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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776.

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II. Abs. Anfänge des Thieres.
dem cellulösen Gewebe des Gekröses der Frösche wahr-
nehmen könne (k). So wären auch bey dem Menschen

an
[Spaltenumbruch] Den zweiten Versuch habe
ich mit Eßig gemacht. So-
bald ich diesen zugiesse, so färbt
er das Blut schwarz, schnell,
wenn das Blut blos ist, lang-
sam, wenn es in Gefässen läuft.
Nun habe ich öfters, auf die
Wege, auf die rothe, kurze,
unvollkommene Blutltnien,
nach adgezognen Häutchen, Es-
sig gegossen, und es hat das
Blut erst nach Verlauf einer
ziemlich langen Zeit, wie es
an wirklichen Gefässen zu ge-
schehen pflegt, eine Röthe be-
kommen.
Was das Herz betrift, so
will ich zugeben, daß es eine
Zeit gebe, wo keins zu sehen
ist; darum kann ich aber nicht
sagen, daß damals keins exi-
stirte. Es hat nämlich die
Frucht, ehe das Blut roth
wird, ihre ziemlich unbegrenzte
Umrisse, so daß es schwer ist,
den Umriß ihrer Figur oder
ihre Länge zu messen. Und
dennoch glaube ich an einer
dergleichen Frucht von zwei und
vierzig Stunden ein kleines
Herzchen gesehen zu haben.
Den Schein dazu veranlasset
ein Hübelchen, welches zunächst
unterhalb dem Kopfe aus der
Brust vorragt.
[Spaltenumbruch] Jch rede nicht von amnion,
welches von einem Schnabel
in der That herabzulaufen,
und sich unterhalb der Brust
zu inseriren scheint; doch es
zeiget, zu der Zeit, wenn noch
das Herz entblößt erscheint, ge-
meiniglich in der zwei und acht-
zigsten Stunde, der hinzuge-
gossne Eßig, daß sowohl ober-
halb dem Herzen ein Mem-
branchen herabläuft, worinnen
es enthalten ist, also auch daß
dasselbe Häutchen unterhalb dem
Herzen in das Fleischige des
Bauches fortgeht. Wenn es
früher nicht gezeigt werden
kann, so ist leicht zu vermu-
then, daß es noch viel zu zart
sei, als daß es, um sich zu be-
festigen, von der Kraft des
Eßigs verdikkt werden könnte.
Endlich kömmt die Haut des
Dotters, welche in der Frucht
den gelben Körper enthält, al-
lerdings zu gleicher Zeit aus
der Mutter her, sie ist sowohl
in einem unfruchtbaren, als
in einem solchen Ey, dessen
Herz bisher wenig gewachsen,
noch einige Gefässe an dieser
Membran entwikkelt hat. Sie
bleibt bis zum Auskriechen aus
dem Ey einerlei, und verändert
sich nur darinnen, daß den zwee-
ten
(k) [Spaltenumbruch] Ib. p. 121. den dritten Tag
erscheinen die Gefässe, die die gelbe
aufgelößte Dottermaterie dem Her-
[Spaltenumbruch] zen zuführen HIGMORUS de ge-
ner p
127.
N 3

II. Abſ. Anfaͤnge des Thieres.
dem celluloͤſen Gewebe des Gekroͤſes der Froͤſche wahr-
nehmen koͤnne (k). So waͤren auch bey dem Menſchen

an
[Spaltenumbruch] Den zweiten Verſuch habe
ich mit Eßig gemacht. So-
bald ich dieſen zugieſſe, ſo faͤrbt
er das Blut ſchwarz, ſchnell,
wenn das Blut blos iſt, lang-
ſam, wenn es in Gefaͤſſen laͤuft.
Nun habe ich oͤfters, auf die
Wege, auf die rothe, kurze,
unvollkommene Blutltnien,
nach adgezognen Haͤutchen, Eſ-
ſig gegoſſen, und es hat das
Blut erſt nach Verlauf einer
ziemlich langen Zeit, wie es
an wirklichen Gefaͤſſen zu ge-
ſchehen pflegt, eine Roͤthe be-
kommen.
Was das Herz betrift, ſo
will ich zugeben, daß es eine
Zeit gebe, wo keins zu ſehen
iſt; darum kann ich aber nicht
ſagen, daß damals keins exi-
ſtirte. Es hat naͤmlich die
Frucht, ehe das Blut roth
wird, ihre ziemlich unbegrenzte
Umriſſe, ſo daß es ſchwer iſt,
den Umriß ihrer Figur oder
ihre Laͤnge zu meſſen. Und
dennoch glaube ich an einer
dergleichen Frucht von zwei und
vierzig Stunden ein kleines
Herzchen geſehen zu haben.
Den Schein dazu veranlaſſet
ein Huͤbelchen, welches zunaͤchſt
unterhalb dem Kopfe aus der
Bruſt vorragt.
[Spaltenumbruch] Jch rede nicht von amnion,
welches von einem Schnabel
in der That herabzulaufen,
und ſich unterhalb der Bruſt
zu inſeriren ſcheint; doch es
zeiget, zu der Zeit, wenn noch
das Herz entbloͤßt erſcheint, ge-
meiniglich in der zwei und acht-
zigſten Stunde, der hinzuge-
goſſne Eßig, daß ſowohl ober-
halb dem Herzen ein Mem-
branchen herablaͤuft, worinnen
es enthalten iſt, alſo auch daß
daſſelbe Haͤutchen unterhalb dem
Herzen in das Fleiſchige des
Bauches fortgeht. Wenn es
fruͤher nicht gezeigt werden
kann, ſo iſt leicht zu vermu-
then, daß es noch viel zu zart
ſei, als daß es, um ſich zu be-
feſtigen, von der Kraft des
Eßigs verdikkt werden koͤnnte.
Endlich koͤmmt die Haut des
Dotters, welche in der Frucht
den gelben Koͤrper enthaͤlt, al-
lerdings zu gleicher Zeit aus
der Mutter her, ſie iſt ſowohl
in einem unfruchtbaren, als
in einem ſolchen Ey, deſſen
Herz bisher wenig gewachſen,
noch einige Gefaͤſſe an dieſer
Membran entwikkelt hat. Sie
bleibt bis zum Auskriechen aus
dem Ey einerlei, und veraͤndert
ſich nur darinnen, daß den zwee-
ten
(k) [Spaltenumbruch] Ib. p. 121. den dritten Tag
erſcheinen die Gefaͤſſe, die die gelbe
aufgeloͤßte Dottermaterie dem Her-
[Spaltenumbruch] zen zufuͤhren HIGMORUS de ge-
ner p
127.
N 3
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[197/0249] II. Abſ. Anfaͤnge des Thieres. dem celluloͤſen Gewebe des Gekroͤſes der Froͤſche wahr- nehmen koͤnne (k). So waͤren auch bey dem Menſchen an (b) (k) Ib. p. 121. den dritten Tag erſcheinen die Gefaͤſſe, die die gelbe aufgeloͤßte Dottermaterie dem Her- zen zufuͤhren HIGMORUS de ge- ner p 127. (b) Den zweiten Verſuch habe ich mit Eßig gemacht. So- bald ich dieſen zugieſſe, ſo faͤrbt er das Blut ſchwarz, ſchnell, wenn das Blut blos iſt, lang- ſam, wenn es in Gefaͤſſen laͤuft. Nun habe ich oͤfters, auf die Wege, auf die rothe, kurze, unvollkommene Blutltnien, nach adgezognen Haͤutchen, Eſ- ſig gegoſſen, und es hat das Blut erſt nach Verlauf einer ziemlich langen Zeit, wie es an wirklichen Gefaͤſſen zu ge- ſchehen pflegt, eine Roͤthe be- kommen. Was das Herz betrift, ſo will ich zugeben, daß es eine Zeit gebe, wo keins zu ſehen iſt; darum kann ich aber nicht ſagen, daß damals keins exi- ſtirte. Es hat naͤmlich die Frucht, ehe das Blut roth wird, ihre ziemlich unbegrenzte Umriſſe, ſo daß es ſchwer iſt, den Umriß ihrer Figur oder ihre Laͤnge zu meſſen. Und dennoch glaube ich an einer dergleichen Frucht von zwei und vierzig Stunden ein kleines Herzchen geſehen zu haben. Den Schein dazu veranlaſſet ein Huͤbelchen, welches zunaͤchſt unterhalb dem Kopfe aus der Bruſt vorragt. Jch rede nicht von amnion, welches von einem Schnabel in der That herabzulaufen, und ſich unterhalb der Bruſt zu inſeriren ſcheint; doch es zeiget, zu der Zeit, wenn noch das Herz entbloͤßt erſcheint, ge- meiniglich in der zwei und acht- zigſten Stunde, der hinzuge- goſſne Eßig, daß ſowohl ober- halb dem Herzen ein Mem- branchen herablaͤuft, worinnen es enthalten iſt, alſo auch daß daſſelbe Haͤutchen unterhalb dem Herzen in das Fleiſchige des Bauches fortgeht. Wenn es fruͤher nicht gezeigt werden kann, ſo iſt leicht zu vermu- then, daß es noch viel zu zart ſei, als daß es, um ſich zu be- feſtigen, von der Kraft des Eßigs verdikkt werden koͤnnte. Endlich koͤmmt die Haut des Dotters, welche in der Frucht den gelben Koͤrper enthaͤlt, al- lerdings zu gleicher Zeit aus der Mutter her, ſie iſt ſowohl in einem unfruchtbaren, als in einem ſolchen Ey, deſſen Herz bisher wenig gewachſen, noch einige Gefaͤſſe an dieſer Membran entwikkelt hat. Sie bleibt bis zum Auskriechen aus dem Ey einerlei, und veraͤndert ſich nur darinnen, daß den zwee- ten N 3

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/249>, abgerufen am 02.05.2024.