ses Dinge sind, welche die Greise mit Schnupfen und Husten beschweren, und ihre Kräfte verzehren helfen. Und obgleich der berühmte Anderson(m), und noch vor ihm Peyrere(n) schreibt, daß die Jsländer bis hundert Jahre alt werden, so widerlegt doch Horrebow diese Meinung (o), und er gestehet, daß die Leute be- reits im funfzigsten Jahre kränklich werden, und kaum das achtzigste Jahr erreichen.
Ueberhaupt ist die Luft in den kalten Himmelsstrichen nicht eben gesund. Man findet die meisten von diesen Gegenden voller Moräste, von denen die Sonne, wenn sie ihre Kräfte wieder bekömmt, nothwendig schädliche Dämpfe heraufziehen muß. So finde ich, daß die Wech- selfieber in Schweden gefährlicher sind, und daß dieses tapfere Volk durch Blattern, Ruhr und bösartige Fieber eine Menge Bürger verliere; daß sich in Syberien die venerische Krankheiten schwerlich heilen lassen: daß aber der Scorbut (p) und Aussazz, und die Brustkrankheiten sowol auf den kalten Jnseln, als in Lappland herrschen. Jch schliesse aus der tödtlichen Wirkung der Brustkrank- heiten, welche sie auf den Alpen ausüben, auf diese ty- rannische Uebel, welche die Leute in Norden bei einer glei- chen Kälte, und in einem sehr langen Winter auszuste- hen haben. Unter den Norden scheinen die Samojäden nicht alt zu werden, indem ihre Frauen bereits im ein und vierzigsten Jahre aufhören Kinder zu bekommen (q).
Unter den Polaken nennet Rzascynski(r) Leute von 110, von 114, von 115, von 120, von 123, 125, 128, 130, 140 Jahren, und es hat überhaupt Hanow zehn
Leute
(m)[Spaltenumbruch]p. 116.
(n)Relat. p. 29. aus den Fa- beln, daß der ANGRIMUS im 86 Jahre ein Mägdchen geheirathet.
(o)p. 313.
(p) Die Luf auf den schottischen Jnseln ist sehr feucht, daß der [Spaltenumbruch]
Zukker gleich schmilzt. MARTIN. p. 74.
(q)Memoir. sur le Samoiddes p. 43. 44.
(r)II. p. 436. 438. doch kann man den Schriften desselben nicht trauen.
Leben u. Tod der Menſchen. XXX. B.
ſes Dinge ſind, welche die Greiſe mit Schnupfen und Huſten beſchweren, und ihre Kraͤfte verzehren helfen. Und obgleich der beruͤhmte Anderſon(m), und noch vor ihm Peyrere(n) ſchreibt, daß die Jslaͤnder bis hundert Jahre alt werden, ſo widerlegt doch Horrebow dieſe Meinung (o), und er geſtehet, daß die Leute be- reits im funfzigſten Jahre kraͤnklich werden, und kaum das achtzigſte Jahr erreichen.
Ueberhaupt iſt die Luft in den kalten Himmelsſtrichen nicht eben geſund. Man findet die meiſten von dieſen Gegenden voller Moraͤſte, von denen die Sonne, wenn ſie ihre Kraͤfte wieder bekoͤmmt, nothwendig ſchaͤdliche Daͤmpfe heraufziehen muß. So finde ich, daß die Wech- ſelfieber in Schweden gefaͤhrlicher ſind, und daß dieſes tapfere Volk durch Blattern, Ruhr und boͤsartige Fieber eine Menge Buͤrger verliere; daß ſich in Syberien die veneriſche Krankheiten ſchwerlich heilen laſſen: daß aber der Scorbut (p) und Ausſazz, und die Bruſtkrankheiten ſowol auf den kalten Jnſeln, als in Lappland herrſchen. Jch ſchlieſſe aus der toͤdtlichen Wirkung der Bruſtkrank- heiten, welche ſie auf den Alpen ausuͤben, auf dieſe ty- ranniſche Uebel, welche die Leute in Norden bei einer glei- chen Kaͤlte, und in einem ſehr langen Winter auszuſte- hen haben. Unter den Norden ſcheinen die Samojaͤden nicht alt zu werden, indem ihre Frauen bereits im ein und vierzigſten Jahre aufhoͤren Kinder zu bekommen (q).
Unter den Polaken nennet Rzaſcynski(r) Leute von 110, von 114, von 115, von 120, von 123, 125, 128, 130, 140 Jahren, und es hat uͤberhaupt Hanow zehn
Leute
(m)[Spaltenumbruch]p. 116.
(n)Relat. p. 29. aus den Fa- beln, daß der ANGRIMUS im 86 Jahre ein Maͤgdchen geheirathet.
(o)p. 313.
(p) Die Luf auf den ſchottiſchen Jnſeln iſt ſehr feucht, daß der [Spaltenumbruch]
Zukker gleich ſchmilzt. MARTIN. p. 74.
(q)Memoir. ſur le Samoïddes p. 43. 44.
(r)II. p. 436. 438. doch kann man den Schriften deſſelben nicht trauen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f1008"n="954[956]"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Leben u. Tod der Menſchen. <hirendition="#aq">XXX.</hi> B.</hi></fw><lb/>ſes Dinge ſind, welche die Greiſe mit Schnupfen und<lb/>
Huſten beſchweren, und ihre Kraͤfte verzehren helfen.<lb/>
Und obgleich der beruͤhmte <hirendition="#fr">Anderſon</hi><noteplace="foot"n="(m)"><cb/><hirendition="#aq">p.</hi> 116.</note>, und noch<lb/>
vor ihm <hirendition="#fr">Peyrere</hi><noteplace="foot"n="(n)"><hirendition="#aq">Relat. p.</hi> 29. aus den Fa-<lb/>
beln, daß der <hirendition="#aq">ANGRIMUS</hi> im 86<lb/>
Jahre ein Maͤgdchen geheirathet.</note>ſchreibt, daß die Jslaͤnder bis<lb/>
hundert Jahre alt werden, ſo widerlegt doch <hirendition="#fr">Horrebow</hi><lb/>
dieſe Meinung <noteplace="foot"n="(o)"><hirendition="#aq">p.</hi> 313.</note>, und er geſtehet, daß die Leute be-<lb/>
reits im funfzigſten Jahre kraͤnklich werden, und kaum<lb/>
das achtzigſte Jahr erreichen.</p><lb/><p>Ueberhaupt iſt die Luft in den kalten Himmelsſtrichen<lb/>
nicht eben geſund. Man findet die meiſten von dieſen<lb/>
Gegenden voller Moraͤſte, von denen die Sonne, wenn<lb/>ſie ihre Kraͤfte wieder bekoͤmmt, nothwendig ſchaͤdliche<lb/>
Daͤmpfe heraufziehen muß. So finde ich, daß die Wech-<lb/>ſelfieber in Schweden gefaͤhrlicher ſind, und daß dieſes<lb/>
tapfere Volk durch Blattern, Ruhr und boͤsartige Fieber<lb/>
eine Menge Buͤrger verliere; daß ſich in Syberien die<lb/>
veneriſche Krankheiten ſchwerlich heilen laſſen: daß aber<lb/>
der Scorbut <noteplace="foot"n="(p)">Die Luf auf den ſchottiſchen<lb/>
Jnſeln iſt ſehr feucht, daß der<lb/><cb/>
Zukker gleich ſchmilzt. <hirendition="#aq">MARTIN.<lb/>
p.</hi> 74.</note> und Ausſazz, und die Bruſtkrankheiten<lb/>ſowol auf den kalten Jnſeln, als in Lappland herrſchen.<lb/>
Jch ſchlieſſe aus der toͤdtlichen Wirkung der Bruſtkrank-<lb/>
heiten, welche ſie auf den Alpen ausuͤben, auf dieſe ty-<lb/>
ranniſche Uebel, welche die Leute in Norden bei einer glei-<lb/>
chen Kaͤlte, und in einem ſehr langen Winter auszuſte-<lb/>
hen haben. Unter den Norden ſcheinen die Samojaͤden<lb/>
nicht alt zu werden, indem ihre Frauen bereits im ein<lb/>
und vierzigſten Jahre aufhoͤren Kinder zu bekommen <noteplace="foot"n="(q)"><hirendition="#aq">Memoir. ſur le Samoïddes<lb/>
p.</hi> 43. 44.</note>.</p><lb/><p>Unter den Polaken nennet <hirendition="#fr">Rzaſcynski</hi><noteplace="foot"n="(r)"><hirendition="#aq">II. p.</hi> 436. 438. doch kann<lb/>
man den Schriften deſſelben nicht<lb/>
trauen.</note> Leute<lb/>
von 110, von 114, von 115, von 120, von 123, 125, 128,<lb/>
130, 140 Jahren, und es hat uͤberhaupt <hirendition="#fr">Hanow</hi> zehn<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Leute</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[954[956]/1008]
Leben u. Tod der Menſchen. XXX. B.
ſes Dinge ſind, welche die Greiſe mit Schnupfen und
Huſten beſchweren, und ihre Kraͤfte verzehren helfen.
Und obgleich der beruͤhmte Anderſon (m), und noch
vor ihm Peyrere (n) ſchreibt, daß die Jslaͤnder bis
hundert Jahre alt werden, ſo widerlegt doch Horrebow
dieſe Meinung (o), und er geſtehet, daß die Leute be-
reits im funfzigſten Jahre kraͤnklich werden, und kaum
das achtzigſte Jahr erreichen.
Ueberhaupt iſt die Luft in den kalten Himmelsſtrichen
nicht eben geſund. Man findet die meiſten von dieſen
Gegenden voller Moraͤſte, von denen die Sonne, wenn
ſie ihre Kraͤfte wieder bekoͤmmt, nothwendig ſchaͤdliche
Daͤmpfe heraufziehen muß. So finde ich, daß die Wech-
ſelfieber in Schweden gefaͤhrlicher ſind, und daß dieſes
tapfere Volk durch Blattern, Ruhr und boͤsartige Fieber
eine Menge Buͤrger verliere; daß ſich in Syberien die
veneriſche Krankheiten ſchwerlich heilen laſſen: daß aber
der Scorbut (p) und Ausſazz, und die Bruſtkrankheiten
ſowol auf den kalten Jnſeln, als in Lappland herrſchen.
Jch ſchlieſſe aus der toͤdtlichen Wirkung der Bruſtkrank-
heiten, welche ſie auf den Alpen ausuͤben, auf dieſe ty-
ranniſche Uebel, welche die Leute in Norden bei einer glei-
chen Kaͤlte, und in einem ſehr langen Winter auszuſte-
hen haben. Unter den Norden ſcheinen die Samojaͤden
nicht alt zu werden, indem ihre Frauen bereits im ein
und vierzigſten Jahre aufhoͤren Kinder zu bekommen (q).
Unter den Polaken nennet Rzaſcynski (r) Leute
von 110, von 114, von 115, von 120, von 123, 125, 128,
130, 140 Jahren, und es hat uͤberhaupt Hanow zehn
Leute
(m)
p. 116.
(n) Relat. p. 29. aus den Fa-
beln, daß der ANGRIMUS im 86
Jahre ein Maͤgdchen geheirathet.
(o) p. 313.
(p) Die Luf auf den ſchottiſchen
Jnſeln iſt ſehr feucht, daß der
Zukker gleich ſchmilzt. MARTIN.
p. 74.
(q) Memoir. ſur le Samoïddes
p. 43. 44.
(r) II. p. 436. 438. doch kann
man den Schriften deſſelben nicht
trauen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 8. Berlin, 1776, S. 954[956]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende08_1776/1008>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.