Doch auch die Knochen verändern sich von dem mus- kulösen Zuge: die Hölungen des Brustknochenmuskels (sinus mastoidei) (k), und die zizzenförmige Fortsäzze des Schlafbeins (processus mastoidei) entstehen offenbar von dem Zuge des gleichnamigen Muskels, welcher durch das Knochenhäutchen geht, und an der äussern Platte der Hirnschale anwächst, indessen, daß die innere Platte von der hatten Gehirnhaut zurükke gehalten wird; die äussere entführt, und die kleine Fächerchen des schwammi- gen lokkren Mittelwesens zwischen den Knochenblättern der Hirnschale grösser macht.
So kann man sich vorstellen, daß die Hölung des obern Kinnbakkens ebenfalls von dem Käuen, und von der Thätigkeit des äussern Flügelmuskels vergrössert wird, so daß sich der vornehmste Knochen dieses Kinnbakkens nach den Seiten und rükkwerts (l) verstekkt.
Eben diese Muskeln machen hin und wieder die Grä- ten der Knochen, und alle Fortsäzze länger (m), sie krüm- men die Knochen selbst durch ihren Zug, wie man ganz deutlich an der Schienenröhren sieht: sie beugen endlich die ganze Knochen, wenn selbige aus einem Fehler des Knochensaftes die anfängliche Weichheit entweder behal- ten, oder wieder an sich nehmen.
Man sehe, wie an dem Exempel, so Mery exzehlt (n), das Schlüsselbein, der Rükkgrad und die lange Kno- chen, so wunderbare Krümmungen bekommen. So wer- den auch gesunde Knochen dennoch durch den beständi- gen Zug geleitet. Die einwärts krumme Füsse nehmen nach und nach ihre gerade Richtung wieder, wenn man nach der Kunst Binden anlegt, und sie in eine natürliche
Ge-
(k)[Spaltenumbruch]L. XV. p. 221.
(l) Die fünf Stükke des Keil- knochens werden von der Kraft der Flügelmuskeln und dem Gewichte [Spaltenumbruch]
des Gehirns vereinigt. TARIN praef. p. VII.
(m)L. XI. p. 572.
(n)L. XI. p. 447. und an einer Frauensperson Soupiot.
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IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
Doch auch die Knochen veraͤndern ſich von dem mus- kuloͤſen Zuge: die Hoͤlungen des Bruſtknochenmuskels (ſinus maſtoidei) (k), und die zizzenfoͤrmige Fortſaͤzze des Schlafbeins (proceſſus maſtoidei) entſtehen offenbar von dem Zuge des gleichnamigen Muskels, welcher durch das Knochenhaͤutchen geht, und an der aͤuſſern Platte der Hirnſchale anwaͤchſt, indeſſen, daß die innere Platte von der hatten Gehirnhaut zuruͤkke gehalten wird; die aͤuſſere entfuͤhrt, und die kleine Faͤcherchen des ſchwammi- gen lokkren Mittelweſens zwiſchen den Knochenblaͤttern der Hirnſchale groͤſſer macht.
So kann man ſich vorſtellen, daß die Hoͤlung des obern Kinnbakkens ebenfalls von dem Kaͤuen, und von der Thaͤtigkeit des aͤuſſern Fluͤgelmuskels vergroͤſſert wird, ſo daß ſich der vornehmſte Knochen dieſes Kinnbakkens nach den Seiten und ruͤkkwerts (l) verſtekkt.
Eben dieſe Muskeln machen hin und wieder die Graͤ- ten der Knochen, und alle Fortſaͤzze laͤnger (m), ſie kruͤm- men die Knochen ſelbſt durch ihren Zug, wie man ganz deutlich an der Schienenroͤhren ſieht: ſie beugen endlich die ganze Knochen, wenn ſelbige aus einem Fehler des Knochenſaftes die anfaͤngliche Weichheit entweder behal- ten, oder wieder an ſich nehmen.
Man ſehe, wie an dem Exempel, ſo Mery exzehlt (n), das Schluͤſſelbein, der Ruͤkkgrad und die lange Kno- chen, ſo wunderbare Kruͤmmungen bekommen. So wer- den auch geſunde Knochen dennoch durch den beſtaͤndi- gen Zug geleitet. Die einwaͤrts krumme Fuͤſſe nehmen nach und nach ihre gerade Richtung wieder, wenn man nach der Kunſt Binden anlegt, und ſie in eine natuͤrliche
Ge-
(k)[Spaltenumbruch]L. XV. p. 221.
(l) Die fuͤnf Stuͤkke des Keil- knochens werden von der Kraft der Fluͤgelmuskeln und dem Gewichte [Spaltenumbruch]
des Gehirns vereinigt. TARIN praef. p. VII.
(m)L. XI. p. 572.
(n)L. XI. p. 447. und an einer Frauensperſon Soupiot.
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[503[505]/0557]
IV. Abſ. Das Leben der Frucht.
Doch auch die Knochen veraͤndern ſich von dem mus-
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(ſinus maſtoidei) (k), und die zizzenfoͤrmige Fortſaͤzze des
Schlafbeins (proceſſus maſtoidei) entſtehen offenbar
von dem Zuge des gleichnamigen Muskels, welcher durch
das Knochenhaͤutchen geht, und an der aͤuſſern Platte
der Hirnſchale anwaͤchſt, indeſſen, daß die innere Platte
von der hatten Gehirnhaut zuruͤkke gehalten wird; die
aͤuſſere entfuͤhrt, und die kleine Faͤcherchen des ſchwammi-
gen lokkren Mittelweſens zwiſchen den Knochenblaͤttern
der Hirnſchale groͤſſer macht.
So kann man ſich vorſtellen, daß die Hoͤlung des
obern Kinnbakkens ebenfalls von dem Kaͤuen, und von
der Thaͤtigkeit des aͤuſſern Fluͤgelmuskels vergroͤſſert wird,
ſo daß ſich der vornehmſte Knochen dieſes Kinnbakkens
nach den Seiten und ruͤkkwerts (l) verſtekkt.
Eben dieſe Muskeln machen hin und wieder die Graͤ-
ten der Knochen, und alle Fortſaͤzze laͤnger (m), ſie kruͤm-
men die Knochen ſelbſt durch ihren Zug, wie man ganz
deutlich an der Schienenroͤhren ſieht: ſie beugen endlich
die ganze Knochen, wenn ſelbige aus einem Fehler des
Knochenſaftes die anfaͤngliche Weichheit entweder behal-
ten, oder wieder an ſich nehmen.
Man ſehe, wie an dem Exempel, ſo Mery exzehlt
(n), das Schluͤſſelbein, der Ruͤkkgrad und die lange Kno-
chen, ſo wunderbare Kruͤmmungen bekommen. So wer-
den auch geſunde Knochen dennoch durch den beſtaͤndi-
gen Zug geleitet. Die einwaͤrts krumme Fuͤſſe nehmen
nach und nach ihre gerade Richtung wieder, wenn man
nach der Kunſt Binden anlegt, und ſie in eine natuͤrliche
Ge-
(k)
L. XV. p. 221.
(l) Die fuͤnf Stuͤkke des Keil-
knochens werden von der Kraft der
Fluͤgelmuskeln und dem Gewichte
des Gehirns vereinigt. TARIN
praef. p. VII.
(m) L. XI. p. 572.
(n) L. XI. p. 447. und an einer
Frauensperſon Soupiot.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 503[505]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/557>, abgerufen am 23.11.2024.
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