Luft heraus. So giebt ein gekochter Apfel kaum den vierten Theil Luft von sich (s), als er roh von sich lassen würde. Jm Brodte, zu welchem man eine viel grössere Menge blosses Feuer bringt, bleibt viel weniger Luft, aber dennoch die erwärmende Kraft ganz übrig (t). Man verbessert es um ein vieles, wenn man zweimal bäkkt, und zugleich für dem Schimmel bewart. Diese Sache war bereits den Alten bekannt (u), und es scheint der Genuß gebratener Früchte, welcher auch noch jezzo nicht aus der Mode gekommen (u*)| älter zu sein.
Das grobfädnige Fleisch, sonderlich der wilden Thie- re, welches vielleicht zuerst verspeiset worden, wird wei- cher, wenn die Fäulnis darinnen zu wirken anfängt. Diese Beqvemlichkeit verschafft schon das blosse Aufbe- halten, und vielleicht ist dieses die Ursache, warum einige Völker ihre beinahe faulgewordene Speise der frischen vorziehen (w).
Man sucht das Mürbemachen an einem lebendigen Thiere durch die Hezze (x) und Jagd, bevor man es töd- tet, durch andre grausame Künsteleien, als das Erstik- ken (y), durch ein langsames Abschlachten (z), und end- lich durchs Klopfen (a) zu erhalten, und ich habe oft selbst das Rindfleisch dadurch so schmakkhaft machen las- sen, daß man kaum zehn Minuten lang Feuer gebrauchte, um es sehr angenem zu machen.
Der Mensch hat sich Feuer zu machen ausgesonnen, und kein Thier hat es so weit mit aller seiner Kunst brin-
gen
(s)[Spaltenumbruch]BOYLE Exp. phys. mech. de aere p. 32.
(t) Ernährt mehr, als eine Ti- sane GALEN de ptis. c. 5.
(u)SUIDAS p. 609.
(u*)HASSELQUIST p. 173.
(w) Die Negern der Goldküste Hist. des Voy. L. IX. p. 318. conf. p. 204. 205. das Kranichfleisch ist nicht eßbar, wenn man den Kra- [Spaltenumbruch]
nich nicht etliche Tage vorher er- drosselt CASTELLANUS.
(x)PORTA Mag. natur. L. 13. LABAT Voy. d'Espagn. I p. 254. 255.
(y) An Kapaunen VALISNER T. III. p. 170.
(z) Jndianische Hüner.
(a)VERULAM Hist. vit. mort. p. 335.
Der Magen. XIX. Buch.
Luft heraus. So giebt ein gekochter Apfel kaum den vierten Theil Luft von ſich (s), als er roh von ſich laſſen wuͤrde. Jm Brodte, zu welchem man eine viel groͤſſere Menge bloſſes Feuer bringt, bleibt viel weniger Luft, aber dennoch die erwaͤrmende Kraft ganz uͤbrig (t). Man verbeſſert es um ein vieles, wenn man zweimal baͤkkt, und zugleich fuͤr dem Schimmel bewart. Dieſe Sache war bereits den Alten bekannt (u), und es ſcheint der Genuß gebratener Fruͤchte, welcher auch noch jezzo nicht aus der Mode gekommen (u*)| aͤlter zu ſein.
Das grobfaͤdnige Fleiſch, ſonderlich der wilden Thie- re, welches vielleicht zuerſt verſpeiſet worden, wird wei- cher, wenn die Faͤulnis darinnen zu wirken anfaͤngt. Dieſe Beqvemlichkeit verſchafft ſchon das bloſſe Aufbe- halten, und vielleicht iſt dieſes die Urſache, warum einige Voͤlker ihre beinahe faulgewordene Speiſe der friſchen vorziehen (w).
Man ſucht das Muͤrbemachen an einem lebendigen Thiere durch die Hezze (x) und Jagd, bevor man es toͤd- tet, durch andre grauſame Kuͤnſteleien, als das Erſtik- ken (y), durch ein langſames Abſchlachten (z), und end- lich durchs Klopfen (a) zu erhalten, und ich habe oft ſelbſt das Rindfleiſch dadurch ſo ſchmakkhaft machen laſ- ſen, daß man kaum zehn Minuten lang Feuer gebrauchte, um es ſehr angenem zu machen.
Der Menſch hat ſich Feuer zu machen ausgeſonnen, und kein Thier hat es ſo weit mit aller ſeiner Kunſt brin-
gen
(s)[Spaltenumbruch]BOYLE Exp. phyſ. mech. de aere p. 32.
(t) Ernaͤhrt mehr, als eine Ti- ſane GALEN de ptiſ. c. 5.
(u)SUIDAS p. 609.
(u*)HASSELQUIST p. 173.
(w) Die Negern der Goldkuͤſte Hiſt. des Voy. L. IX. p. 318. conf. p. 204. 205. das Kranichfleiſch iſt nicht eßbar, wenn man den Kra- [Spaltenumbruch]
nich nicht etliche Tage vorher er- droſſelt CASTELLANUS.
(x)PORTA Mag. natur. L. 13. LABAT Voy. d’Eſpagn. I p. 254. 255.
(y) An Kapaunen VALISNER T. III. p. 170.
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[322[338]/0358]
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vierten Theil Luft von ſich (s), als er roh von ſich laſſen
wuͤrde. Jm Brodte, zu welchem man eine viel groͤſſere
Menge bloſſes Feuer bringt, bleibt viel weniger Luft, aber
dennoch die erwaͤrmende Kraft ganz uͤbrig (t). Man
verbeſſert es um ein vieles, wenn man zweimal baͤkkt, und
zugleich fuͤr dem Schimmel bewart. Dieſe Sache war
bereits den Alten bekannt (u), und es ſcheint der Genuß
gebratener Fruͤchte, welcher auch noch jezzo nicht aus der
Mode gekommen (u*)| aͤlter zu ſein.
Das grobfaͤdnige Fleiſch, ſonderlich der wilden Thie-
re, welches vielleicht zuerſt verſpeiſet worden, wird wei-
cher, wenn die Faͤulnis darinnen zu wirken anfaͤngt.
Dieſe Beqvemlichkeit verſchafft ſchon das bloſſe Aufbe-
halten, und vielleicht iſt dieſes die Urſache, warum einige
Voͤlker ihre beinahe faulgewordene Speiſe der friſchen
vorziehen (w).
Man ſucht das Muͤrbemachen an einem lebendigen
Thiere durch die Hezze (x) und Jagd, bevor man es toͤd-
tet, durch andre grauſame Kuͤnſteleien, als das Erſtik-
ken (y), durch ein langſames Abſchlachten (z), und end-
lich durchs Klopfen (a) zu erhalten, und ich habe oft
ſelbſt das Rindfleiſch dadurch ſo ſchmakkhaft machen laſ-
ſen, daß man kaum zehn Minuten lang Feuer gebrauchte,
um es ſehr angenem zu machen.
Der Menſch hat ſich Feuer zu machen ausgeſonnen,
und kein Thier hat es ſo weit mit aller ſeiner Kunſt brin-
gen
(s)
BOYLE Exp. phyſ. mech.
de aere p. 32.
(t) Ernaͤhrt mehr, als eine Ti-
ſane GALEN de ptiſ. c. 5.
(u) SUIDAS p. 609.
(u*) HASSELQUIST p. 173.
(w) Die Negern der Goldkuͤſte
Hiſt. des Voy. L. IX. p. 318. conf.
p. 204. 205. das Kranichfleiſch iſt
nicht eßbar, wenn man den Kra-
nich nicht etliche Tage vorher er-
droſſelt CASTELLANUS.
(x) PORTA Mag. natur. L. 13.
LABAT Voy. d’Eſpagn. I p.
254. 255.
(y) An Kapaunen VALISNER
T. III. p. 170.
(z) Jndianiſche Huͤner.
(a) VERULAM Hiſt. vit. mort.
p. 335.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 322[338]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/358>, abgerufen am 23.11.2024.
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