Gefährlich ist es, wenn man eine sehr empfindliche Seele hat (p), es müste denn das äusserste Glükk dabei seyn. Eine alternde Jugend deutet auf einen frühzeiti- gen Tod (q), nach dem Exempel des berühmten Bara- tier, Pascals und anderer.
Was das Geschlecht betrift, so sterben nicht wenige Frauenspersonen im Kindbette, und wegen der Unord- nung in der monatlichen Reinigung. Haben sie das Al- ter dieser Epochen überstanden, so leben sie gemeiniglich länger als die Männer (r). Vielleicht ist die Ursache davon diese, daß ihre weichere Fasern nicht so bald hart werden. Man kann auch leicht denken, daß die Frauens- personen durch die Beiwohnung weniger leiden werden, indem ihre Empfindungen dabei viel schwächer sind. Mannspersonen leiden hingegen von dieser Entkräftung der Nerven. Es war dieses die Ursache von dem früh- zeitigen Tode eines Zwerges (r*). Personen, welche eine weiche Haut haben, scheinen später zu ältern (s), und dieses kömmt auch bei den Mannspersonen vor. Schwächliche und blasse Körper erhalten sich länger (t).
So ist es auch sehr gemein, daß Leute zu einem ho- hen Alter gelangen, die in ihrer Jugend schwächlich wa- ren (u). Es erreichte eine Vestalinn, bei einem kränk- lichen Körper dennoch das hundert und siebenzehnte Jahr (u*).
Das viertägige Fieber hielte Börhaave für ge- schikkt (v), ein langes Leben zu befördern; folglich meinte
er,
(p)[Spaltenumbruch]
Eine scharfe Empfindlich- keit, und zu grosse Munterkeit verwirft VERULAMIUS p. 167. 175.
(q)PLIN. L. VII. c. 51.
(r)GESNER. BUFFON. T. II. p. 568. FISHER p. 9. MURET. l. c. Siehe PLINII Verzeichniß. An hundertjährigen Männern 57, an Weibern 107 in einerlei Anzahl GALTIER p. 7.
(r*)[Spaltenumbruch]Gazette littr. ann. 1764. P. II. p. 60.
(s)HAFMAN different. vasor n. 73.
(t)WAINEWRIGTH of meat p. 185.
(u)In Beatrice PAPAFAVA. VALISNER III p. 225.
(u*)SEGRAIS p. 117.
(v)G. v. SWIETEN I. p. 524.
III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
Gefaͤhrlich iſt es, wenn man eine ſehr empfindliche Seele hat (p), es muͤſte denn das aͤuſſerſte Gluͤkk dabei ſeyn. Eine alternde Jugend deutet auf einen fruͤhzeiti- gen Tod (q), nach dem Exempel des beruͤhmten Bara- tier, Paſcals und anderer.
Was das Geſchlecht betrift, ſo ſterben nicht wenige Frauensperſonen im Kindbette, und wegen der Unord- nung in der monatlichen Reinigung. Haben ſie das Al- ter dieſer Epochen uͤberſtanden, ſo leben ſie gemeiniglich laͤnger als die Maͤnner (r). Vielleicht iſt die Urſache davon dieſe, daß ihre weichere Faſern nicht ſo bald hart werden. Man kann auch leicht denken, daß die Frauens- perſonen durch die Beiwohnung weniger leiden werden, indem ihre Empfindungen dabei viel ſchwaͤcher ſind. Mannsperſonen leiden hingegen von dieſer Entkraͤftung der Nerven. Es war dieſes die Urſache von dem fruͤh- zeitigen Tode eines Zwerges (r*). Perſonen, welche eine weiche Haut haben, ſcheinen ſpaͤter zu aͤltern (s), und dieſes koͤmmt auch bei den Mannsperſonen vor. Schwaͤchliche und blaſſe Koͤrper erhalten ſich laͤnger (t).
So iſt es auch ſehr gemein, daß Leute zu einem ho- hen Alter gelangen, die in ihrer Jugend ſchwaͤchlich wa- ren (u). Es erreichte eine Veſtalinn, bei einem kraͤnk- lichen Koͤrper dennoch das hundert und ſiebenzehnte Jahr (u*).
Das viertaͤgige Fieber hielte Boͤrhaave fuͤr ge- ſchikkt (v), ein langes Leben zu befoͤrdern; folglich meinte
er,
(p)[Spaltenumbruch]
Eine ſcharfe Empfindlich- keit, und zu groſſe Munterkeit verwirft VERULAMIUS p. 167. 175.
(q)PLIN. L. VII. c. 51.
(r)GESNER. BUFFON. T. II. p. 568. FISHER p. 9. MURET. l. c. Siehe PLINII Verzeichniß. An hundertjaͤhrigen Maͤnnern 57, an Weibern 107 in einerlei Anzahl GALTIER p. 7.
(r*)[Spaltenumbruch]Gazette littr. ann. 1764. P. II. p. 60.
(s)HAFMAN different. vaſor n. 73.
(t)WAINEWRIGTH of meat p. 185.
(u)In Beatrice PAPAFAVA. VALISNER III p. 225.
(u*)SEGRAIS p. 117.
(v)G. v. SWIETEN I. p. 524.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f1025"n="971[973]"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">III.</hi> Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.</hi></fw><lb/><p>Gefaͤhrlich iſt es, wenn man eine ſehr empfindliche<lb/>
Seele hat <noteplace="foot"n="(p)"><cb/>
Eine ſcharfe Empfindlich-<lb/>
keit, und zu groſſe Munterkeit<lb/>
verwirft <hirendition="#aq">VERULAMIUS p.</hi> 167.<lb/>
175.</note>, es muͤſte denn das aͤuſſerſte Gluͤkk dabei<lb/>ſeyn. Eine alternde Jugend deutet auf einen fruͤhzeiti-<lb/>
gen Tod <noteplace="foot"n="(q)"><hirendition="#aq">PLIN. L. VII. c.</hi> 51.</note>, nach dem Exempel des beruͤhmten <hirendition="#fr">Bara-<lb/>
tier, Paſcals</hi> und anderer.</p><lb/><p>Was das Geſchlecht betrift, ſo ſterben nicht wenige<lb/>
Frauensperſonen im Kindbette, und wegen der Unord-<lb/>
nung in der monatlichen Reinigung. Haben ſie das Al-<lb/>
ter dieſer Epochen uͤberſtanden, ſo leben ſie gemeiniglich<lb/>
laͤnger als die Maͤnner <noteplace="foot"n="(r)"><hirendition="#aq">GESNER. BUFFON. T. II.<lb/>
p. 568. FISHER p. 9. MURET.<lb/>
l. c.</hi> Siehe <hirendition="#aq">PLINII</hi> Verzeichniß.<lb/>
An hundertjaͤhrigen Maͤnnern 57,<lb/>
an Weibern 107 in einerlei Anzahl<lb/><hirendition="#aq">GALTIER p.</hi> 7.</note>. Vielleicht iſt die Urſache<lb/>
davon dieſe, daß ihre weichere Faſern nicht ſo bald hart<lb/>
werden. Man kann auch leicht denken, daß die Frauens-<lb/>
perſonen durch die Beiwohnung weniger leiden werden,<lb/>
indem ihre Empfindungen dabei viel ſchwaͤcher ſind.<lb/>
Mannsperſonen leiden hingegen von dieſer Entkraͤftung<lb/>
der Nerven. Es war dieſes die Urſache von dem fruͤh-<lb/>
zeitigen Tode eines Zwerges <noteplace="foot"n="(r*)"><cb/><hirendition="#aq">Gazette littr. ann. 1764.<lb/>
P. II. p.</hi> 60.</note>. Perſonen, welche<lb/>
eine weiche Haut haben, ſcheinen ſpaͤter zu aͤltern <noteplace="foot"n="(s)"><hirendition="#aq">HAFMAN different. vaſor<lb/>
n.</hi> 73.</note>,<lb/>
und dieſes koͤmmt auch bei den Mannsperſonen vor.<lb/>
Schwaͤchliche und blaſſe Koͤrper erhalten ſich laͤnger <noteplace="foot"n="(t)"><hirendition="#aq">WAINEWRIGTH of meat<lb/>
p.</hi> 185.</note>.</p><lb/><p>So iſt es auch ſehr gemein, daß Leute zu einem ho-<lb/>
hen Alter gelangen, die in ihrer Jugend ſchwaͤchlich wa-<lb/>
ren <noteplace="foot"n="(u)"><hirendition="#aq">In Beatrice PAPAFAVA.<lb/>
VALISNER III p.</hi> 225.</note>. Es erreichte eine Veſtalinn, bei einem kraͤnk-<lb/>
lichen Koͤrper dennoch das hundert und ſiebenzehnte<lb/>
Jahr <noteplace="foot"n="(u*)"><hirendition="#aq">SEGRAIS p.</hi> 117.</note>.</p><lb/><p>Das viertaͤgige Fieber hielte <hirendition="#fr">Boͤrhaave</hi> fuͤr ge-<lb/>ſchikkt <noteplace="foot"n="(v)"><hirendition="#aq">G. v. SWIETEN I. p.</hi> 524.</note>, ein langes Leben zu befoͤrdern; folglich meinte<lb/><fwplace="bottom"type="catch">er,</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[971[973]/1025]
III. Abſ. Der Zuſtand des Menſchen.
Gefaͤhrlich iſt es, wenn man eine ſehr empfindliche
Seele hat (p), es muͤſte denn das aͤuſſerſte Gluͤkk dabei
ſeyn. Eine alternde Jugend deutet auf einen fruͤhzeiti-
gen Tod (q), nach dem Exempel des beruͤhmten Bara-
tier, Paſcals und anderer.
Was das Geſchlecht betrift, ſo ſterben nicht wenige
Frauensperſonen im Kindbette, und wegen der Unord-
nung in der monatlichen Reinigung. Haben ſie das Al-
ter dieſer Epochen uͤberſtanden, ſo leben ſie gemeiniglich
laͤnger als die Maͤnner (r). Vielleicht iſt die Urſache
davon dieſe, daß ihre weichere Faſern nicht ſo bald hart
werden. Man kann auch leicht denken, daß die Frauens-
perſonen durch die Beiwohnung weniger leiden werden,
indem ihre Empfindungen dabei viel ſchwaͤcher ſind.
Mannsperſonen leiden hingegen von dieſer Entkraͤftung
der Nerven. Es war dieſes die Urſache von dem fruͤh-
zeitigen Tode eines Zwerges (r*). Perſonen, welche
eine weiche Haut haben, ſcheinen ſpaͤter zu aͤltern (s),
und dieſes koͤmmt auch bei den Mannsperſonen vor.
Schwaͤchliche und blaſſe Koͤrper erhalten ſich laͤnger (t).
So iſt es auch ſehr gemein, daß Leute zu einem ho-
hen Alter gelangen, die in ihrer Jugend ſchwaͤchlich wa-
ren (u). Es erreichte eine Veſtalinn, bei einem kraͤnk-
lichen Koͤrper dennoch das hundert und ſiebenzehnte
Jahr (u*).
Das viertaͤgige Fieber hielte Boͤrhaave fuͤr ge-
ſchikkt (v), ein langes Leben zu befoͤrdern; folglich meinte
er,
(p)
Eine ſcharfe Empfindlich-
keit, und zu groſſe Munterkeit
verwirft VERULAMIUS p. 167.
175.
(q) PLIN. L. VII. c. 51.
(r) GESNER. BUFFON. T. II.
p. 568. FISHER p. 9. MURET.
l. c. Siehe PLINII Verzeichniß.
An hundertjaͤhrigen Maͤnnern 57,
an Weibern 107 in einerlei Anzahl
GALTIER p. 7.
(r*)
Gazette littr. ann. 1764.
P. II. p. 60.
(s) HAFMAN different. vaſor
n. 73.
(t) WAINEWRIGTH of meat
p. 185.
(u) In Beatrice PAPAFAVA.
VALISNER III p. 225.
(u*) SEGRAIS p. 117.
(v) G. v. SWIETEN I. p. 524.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 971[973]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/1025>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.