es versichert Ciprian, daß sich unter 1400 Menschen, denen er Steine ausgezogen, viele Weintrinker, aber kei- ne solche befunden hätten, die sich ans Bier gewönt hät- ten (d). Jch habe eben in keiner reichen Stadt, da der öffentliche Zergliederungssaal mit einer Menge armer Lei- chen, die Bier zu ihrem gewönlichen Getränke gemacht hatten, versorgt wurde, kaum an dreihundert und funf- zig Körpern zweimal Steine in den Nieren oder in der Blase gefunden. Man beschuldigt den Wein auch des Gliederreissens und des Podagra (e). Julius Palma- rius, Rondelet, und so viel andre, sahen sich aus Sor- ge für ihre Gesundheit gezwungen, dem Wein zu entsa- gen (f). Jndessen scheinet es doch falsch zu sein (g), daß das Podagra Leute verschonen sollte, die den Wein mei- den, und daß man wieder gesund werden müste, wenn man dem Weine Abschied giebt. Jch habe nun fast in vierzig Jahren keinen Wein mehr getrunken, und den- noch vier oder fünf langen Ansäzzen vom Podagra nicht entgehen können.
Er wird in heissen Ländern schädlicher (h), und er ist starken Jünglingen im Sommer mehr, und weniger zur Winterszeit, in kalten Ländern, und im hohen Alter gefärlich. Jn mäßiger Quantität getrunken, vertritt er die Stelle einer Herzstärkung.
Die sauren und unreife herbe Weine machen die Fa- sern des Gedärms callöse, und zerstören die peristaltische
Bewe-
(d)[Spaltenumbruch]SLARE of Sugar p. 13.
(e) Daher giebts zu Bourdeaux so viele Podagraisten SAPORTA de tumore p. 474.
(f)PATIN valet. tuend. p. 404
(g) Die Podagristen, die dem Wein entsagen, werden gesund [Spaltenumbruch]Alex. BENEDICT L. XXIX. pro- aem. oder die wegen Armut den Wein notwendig lassen müssen.
(h) Wein darf in Brasilien nicht getrunken werden, nach dem ZUC- CHELLI p. 80 Ein Pf[e]rd aus der Barbarei starb, als man es mit Wein zum Laufen ermunterte TOZZI sex. reb. non natur. p. 235.
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III. Abſchnitt. Speiſe und Trank.
es verſichert Ciprian, daß ſich unter 1400 Menſchen, denen er Steine ausgezogen, viele Weintrinker, aber kei- ne ſolche befunden haͤtten, die ſich ans Bier gewoͤnt haͤt- ten (d). Jch habe eben in keiner reichen Stadt, da der oͤffentliche Zergliederungsſaal mit einer Menge armer Lei- chen, die Bier zu ihrem gewoͤnlichen Getraͤnke gemacht hatten, verſorgt wurde, kaum an dreihundert und funf- zig Koͤrpern zweimal Steine in den Nieren oder in der Blaſe gefunden. Man beſchuldigt den Wein auch des Gliederreiſſens und des Podagra (e). Julius Palma- rius, Rondelet, und ſo viel andre, ſahen ſich aus Sor- ge fuͤr ihre Geſundheit gezwungen, dem Wein zu entſa- gen (f). Jndeſſen ſcheinet es doch falſch zu ſein (g), daß das Podagra Leute verſchonen ſollte, die den Wein mei- den, und daß man wieder geſund werden muͤſte, wenn man dem Weine Abſchied giebt. Jch habe nun faſt in vierzig Jahren keinen Wein mehr getrunken, und den- noch vier oder fuͤnf langen Anſaͤzzen vom Podagra nicht entgehen koͤnnen.
Er wird in heiſſen Laͤndern ſchaͤdlicher (h), und er iſt ſtarken Juͤnglingen im Sommer mehr, und weniger zur Winterszeit, in kalten Laͤndern, und im hohen Alter gefaͤrlich. Jn maͤßiger Quantitaͤt getrunken, vertritt er die Stelle einer Herzſtaͤrkung.
Die ſauren und unreife herbe Weine machen die Fa- ſern des Gedaͤrms calloͤſe, und zerſtoͤren die periſtaltiſche
Bewe-
(d)[Spaltenumbruch]SLARE of Sugar p. 13.
(e) Daher giebts zu Bourdeaux ſo viele Podagraiſten SAPORTA de tumore p. 474.
(f)PATIN valet. tuend. p. 404
(g) Die Podagriſten, die dem Wein entſagen, werden geſund [Spaltenumbruch]Alex. BENEDICT L. XXIX. pro- aem. oder die wegen Armut den Wein notwendig laſſen muͤſſen.
(h) Wein darf in Braſilien nicht getrunken werden, nach dem ZUC- CHELLI p. 80 Ein Pf[e]rd aus der Barbarei ſtarb, als man es mit Wein zum Laufen ermunterte TOZZI ſex. reb. non natur. p. 235.
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[357[373]/0393]
III. Abſchnitt. Speiſe und Trank.
es verſichert Ciprian, daß ſich unter 1400 Menſchen,
denen er Steine ausgezogen, viele Weintrinker, aber kei-
ne ſolche befunden haͤtten, die ſich ans Bier gewoͤnt haͤt-
ten (d). Jch habe eben in keiner reichen Stadt, da der
oͤffentliche Zergliederungsſaal mit einer Menge armer Lei-
chen, die Bier zu ihrem gewoͤnlichen Getraͤnke gemacht
hatten, verſorgt wurde, kaum an dreihundert und funf-
zig Koͤrpern zweimal Steine in den Nieren oder in der
Blaſe gefunden. Man beſchuldigt den Wein auch des
Gliederreiſſens und des Podagra (e). Julius Palma-
rius, Rondelet, und ſo viel andre, ſahen ſich aus Sor-
ge fuͤr ihre Geſundheit gezwungen, dem Wein zu entſa-
gen (f). Jndeſſen ſcheinet es doch falſch zu ſein (g), daß
das Podagra Leute verſchonen ſollte, die den Wein mei-
den, und daß man wieder geſund werden muͤſte, wenn
man dem Weine Abſchied giebt. Jch habe nun faſt in
vierzig Jahren keinen Wein mehr getrunken, und den-
noch vier oder fuͤnf langen Anſaͤzzen vom Podagra nicht
entgehen koͤnnen.
Er wird in heiſſen Laͤndern ſchaͤdlicher (h), und er
iſt ſtarken Juͤnglingen im Sommer mehr, und weniger
zur Winterszeit, in kalten Laͤndern, und im hohen Alter
gefaͤrlich. Jn maͤßiger Quantitaͤt getrunken, vertritt er
die Stelle einer Herzſtaͤrkung.
Die ſauren und unreife herbe Weine machen die Fa-
ſern des Gedaͤrms calloͤſe, und zerſtoͤren die periſtaltiſche
Bewe-
(d)
SLARE of Sugar p. 13.
(e) Daher giebts zu Bourdeaux
ſo viele Podagraiſten SAPORTA
de tumore p. 474.
(f) PATIN valet. tuend. p.
404
(g) Die Podagriſten, die dem
Wein entſagen, werden geſund
Alex. BENEDICT L. XXIX. pro-
aem. oder die wegen Armut den
Wein notwendig laſſen muͤſſen.
(h) Wein darf in Braſilien nicht
getrunken werden, nach dem ZUC-
CHELLI p. 80 Ein Pferd aus der
Barbarei ſtarb, als man es mit
Wein zum Laufen ermunterte
TOZZI ſex. reb. non natur. p. 235.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 357[373]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/393>, abgerufen am 22.11.2024.
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