werfen, ob schon einige von der Leber in der That zu den Bändern und zum Nabel laufen können (o).
Jch leugne eben nicht, daß sich die Blutgefässe der Mutter mit den Blutgefässen der Frucht vereinigen (p). Man sezze aber, daß sich in dem Blute der Mutter, bei dem Anblikke einer Maus, eine unordentliche Wallung äussert; ich will es auch zugeben, daß das Blut ebenfalls durch den Mutterkuchen, entweder zu schnell, oder auch gar zu langsam, in die Frucht hineinströmt; so wird man dennoch niemals erklären können, wie diese unor- dentliche Bewegung vielmehr an demjenigen Theile des Körpers, welchen die Mutter im Schrekken berührt, als an irgend einem andern, und sonderlich an der viel zärtern Stelle ihrer Frucht eine Spur von ihrem kurzen Daseyn hinterlassen könne. Es theilte nämlich das Blut der Mutter seine Bewegung dem Herzen der Frucht mit (q), und aus diesem verbreitet es sich in alle Theile der Frucht mit einer gleichgrossen Kraft, um daselbst seine Thätigkeit auszuüben, wo es den kleinsten Widerstand findet.
Es ist ferner unmöglich, daß Figuren vermittelst ei- nes Drukkes des Wassers, so in eine Röhre getrieben wird, entstehen sollten. Denn man mag aus einer Röhre das Wasser entweder vermittelst eines vierekkigen oder runden Stempe[ls h]eraus pressen (r), so wird es dennoch unter keiner andern Gestalt herausfliessen, als die Figur der Mündung des Rohrs ist, und es wird auch diese Figur so gleich wieder verlieren, so bald es sich weiter fortbewegt.
An
(o)[Spaltenumbruch]BERTRANDI p. 36.
(p) Dieses leugnet umständlich der berühmte ROEDERER vom Anfange ELLER Mem. de Berlin. t. 12. p. 9. BLONDEL die Gewalt der Mutter über die Frucht leug- net ill. WERLHOF Febr. p. 308.
(q)[Spaltenumbruch]BLONDEL p. 83. ELLER l. c. Lettres sur. l' imagination des semmes enceintes p. 53.
(r)BLOND. p. 74. daß eine Maus davon nicht geschaffen wer- den könne, gestehet NICOLAI Einbildungskraft p. 100.
Die Frucht. XXIX. B.
werfen, ob ſchon einige von der Leber in der That zu den Baͤndern und zum Nabel laufen koͤnnen (o).
Jch leugne eben nicht, daß ſich die Blutgefaͤſſe der Mutter mit den Blutgefaͤſſen der Frucht vereinigen (p). Man ſezze aber, daß ſich in dem Blute der Mutter, bei dem Anblikke einer Maus, eine unordentliche Wallung aͤuſſert; ich will es auch zugeben, daß das Blut ebenfalls durch den Mutterkuchen, entweder zu ſchnell, oder auch gar zu langſam, in die Frucht hineinſtroͤmt; ſo wird man dennoch niemals erklaͤren koͤnnen, wie dieſe unor- dentliche Bewegung vielmehr an demjenigen Theile des Koͤrpers, welchen die Mutter im Schrekken beruͤhrt, als an irgend einem andern, und ſonderlich an der viel zaͤrtern Stelle ihrer Frucht eine Spur von ihrem kurzen Daſeyn hinterlaſſen koͤnne. Es theilte naͤmlich das Blut der Mutter ſeine Bewegung dem Herzen der Frucht mit (q), und aus dieſem verbreitet es ſich in alle Theile der Frucht mit einer gleichgroſſen Kraft, um daſelbſt ſeine Thaͤtigkeit auszuuͤben, wo es den kleinſten Widerſtand findet.
Es iſt ferner unmoͤglich, daß Figuren vermittelſt ei- nes Drukkes des Waſſers, ſo in eine Roͤhre getrieben wird, entſtehen ſollten. Denn man mag aus einer Roͤhre das Waſſer entweder vermittelſt eines vierekkigen oder runden Stempe[ls h]eraus preſſen (r), ſo wird es dennoch unter keiner andern Geſtalt herausflieſſen, als die Figur der Muͤndung des Rohrs iſt, und es wird auch dieſe Figur ſo gleich wieder verlieren, ſo bald es ſich weiter fortbewegt.
An
(o)[Spaltenumbruch]BERTRANDI p. 36.
(p) Dieſes leugnet umſtaͤndlich der beruͤhmte ROEDERER vom Anfange ELLER Mem. de Berlin. t. 12. p. 9. BLONDEL die Gewalt der Mutter uͤber die Frucht leug- net ill. WERLHOF Febr. p. 308.
(q)[Spaltenumbruch]BLONDEL p. 83. ELLER l. c. Lettres ſur. l’ imagination des ſemmes enceintes p. 53.
(r)BLOND. p. 74. daß eine Maus davon nicht geſchaffen wer- den koͤnne, geſtehet NICOLAI Einbildungskraft p. 100.
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Die Frucht. XXIX. B.
werfen, ob ſchon einige von der Leber in der That zu den
Baͤndern und zum Nabel laufen koͤnnen (o).
Jch leugne eben nicht, daß ſich die Blutgefaͤſſe der
Mutter mit den Blutgefaͤſſen der Frucht vereinigen (p).
Man ſezze aber, daß ſich in dem Blute der Mutter, bei
dem Anblikke einer Maus, eine unordentliche Wallung
aͤuſſert; ich will es auch zugeben, daß das Blut ebenfalls
durch den Mutterkuchen, entweder zu ſchnell, oder auch
gar zu langſam, in die Frucht hineinſtroͤmt; ſo wird
man dennoch niemals erklaͤren koͤnnen, wie dieſe unor-
dentliche Bewegung vielmehr an demjenigen Theile des
Koͤrpers, welchen die Mutter im Schrekken beruͤhrt,
als an irgend einem andern, und ſonderlich an der viel
zaͤrtern Stelle ihrer Frucht eine Spur von ihrem kurzen
Daſeyn hinterlaſſen koͤnne. Es theilte naͤmlich das Blut
der Mutter ſeine Bewegung dem Herzen der Frucht mit
(q), und aus dieſem verbreitet es ſich in alle Theile der
Frucht mit einer gleichgroſſen Kraft, um daſelbſt ſeine
Thaͤtigkeit auszuuͤben, wo es den kleinſten Widerſtand
findet.
Es iſt ferner unmoͤglich, daß Figuren vermittelſt ei-
nes Drukkes des Waſſers, ſo in eine Roͤhre getrieben
wird, entſtehen ſollten. Denn man mag aus einer Roͤhre
das Waſſer entweder vermittelſt eines vierekkigen oder
runden Stempels heraus preſſen (r), ſo wird es dennoch
unter keiner andern Geſtalt herausflieſſen, als die Figur
der Muͤndung des Rohrs iſt, und es wird auch dieſe
Figur ſo gleich wieder verlieren, ſo bald es ſich weiter
fortbewegt.
An
(o)
BERTRANDI p. 36.
(p) Dieſes leugnet umſtaͤndlich
der beruͤhmte ROEDERER vom
Anfange ELLER Mem. de Berlin.
t. 12. p. 9. BLONDEL die Gewalt
der Mutter uͤber die Frucht leug-
net ill. WERLHOF Febr. p. 308.
(q)
BLONDEL p. 83. ELLER
l. c. Lettres ſur. l’ imagination
des ſemmes enceintes p. 53.
(r) BLOND. p. 74. daß eine
Maus davon nicht geſchaffen wer-
den koͤnne, geſtehet NICOLAI
Einbildungskraft p. 100.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/274>, abgerufen am 23.11.2024.
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