb/>
              <p>Man ha&#x0364;lt daher dafu&#x0364;r, daß eine achtmonatliche Ge-<lb/>
burt <note place="foot" n="(i)">Wieder die achtmonatliche<lb/>
Geburten <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">HASENEST</hi> medic.<lb/>
richter IV. p.</hi> 128.</note>, welche der neunmonatlichen am na&#x0364;ch&#x017F;ten ko&#x0364;mmt,<lb/>
u&#x0364;berhaupt <note place="foot" n="(k)">Fu&#x0364;r &#x017F;ie &#x017F;pricht <hi rendition="#aq">DIOCLES<lb/>
apud CENSORINUM c. 7. CAR-<lb/>
DANUS</hi> &#x017F;ie wa&#x0364;ren nicht &#x017F;chlechter<lb/><hi rendition="#aq">BOHN offic. med. dupl. p. 628.<lb/>
630. GOELICKE di&#x017F;&#x017F;.</hi> und noch<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">CARDAN contradict. VIII.<lb/>
L. I.</hi></note>, und &#x017F;owol in Egypten <note place="foot" n="(l)"><hi rendition="#aq">ARISTOTELES.</hi></note>, als in Grie-<lb/>
chenland, &#x017F;o wie in un&#x017F;erm no&#x0364;rdlichen Europa <note place="foot" n="(m)"><cb/>
Eine am Leben fu&#x0364;hret an<lb/><hi rendition="#aq">MOUSIN hort. p. 336. ARTHU-<lb/>
RAM HENRICI VIII.</hi> &#x017F;ein Sohn<lb/>
&#x017F;ei ein achtmonatlich Kind gewe&#x017F;en.<lb/><hi rendition="#aq">HELD.</hi> Auf Naxos wa&#x0364;ren die<lb/>
achtmonatliche nicht &#x017F;elten <hi rendition="#aq">STE-<lb/>
PHAN. de utbil.</hi> bleiben in Egyp-<lb/>
ten am Leben. <hi rendition="#aq">ARISTOT. gener.<lb/>
anim. L. IV. c. 4. hi&#x017F;t. anim. L.<lb/>
VIII. c.</hi> 4. Bei&#x017F;piele davon fu&#x0364;hrt<lb/>
auch an <hi rendition="#aq">BLINIUS. MAURfCEAU<lb/>
p. 205. La MOTTE ob&#x017F;. 70. 71.<lb/>
72. 73. Eph. Nat. Cur. Vol. IV.<lb/>
ob&#x017F;. 51. BERGER p.</hi> 487.</note> leben-<lb/>
dig an die Welt kommen, und die&#x017F;es ver&#x017F;tehet &#x017F;ich auch<lb/>
von drei Kindern; ja noch ehe, als von den &#x017F;ieben-<lb/>
monatlichen, ob die&#x017F;e gleich dem Geburtstermine na&#x0364;her<lb/>
kommen.</p><lb/>
              <p>Man muß na&#x0364;mlich unter den Fehlern des Verfa&#x017F;&#x017F;ers<lb/>
der <hi rendition="#fr">Hippokrati&#x017F;chen</hi> Schriften, auch die&#x017F;en mit bemer-<lb/>
ken, nicht, daß &#x017F;elbiger Kinder von &#x017F;ieben Monaten als<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ge-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[701[703]/0755] V. Abſ. Die Geburt. daß nicht die Natur nach dieſer und jener Seite damit ausſchweifen ſollte: indem auch bei Weibsperſonen die reizende Urſachen, die groͤſſere Vollbluͤtigkeit, das Schrek- ken und andere Faͤlle die Geburt beſchleunigen; ſo wie dagegen das Schrekken, der Kummer, die Mattigkeit, der Mangel an Speiſe oder eine langſame Krankheit die- ſelbe verzoͤgern koͤnnen. Jn der That war der Sparta- nerkoͤnig Ariſto viel zu ſtrenge, da er den Demara- tus aus der Urſache fuͤr ſeinen Sohn nicht erkennen wollte, weil derſelbe vor dem zehnten Monate, von der Hochzeit an, geboren worden (g). Ueberhaupt iſt es ſehr vernunftmaͤßig zu glauben, daß diejenige Fruͤchte ſchwaͤcher ſind, welche nicht zu recht- maͤßiger Zeit geboren worden (h). Man haͤlt daher dafuͤr, daß eine achtmonatliche Ge- burt (i), welche der neunmonatlichen am naͤchſten koͤmmt, uͤberhaupt (k), und ſowol in Egypten (l), als in Grie- chenland, ſo wie in unſerm noͤrdlichen Europa (m) leben- dig an die Welt kommen, und dieſes verſtehet ſich auch von drei Kindern; ja noch ehe, als von den ſieben- monatlichen, ob dieſe gleich dem Geburtstermine naͤher kommen. Man muß naͤmlich unter den Fehlern des Verfaſſers der Hippokratiſchen Schriften, auch dieſen mit bemer- ken, nicht, daß ſelbiger Kinder von ſieben Monaten als Ge- (g) SAIDAS I. p. 538. (h) VENETTE p. 75. (i) Wieder die achtmonatliche Geburten HASENEST medic. richter IV. p. 128. (k) Fuͤr ſie ſpricht DIOCLES apud CENSORINUM c. 7. CAR- DANUS ſie waͤren nicht ſchlechter BOHN offic. med. dupl. p. 628. 630. GOELICKE diſſ. und noch beſſer CARDAN contradict. VIII. L. I. (l) ARISTOTELES. (m) Eine am Leben fuͤhret an MOUSIN hort. p. 336. ARTHU- RAM HENRICI VIII. ſein Sohn ſei ein achtmonatlich Kind geweſen. HELD. Auf Naxos waͤren die achtmonatliche nicht ſelten STE- PHAN. de utbil. bleiben in Egyp- ten am Leben. ARISTOT. gener. anim. L. IV. c. 4. hiſt. anim. L. VIII. c. 4. Beiſpiele davon fuͤhrt auch an BLINIUS. MAURfCEAU p. 205. La MOTTE obſ. 70. 71. 72. 73. Eph. Nat. Cur. Vol. IV. obſ. 51. BERGER p. 487.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/755
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 701[703]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/755>, abgerufen am 22.11.2024.