menkunst erfarnste Geburtshelfer (h), den Muttermä- lern weniger Macht, als andre zuschreiben: und daß man endlich in dem Vorrathe seltner Dinge, welche man heut zu Tage mit grösserer Sorgfalt als vormals sammelt, schwerlich ein Exempel von einem wirklichen Muttermale antreffen wird. So merkt man auch an, daß Hippocrates(i) von Muttermälern redet, und Aristoteles davon kein Wort erwähnt.
Ausserdem erhellet aus dem Exempel der Pflanzeu, daß oftmals unter den Vegetabilien, ohne einen Jrthum der schöpferischen Seele ohne ein Erschrekken, und einen Affekt mit in die Rechnung einzuschieben, ebenfalls eine Menge Misgeburten, Verschiedenheiten in den Farben, Obst in Obst, Obst mit Blättern bekränzt, Blumen mit veränderten Staubfäden, zum Theil wegen ausge- breiteter Blumenblätter, zum Theil wegen vervielfäl- tigter und geänderter Honigkelche erwachsen; so sind auch die Theile und deren Figuren auf allerlei Weise verdorben, ihre Anzahl zeiget sich oft willkürlich, und so vergrössern sich, und verjüngern sich die bauende Kräfte auf eine simmetrische Art, an den Staubfäden, Blumenblättern, am Kelche, und an den Röhren.
Jch glaube, durch dieses unwiederrufliche Zeugnis, den Sazz gefunden zu haben; daß zwar in dem Pflan- zensaamen, und im thierischen Ey die Ursache des künf- tigen Baues verborgen liegt, welcher in einer jeden be- sondern Art ewig fortdauret. Daß aber auch die zu- fällige Ursachen, der Ueberfluß oder Mangel der Nah-
rungs-
(h)[Spaltenumbruch]MANNINGHAM p. 51. MAURICEAU p. 66. ROEDERER Man sehe nach, ausser dem BLON- DEL auch den Verfasser der Lett- res sur l' imagination des femmes enceints. MARCOT l. c. DUVER- NOI Comm. Petrop. T. V. BUF- FON T. II. p. 400. &c. Negre blanc. c. 15. ASTRUC Traite des cumeurs p. 421. u. f. HEUER- [Spaltenumbruch]
MAN T. III. p. 58. T. IV. p. 298. GOURAIGNE in duodecin quaest. BERCHER in thesc. ergo non da- tur imaginationis maternae in fe- tum actio. Paris 1741. ACRELL om fostrets sinkdomer p. 21.
(i) Der Autor, eigentlich des unächten Buches de supersetatione und der andere peri gones.
Die Frucht. XXIX. B.
menkunſt erfarnſte Geburtshelfer (h), den Muttermaͤ- lern weniger Macht, als andre zuſchreiben: und daß man endlich in dem Vorrathe ſeltner Dinge, welche man heut zu Tage mit groͤſſerer Sorgfalt als vormals ſammelt, ſchwerlich ein Exempel von einem wirklichen Muttermale antreffen wird. So merkt man auch an, daß Hippocrates(i) von Muttermaͤlern redet, und Ariſtoteles davon kein Wort erwaͤhnt.
Auſſerdem erhellet aus dem Exempel der Pflanzeu, daß oftmals unter den Vegetabilien, ohne einen Jrthum der ſchoͤpferiſchen Seele ohne ein Erſchrekken, und einen Affekt mit in die Rechnung einzuſchieben, ebenfalls eine Menge Misgeburten, Verſchiedenheiten in den Farben, Obſt in Obſt, Obſt mit Blaͤttern bekraͤnzt, Blumen mit veraͤnderten Staubfaͤden, zum Theil wegen ausge- breiteter Blumenblaͤtter, zum Theil wegen vervielfaͤl- tigter und geaͤnderter Honigkelche erwachſen; ſo ſind auch die Theile und deren Figuren auf allerlei Weiſe verdorben, ihre Anzahl zeiget ſich oft willkuͤrlich, und ſo vergroͤſſern ſich, und verjuͤngern ſich die bauende Kraͤfte auf eine ſimmetriſche Art, an den Staubfaͤden, Blumenblaͤttern, am Kelche, und an den Roͤhren.
Jch glaube, durch dieſes unwiederrufliche Zeugnis, den Sazz gefunden zu haben; daß zwar in dem Pflan- zenſaamen, und im thieriſchen Ey die Urſache des kuͤnf- tigen Baues verborgen liegt, welcher in einer jeden be- ſondern Art ewig fortdauret. Daß aber auch die zu- faͤllige Urſachen, der Ueberfluß oder Mangel der Nah-
rungs-
(h)[Spaltenumbruch]MANNINGHAM p. 51. MAURICEAU p. 66. ROEDERER Man ſehe nach, auſſer dem BLON- DEL auch den Verfaſſer der Lett- res ſur l’ imagination des femmes enceints. MARCOT l. c. DUVER- NOI Comm. Petrop. T. V. BUF- FON T. II. p. 400. &c. Negre blanc. c. 15. ASTRUC Traitè des cumeurs p. 421. u. f. HEUER- [Spaltenumbruch]
MAN T. III. p. 58. T. IV. p. 298. GOURAIGNE in duodecin quæſt. BERCHER in theſc. ergo non da- tur imaginationis maternae in fe- tum actio. Paris 1741. ACRELL om foſtrets ſinkdomer p. 21.
(i) Der Autor, eigentlich des unaͤchten Buches de ſuperſètatione und der andere peri gones.
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Die Frucht. XXIX. B.
menkunſt erfarnſte Geburtshelfer (h), den Muttermaͤ-
lern weniger Macht, als andre zuſchreiben: und daß
man endlich in dem Vorrathe ſeltner Dinge, welche
man heut zu Tage mit groͤſſerer Sorgfalt als vormals
ſammelt, ſchwerlich ein Exempel von einem wirklichen
Muttermale antreffen wird. So merkt man auch an,
daß Hippocrates (i) von Muttermaͤlern redet, und
Ariſtoteles davon kein Wort erwaͤhnt.
Auſſerdem erhellet aus dem Exempel der Pflanzeu,
daß oftmals unter den Vegetabilien, ohne einen Jrthum
der ſchoͤpferiſchen Seele ohne ein Erſchrekken, und einen
Affekt mit in die Rechnung einzuſchieben, ebenfalls eine
Menge Misgeburten, Verſchiedenheiten in den Farben,
Obſt in Obſt, Obſt mit Blaͤttern bekraͤnzt, Blumen
mit veraͤnderten Staubfaͤden, zum Theil wegen ausge-
breiteter Blumenblaͤtter, zum Theil wegen vervielfaͤl-
tigter und geaͤnderter Honigkelche erwachſen; ſo ſind
auch die Theile und deren Figuren auf allerlei Weiſe
verdorben, ihre Anzahl zeiget ſich oft willkuͤrlich, und
ſo vergroͤſſern ſich, und verjuͤngern ſich die bauende
Kraͤfte auf eine ſimmetriſche Art, an den Staubfaͤden,
Blumenblaͤttern, am Kelche, und an den Roͤhren.
Jch glaube, durch dieſes unwiederrufliche Zeugnis,
den Sazz gefunden zu haben; daß zwar in dem Pflan-
zenſaamen, und im thieriſchen Ey die Urſache des kuͤnf-
tigen Baues verborgen liegt, welcher in einer jeden be-
ſondern Art ewig fortdauret. Daß aber auch die zu-
faͤllige Urſachen, der Ueberfluß oder Mangel der Nah-
rungs-
(h)
MANNINGHAM p. 51.
MAURICEAU p. 66. ROEDERER
Man ſehe nach, auſſer dem BLON-
DEL auch den Verfaſſer der Lett-
res ſur l’ imagination des femmes
enceints. MARCOT l. c. DUVER-
NOI Comm. Petrop. T. V. BUF-
FON T. II. p. 400. &c. Negre
blanc. c. 15. ASTRUC Traitè des
cumeurs p. 421. u. f. HEUER-
MAN T. III. p. 58. T. IV. p. 298.
GOURAIGNE in duodecin quæſt.
BERCHER in theſc. ergo non da-
tur imaginationis maternae in fe-
tum actio. Paris 1741. ACRELL
om foſtrets ſinkdomer p. 21.
(i) Der Autor, eigentlich des
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und der andere peri gones.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/296>, abgerufen am 23.11.2024.
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