bogen zum ersten male erschien. Nach der Sündfluth weiß man zuverläßiger, daß die Menschen vom Fleische der Thiere gelebt haben. Dieses sind nur einige schwache Spuren von den Urkunden der ersten Welt.
Es vermuthen einige, daß vor der Sündfluth die- jenige Körper, von denen wir unsere Nahrung herneh- men, nicht so dichte, wie jezzo, gewesen (a), und es ist in so fern die zuverläßigste Beobachtung auf ihrer Seite, daß die Berge zu der Zeit, da die Sündfluth ganze Ge- birge von Muscheln unter ihren Ruinen begraben, weich gewesen, und die Figuren der Körper in ihren Materien eingedrükkt worden. Nicht, weil die europäischen Meere sich von den europäischen Bergen zurükk gezogen: denn es hätte wohl die Ostsee niemals Schaalenthiere oder Pflanzen, welche blos in den hizzigsten Erdstrichen wach- sen, zu der Zeit, da sie austrokknete, zurükke lassen kön- nen: man siehet aber offenbar, daß aus den Jnseln und Ländereyen Jndiens, und der neuen Welt, die Pflanzen, Thiere, und die Schaalenthiere der südlichen Meere, auf den Hügeln und Bergen der Schweiz aufgethürmet worden.
Ein anderer scharfsinniger Jüngling behauptet (b) fast auf eben diese Art, daß vor der Sündfluth viel we- niger Erde in den Speisen der Alten gestekkt haben müs- sen: und er erinnert dabei, daß wir, vermittelst der Fleischspeisen, so wir zu unserer Nahrung gemacht, eilf- mal mehr Erde, an die Stoffe des Bluts eintragen.
Ob nun gleich die Speise von Pflanzen einigermassen ein Vorzug seyn kann, so erreichen doch so viele Völker, nebst den Benjanen, bei denen dieses ein heiliges Gesezz ist, nimmermehr das Alter der Menschen vor der Sünd- fluth.
Viel-
(a)BUFFON II. p. 572.
(b)HOFER act. HELYET. T. III. p. 205.
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III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
bogen zum erſten male erſchien. Nach der Suͤndfluth weiß man zuverlaͤßiger, daß die Menſchen vom Fleiſche der Thiere gelebt haben. Dieſes ſind nur einige ſchwache Spuren von den Urkunden der erſten Welt.
Es vermuthen einige, daß vor der Suͤndfluth die- jenige Koͤrper, von denen wir unſere Nahrung herneh- men, nicht ſo dichte, wie jezzo, geweſen (a), und es iſt in ſo fern die zuverlaͤßigſte Beobachtung auf ihrer Seite, daß die Berge zu der Zeit, da die Suͤndfluth ganze Ge- birge von Muſcheln unter ihren Ruinen begraben, weich geweſen, und die Figuren der Koͤrper in ihren Materien eingedruͤkkt worden. Nicht, weil die europaͤiſchen Meere ſich von den europaͤiſchen Bergen zuruͤkk gezogen: denn es haͤtte wohl die Oſtſee niemals Schaalenthiere oder Pflanzen, welche blos in den hizzigſten Erdſtrichen wach- ſen, zu der Zeit, da ſie austrokknete, zuruͤkke laſſen koͤn- nen: man ſiehet aber offenbar, daß aus den Jnſeln und Laͤndereyen Jndiens, und der neuen Welt, die Pflanzen, Thiere, und die Schaalenthiere der ſuͤdlichen Meere, auf den Huͤgeln und Bergen der Schweiz aufgethuͤrmet worden.
Ein anderer ſcharfſinniger Juͤngling behauptet (b) faſt auf eben dieſe Art, daß vor der Suͤndfluth viel we- niger Erde in den Speiſen der Alten geſtekkt haben muͤſ- ſen: und er erinnert dabei, daß wir, vermittelſt der Fleiſchſpeiſen, ſo wir zu unſerer Nahrung gemacht, eilf- mal mehr Erde, an die Stoffe des Bluts eintragen.
Ob nun gleich die Speiſe von Pflanzen einigermaſſen ein Vorzug ſeyn kann, ſo erreichen doch ſo viele Voͤlker, nebſt den Benjanen, bei denen dieſes ein heiliges Geſezz iſt, nimmermehr das Alter der Menſchen vor der Suͤnd- fluth.
Viel-
(a)BUFFON II. p. 572.
(b)HOFER act. HELYET. T. III. p. 205.
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[977[979]/1031]
III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
bogen zum erſten male erſchien. Nach der Suͤndfluth
weiß man zuverlaͤßiger, daß die Menſchen vom Fleiſche
der Thiere gelebt haben. Dieſes ſind nur einige ſchwache
Spuren von den Urkunden der erſten Welt.
Es vermuthen einige, daß vor der Suͤndfluth die-
jenige Koͤrper, von denen wir unſere Nahrung herneh-
men, nicht ſo dichte, wie jezzo, geweſen (a), und es iſt in
ſo fern die zuverlaͤßigſte Beobachtung auf ihrer Seite,
daß die Berge zu der Zeit, da die Suͤndfluth ganze Ge-
birge von Muſcheln unter ihren Ruinen begraben, weich
geweſen, und die Figuren der Koͤrper in ihren Materien
eingedruͤkkt worden. Nicht, weil die europaͤiſchen Meere
ſich von den europaͤiſchen Bergen zuruͤkk gezogen: denn
es haͤtte wohl die Oſtſee niemals Schaalenthiere oder
Pflanzen, welche blos in den hizzigſten Erdſtrichen wach-
ſen, zu der Zeit, da ſie austrokknete, zuruͤkke laſſen koͤn-
nen: man ſiehet aber offenbar, daß aus den Jnſeln und
Laͤndereyen Jndiens, und der neuen Welt, die Pflanzen,
Thiere, und die Schaalenthiere der ſuͤdlichen Meere, auf
den Huͤgeln und Bergen der Schweiz aufgethuͤrmet
worden.
Ein anderer ſcharfſinniger Juͤngling behauptet (b)
faſt auf eben dieſe Art, daß vor der Suͤndfluth viel we-
niger Erde in den Speiſen der Alten geſtekkt haben muͤſ-
ſen: und er erinnert dabei, daß wir, vermittelſt der
Fleiſchſpeiſen, ſo wir zu unſerer Nahrung gemacht, eilf-
mal mehr Erde, an die Stoffe des Bluts eintragen.
Ob nun gleich die Speiſe von Pflanzen einigermaſſen
ein Vorzug ſeyn kann, ſo erreichen doch ſo viele Voͤlker,
nebſt den Benjanen, bei denen dieſes ein heiliges Geſezz
iſt, nimmermehr das Alter der Menſchen vor der Suͤnd-
fluth.
Viel-
(a) BUFFON II. p. 572.
(b) HOFER act. HELYET. T. III. p. 205.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 977[979]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/1031>, abgerufen am 22.11.2024.
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