Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Frucht. XXIX. B.
vollkommen da, wenn die Empfängnis hinzu kömmt,
es wird nichts von neuem gezeugt, sondern es werden
einzig und allein, die Theile der Thiere, welche einge-
pakkt und in einen kleinen Raum gebracht waren, aus-
einander gedehnt, entfaltet, entwikkelt, sie wachsen
grösser, und fangen an immer sichtbarer zu werden.
Einige wollen, daß das Thierchen im männlichen Saa-
men, andere und die meisten, daß es im mütterlichen
Ey verstekkt lieget (b).

Die dritte Meinung ist diejenige, welche ebenfalls
dem Verfasser der hippokratischen Schriften zuge-
schrieben wird, und sich durch denselben dem Heraklit
mitgetheilt hat, panspermia. Es heisset nach dersel-
ben, es wären von den ersten Anfängen der Thiere an,
und in der ersten Schöpfung der Dinge selbst, die
Saamen oder Keime der Thiere bestimmt und vollkom-
men mit erschaffen, und so gar die zweierlei Geschlechter
unterschieden worden (c).

Sie blieben seit der Zeit in ihrem Zustande, und
so lange unentwikkelt (ade) bis sie eine gute Gelegenheit
zur Entwikkelung gefunden. Es müsse sich nämlich ein
Thierchen mit einem andern seines gleichen in der Ge-
bärmutter vereinigen, und zu einem einzigen Thiere
werden, dessen Geschlecht davon abhängt, daß entwe-

der
(b) [Spaltenumbruch] CHEYNE. KAAUW l. c.
new. theor. of gener p.
215. 225.
(c) HIPPOCRAT de diaeta L. I.
a PERRALTO in praef. cit. PER-
RAULT essais de physique T. III.
p. 306. 307. H. FABRI de plant.
prop. 98. de gener. hom. prop.
76. Phil. JAG. HARTMAN de
gener. vivip. GERICKE p. 116
WOLLASTON STURM physiq.
elect. T. II. LENTIL II. Eph
Nat. Cur. Dec. III. ann. 2. obs. 117.
SCHOL. ANONYMUS in dilu-
cidat. p. 81. LOGAN p. 33. MIL-
[Spaltenumbruch] LER Hamburg Magaz. T. III. n.
2.
der sehr gelehrte Mann J. MAT-
THIAS GESNER in diss. peri
psychon,
so wie in Comment.
Götting. T. I. HEINSIUS. Mem.
de l'Acad de Berlin
1743. und in
diesem psychais fand der berühmte
GESNER Würmchen, und weibli-
che Keime. p. 98. Diejenige Wür-
merchen, welche sich nicht an ein
Ey anhängen können, kehren wie-
der in die Luft zurükke, und irren
in derselben als unverlezzliche We-
sen herum J. C. new. theor. of
gener. p.
85.

Die Frucht. XXIX. B.
vollkommen da, wenn die Empfaͤngnis hinzu koͤmmt,
es wird nichts von neuem gezeugt, ſondern es werden
einzig und allein, die Theile der Thiere, welche einge-
pakkt und in einen kleinen Raum gebracht waren, aus-
einander gedehnt, entfaltet, entwikkelt, ſie wachſen
groͤſſer, und fangen an immer ſichtbarer zu werden.
Einige wollen, daß das Thierchen im maͤnnlichen Saa-
men, andere und die meiſten, daß es im muͤtterlichen
Ey verſtekkt lieget (b).

Die dritte Meinung iſt diejenige, welche ebenfalls
dem Verfaſſer der hippokratiſchen Schriften zuge-
ſchrieben wird, und ſich durch denſelben dem Heraklit
mitgetheilt hat, πανσπερμια. Es heiſſet nach derſel-
ben, es waͤren von den erſten Anfaͤngen der Thiere an,
und in der erſten Schoͤpfung der Dinge ſelbſt, die
Saamen oder Keime der Thiere beſtimmt und vollkom-
men mit erſchaffen, und ſo gar die zweierlei Geſchlechter
unterſchieden worden (c).

Sie blieben ſeit der Zeit in ihrem Zuſtande, und
ſo lange unentwikkelt (αδη) bis ſie eine gute Gelegenheit
zur Entwikkelung gefunden. Es muͤſſe ſich naͤmlich ein
Thierchen mit einem andern ſeines gleichen in der Ge-
baͤrmutter vereinigen, und zu einem einzigen Thiere
werden, deſſen Geſchlecht davon abhaͤngt, daß entwe-

der
(b) [Spaltenumbruch] CHEYNE. KAAUW l. c.
new. theor. of gener p.
215. 225.
(c) HIPPOCRAT de diæta L. I.
a PERRALTO in præf. cit. PER-
RAULT eſſais de phyſique T. III.
p. 306. 307. H. FABRI de plant.
prop. 98. de gener. hom. prop.
76. Phil. JAG. HARTMAN de
gener. vivip. GERICKE p. 116
WOLLASTON STURM phyſiq.
elect. T. II. LENTIL II. Eph
Nat. Cur. Dec. III. ann. 2. obſ. 117.
SCHOL. ANONYMUS in dilu-
cidat. p. 81. LOGAN p. 33. MIL-
[Spaltenumbruch] LER Hamburg Magaz. T. III. n.
2.
der ſehr gelehrte Mann J. MAT-
THIAS GESNER in diſſ. peri
pſychon,
ſo wie in Comment.
Götting. T. I. HEINSIUS. Mem.
de l’Acad de Berlin
1743. und in
dieſem pſychais fand der beruͤhmte
GESNER Wuͤrmchen, und weibli-
che Keime. p. 98. Diejenige Wuͤr-
merchen, welche ſich nicht an ein
Ey anhaͤngen koͤnnen, kehren wie-
der in die Luft zuruͤkke, und irren
in derſelben als unverlezzliche We-
ſen herum J. C. new. theor. of
gener. p.
85.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0308" n="256"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Frucht. <hi rendition="#aq">XXIX.</hi> B.</hi></fw><lb/>
vollkommen da, wenn die Empfa&#x0364;ngnis hinzu ko&#x0364;mmt,<lb/>
es wird nichts von neuem gezeugt, &#x017F;ondern es werden<lb/>
einzig und allein, die Theile der Thiere, welche einge-<lb/>
pakkt und in einen kleinen Raum gebracht waren, aus-<lb/>
einander gedehnt, entfaltet, entwikkelt, &#x017F;ie wach&#x017F;en<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er, und fangen an immer &#x017F;ichtbarer zu werden.<lb/>
Einige wollen, daß das Thierchen im ma&#x0364;nnlichen Saa-<lb/>
men, andere und die mei&#x017F;ten, daß es im mu&#x0364;tterlichen<lb/>
Ey ver&#x017F;tekkt lieget <note place="foot" n="(b)"><cb/><hi rendition="#aq">CHEYNE. KAAUW l. c.<lb/>
new. theor. of gener p.</hi> 215. 225.</note>.</p><lb/>
              <p>Die dritte Meinung i&#x017F;t diejenige, welche ebenfalls<lb/>
dem Verfa&#x017F;&#x017F;er der <hi rendition="#fr">hippokrati&#x017F;chen</hi> Schriften zuge-<lb/>
&#x017F;chrieben wird, und &#x017F;ich durch den&#x017F;elben dem <hi rendition="#fr">Heraklit</hi><lb/>
mitgetheilt hat, &#x03C0;&#x03B1;&#x03BD;&#x03C3;&#x03C0;&#x03B5;&#x03C1;&#x03BC;&#x03B9;&#x03B1;. Es hei&#x017F;&#x017F;et nach der&#x017F;el-<lb/>
ben, es wa&#x0364;ren von den er&#x017F;ten Anfa&#x0364;ngen der Thiere an,<lb/>
und in der er&#x017F;ten Scho&#x0364;pfung der Dinge &#x017F;elb&#x017F;t, die<lb/>
Saamen oder Keime der Thiere be&#x017F;timmt und vollkom-<lb/>
men mit er&#x017F;chaffen, und &#x017F;o gar die zweierlei Ge&#x017F;chlechter<lb/>
unter&#x017F;chieden worden <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">HIPPOCRAT de diæta L. I.<lb/>
a PERRALTO in præf. cit. PER-<lb/>
RAULT e&#x017F;&#x017F;ais de phy&#x017F;ique T. III.<lb/>
p. 306. 307. H. FABRI de plant.<lb/>
prop. 98. de gener. hom. prop.<lb/>
76. Phil. JAG. HARTMAN de<lb/>
gener. vivip. GERICKE p. 116<lb/>
WOLLASTON STURM phy&#x017F;iq.<lb/>
elect. T. II. LENTIL II. Eph<lb/>
Nat. Cur. Dec. III. ann. 2. ob&#x017F;. 117.<lb/>
SCHOL. ANONYMUS in dilu-<lb/>
cidat. p. 81. LOGAN p. 33. MIL-<lb/><cb/>
LER Hamburg Magaz. T. III. n.</hi> 2.<lb/>
der &#x017F;ehr gelehrte Mann <hi rendition="#aq">J. MAT-<lb/>
THIAS <hi rendition="#g">GESNER</hi> in di&#x017F;&#x017F;. peri<lb/>
p&#x017F;ychon,</hi> &#x017F;o wie <hi rendition="#aq">in Comment.<lb/>
Götting. T. I. HEINSIUS. Mem.<lb/>
de l&#x2019;Acad de Berlin</hi> 1743. und in<lb/>
die&#x017F;em <hi rendition="#aq">p&#x017F;ychais</hi> fand der beru&#x0364;hmte<lb/><hi rendition="#aq">GESNER</hi> Wu&#x0364;rmchen, und weibli-<lb/>
che Keime. <hi rendition="#aq">p.</hi> 98. Diejenige Wu&#x0364;r-<lb/>
merchen, welche &#x017F;ich nicht an ein<lb/>
Ey anha&#x0364;ngen ko&#x0364;nnen, kehren wie-<lb/>
der in die Luft zuru&#x0364;kke, und irren<lb/>
in der&#x017F;elben als unverlezzliche We-<lb/>
&#x017F;en herum <hi rendition="#aq">J. C. new. theor. of<lb/>
gener. p.</hi> 85.</note>.</p><lb/>
              <p>Sie blieben &#x017F;eit der Zeit in ihrem Zu&#x017F;tande, und<lb/>
&#x017F;o lange unentwikkelt (&#x03B1;&#x03B4;&#x03B7;) bis &#x017F;ie eine gute Gelegenheit<lb/>
zur Entwikkelung gefunden. Es mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich na&#x0364;mlich ein<lb/>
Thierchen mit einem andern &#x017F;eines gleichen in der Ge-<lb/>
ba&#x0364;rmutter vereinigen, und zu einem einzigen Thiere<lb/>
werden, de&#x017F;&#x017F;en Ge&#x017F;chlecht davon abha&#x0364;ngt, daß entwe-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[256/0308] Die Frucht. XXIX. B. vollkommen da, wenn die Empfaͤngnis hinzu koͤmmt, es wird nichts von neuem gezeugt, ſondern es werden einzig und allein, die Theile der Thiere, welche einge- pakkt und in einen kleinen Raum gebracht waren, aus- einander gedehnt, entfaltet, entwikkelt, ſie wachſen groͤſſer, und fangen an immer ſichtbarer zu werden. Einige wollen, daß das Thierchen im maͤnnlichen Saa- men, andere und die meiſten, daß es im muͤtterlichen Ey verſtekkt lieget (b). Die dritte Meinung iſt diejenige, welche ebenfalls dem Verfaſſer der hippokratiſchen Schriften zuge- ſchrieben wird, und ſich durch denſelben dem Heraklit mitgetheilt hat, πανσπερμια. Es heiſſet nach derſel- ben, es waͤren von den erſten Anfaͤngen der Thiere an, und in der erſten Schoͤpfung der Dinge ſelbſt, die Saamen oder Keime der Thiere beſtimmt und vollkom- men mit erſchaffen, und ſo gar die zweierlei Geſchlechter unterſchieden worden (c). Sie blieben ſeit der Zeit in ihrem Zuſtande, und ſo lange unentwikkelt (αδη) bis ſie eine gute Gelegenheit zur Entwikkelung gefunden. Es muͤſſe ſich naͤmlich ein Thierchen mit einem andern ſeines gleichen in der Ge- baͤrmutter vereinigen, und zu einem einzigen Thiere werden, deſſen Geſchlecht davon abhaͤngt, daß entwe- der (b) CHEYNE. KAAUW l. c. new. theor. of gener p. 215. 225. (c) HIPPOCRAT de diæta L. I. a PERRALTO in præf. cit. PER- RAULT eſſais de phyſique T. III. p. 306. 307. H. FABRI de plant. prop. 98. de gener. hom. prop. 76. Phil. JAG. HARTMAN de gener. vivip. GERICKE p. 116 WOLLASTON STURM phyſiq. elect. T. II. LENTIL II. Eph Nat. Cur. Dec. III. ann. 2. obſ. 117. SCHOL. ANONYMUS in dilu- cidat. p. 81. LOGAN p. 33. MIL- LER Hamburg Magaz. T. III. n. 2. der ſehr gelehrte Mann J. MAT- THIAS GESNER in diſſ. peri pſychon, ſo wie in Comment. Götting. T. I. HEINSIUS. Mem. de l’Acad de Berlin 1743. und in dieſem pſychais fand der beruͤhmte GESNER Wuͤrmchen, und weibli- che Keime. p. 98. Diejenige Wuͤr- merchen, welche ſich nicht an ein Ey anhaͤngen koͤnnen, kehren wie- der in die Luft zuruͤkke, und irren in derſelben als unverlezzliche We- ſen herum J. C. new. theor. of gener. p. 85.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/308
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/308>, abgerufen am 23.11.2024.