ist, eine Schwierigkeit gegen die allantois bei dem Men- schen aufwerfen. Dienet sie, den Harn zu sammeln, so muß gewis dieser in den grossen Nieren so viele Monate angehäufte Harn, ein grosses Behältnis erfordern, so auch dem Auge der Ungeübten nicht entwischen kann, so wie bei den Thieren die allantois Jedermann leicht in die Augen fällt, und auch schon den Alten nicht unbekannt gewesen. Nun haben viele berühmte Männer, und selbst Albin, Hunter, Voederer, der berühmte Jenty, Böhmer, und J. Noortwyck vor kurzem Zeichnun- gen von einer schwangern Gebärmutter gegeben, welche sie mit vieler Sorgfalt zerlegten. Aber keiner hat etwas sehen können, welches einer Harnfruchthaut ähnlich ge- gewesen wäre.
Man erlaube mir, da ich acht schwangere Frauen geöfnet, diesem meine eigene Anmerkungen mit beizufü- gen. Es gehöret keine Subtilität dazu, die zweierlei Wasser sichtbar zu machen, oder wenn man die innere Fruchthaut durchschnitten und ausgeleert, auf die zwote Blase aufmerksam zu seyn, welche nach der Ausleerung des amnii noch ganz, und voll ist. Jch kenne die mitt- lere Membran, ich kenne die Blätter der innern Frucht- haut, ich kenne die Gefässe sehr wohl; da ich aber nie die Blasenschnur aus der Nabelschnur herauslaufen gesehen, so habe ich auch nie eine Blase gesehen, in welche sie sich ausgeleeret hätte.
Man kann der Analogie niemals die Wahrschein- lichkeit absprechen, aber man muß sich auch zugleich er- innern, daß sie nicht die Kraft der Beweise habe. Je- dermann weiß, daß auch der Mensch andre Dinge, Z. E. die monatlicht Reinigung, den Bau der Gebärmutter, und des Mutterkuchens, mit den Thieren nicht gemein hat.
Es scheinet, daß ein wenig Harn durch die Blasen- schnur, seinen Weg finde, und daß dieses Wenige sich
in
Die Frucht. XXIX. B.
iſt, eine Schwierigkeit gegen die allantois bei dem Men- ſchen aufwerfen. Dienet ſie, den Harn zu ſammeln, ſo muß gewis dieſer in den groſſen Nieren ſo viele Monate angehaͤufte Harn, ein groſſes Behaͤltnis erfordern, ſo auch dem Auge der Ungeuͤbten nicht entwiſchen kann, ſo wie bei den Thieren die allantois Jedermann leicht in die Augen faͤllt, und auch ſchon den Alten nicht unbekannt geweſen. Nun haben viele beruͤhmte Maͤnner, und ſelbſt Albin, Hunter, Voederer, der beruͤhmte Jenty, Boͤhmer, und J. Noortwyck vor kurzem Zeichnun- gen von einer ſchwangern Gebaͤrmutter gegeben, welche ſie mit vieler Sorgfalt zerlegten. Aber keiner hat etwas ſehen koͤnnen, welches einer Harnfruchthaut aͤhnlich ge- geweſen waͤre.
Man erlaube mir, da ich acht ſchwangere Frauen geoͤfnet, dieſem meine eigene Anmerkungen mit beizufuͤ- gen. Es gehoͤret keine Subtilitaͤt dazu, die zweierlei Waſſer ſichtbar zu machen, oder wenn man die innere Fruchthaut durchſchnitten und ausgeleert, auf die zwote Blaſe aufmerkſam zu ſeyn, welche nach der Ausleerung des amnii noch ganz, und voll iſt. Jch kenne die mitt- lere Membran, ich kenne die Blaͤtter der innern Frucht- haut, ich kenne die Gefaͤſſe ſehr wohl; da ich aber nie die Blaſenſchnur aus der Nabelſchnur herauslaufen geſehen, ſo habe ich auch nie eine Blaſe geſehen, in welche ſie ſich ausgeleeret haͤtte.
Man kann der Analogie niemals die Wahrſchein- lichkeit abſprechen, aber man muß ſich auch zugleich er- innern, daß ſie nicht die Kraft der Beweiſe habe. Je- dermann weiß, daß auch der Menſch andre Dinge, Z. E. die monatlicht Reinigung, den Bau der Gebaͤrmutter, und des Mutterkuchens, mit den Thieren nicht gemein hat.
Es ſcheinet, daß ein wenig Harn durch die Blaſen- ſchnur, ſeinen Weg finde, und daß dieſes Wenige ſich
in
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Die Frucht. XXIX. B.
iſt, eine Schwierigkeit gegen die allantois bei dem Men-
ſchen aufwerfen. Dienet ſie, den Harn zu ſammeln, ſo
muß gewis dieſer in den groſſen Nieren ſo viele Monate
angehaͤufte Harn, ein groſſes Behaͤltnis erfordern, ſo
auch dem Auge der Ungeuͤbten nicht entwiſchen kann, ſo
wie bei den Thieren die allantois Jedermann leicht in
die Augen faͤllt, und auch ſchon den Alten nicht unbekannt
geweſen. Nun haben viele beruͤhmte Maͤnner, und ſelbſt
Albin, Hunter, Voederer, der beruͤhmte Jenty,
Boͤhmer, und J. Noortwyck vor kurzem Zeichnun-
gen von einer ſchwangern Gebaͤrmutter gegeben, welche
ſie mit vieler Sorgfalt zerlegten. Aber keiner hat etwas
ſehen koͤnnen, welches einer Harnfruchthaut aͤhnlich ge-
geweſen waͤre.
Man erlaube mir, da ich acht ſchwangere Frauen
geoͤfnet, dieſem meine eigene Anmerkungen mit beizufuͤ-
gen. Es gehoͤret keine Subtilitaͤt dazu, die zweierlei
Waſſer ſichtbar zu machen, oder wenn man die innere
Fruchthaut durchſchnitten und ausgeleert, auf die zwote
Blaſe aufmerkſam zu ſeyn, welche nach der Ausleerung
des amnii noch ganz, und voll iſt. Jch kenne die mitt-
lere Membran, ich kenne die Blaͤtter der innern Frucht-
haut, ich kenne die Gefaͤſſe ſehr wohl; da ich aber nie die
Blaſenſchnur aus der Nabelſchnur herauslaufen geſehen,
ſo habe ich auch nie eine Blaſe geſehen, in welche ſie ſich
ausgeleeret haͤtte.
Man kann der Analogie niemals die Wahrſchein-
lichkeit abſprechen, aber man muß ſich auch zugleich er-
innern, daß ſie nicht die Kraft der Beweiſe habe. Je-
dermann weiß, daß auch der Menſch andre Dinge, Z. E.
die monatlicht Reinigung, den Bau der Gebaͤrmutter,
und des Mutterkuchens, mit den Thieren nicht gemein
hat.
Es ſcheinet, daß ein wenig Harn durch die Blaſen-
ſchnur, ſeinen Weg finde, und daß dieſes Wenige ſich
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/406>, abgerufen am 23.11.2024.
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