Strahlenbrechung in dem Vitriol grösser (n). Baumöl wiegt, gegen das Leinöl, wie 6 zu 11, und dennoch sind die Strahlenbrechungen gleich groß (o). Unter den ver- brennlichen Körpern refringiren doch diejenigen stärker, welche dichter sind (p). Von diesem Gesezze lassen sich überhaupt alle Dinge folgern, welche wir zur Erklärung der Strahlenbrechungen wissen müssen.
Wenn also ein Lichtstrahl aus einem dünnern Mittel- wesen, so weniger anziehende Materien besizzt, sich der Oberfläche eines dichten Mittelwesens nähert, so folgt dar- aus, daß er davon um desto stärker angezogen werden muß, je mehr das dichtere Mittelwesen die Dichtheit des dünnern Mittelwesens übertrift. Folglich wird sein Lauf von dieser Anziehungskraft beschleunigt, und der Strahl selbst gebogen werden: Das erste darum, weil noch zu der, dem Strahl eigenen, Geschwindigkeit, die beständig wachsende Kraft der Anziehung hinzukömmt (q): Das zweite darum, weil nunmehro die Richtung des Strahls, aus der vorigen Richtung des Strahls und der Anzie- hungskraft des Mittelwesens zusammengesezzet ist: Wohl zu verstehen, wenn er schief ankömmt: Jndem ein Strahl an der Oberfläche eines perpendikulairen Mittelwesens nicht gebrochen wird.
Es wirkt diese Kraft bereits in den noch entfernten, dennoch nahen Strahl, und sie zwingt ihn von seinem Wege abzuweichen, und sich derjenigen Linie mehr zu nähern, welche auf den dichtern Körper senkrecht trift. Selbst in der Luft nähert sich ein Strahl, der aus einem luftleeren Raum herkommt, nunmehro der Perpendikul- linie, und es ist dieses ein subtiler Versuch, der nicht al- len nach Wunsch gerathen will (r)
So
(n)[Spaltenumbruch]n. 2823.
(o) 2846.
(p)NEWTON tab. p. 247.
(q)S'GRAVEZANDE n 2779. seqq. HELSHAM pag. 292. MUS- SHENBROECK n. 1085.
(r)[Spaltenumbruch]
Solches behauptet HAWKS- BEE. in exper. MUSSCHEN- BROECK orat. de philos. expe- rim. p. XXIII. RIZZETI Act. Erud. Sudpl. T. III. S. 3.
N n n 2
III. Abſchnitt. Die Farben.
Strahlenbrechung in dem Vitriol groͤſſer (n). Baumoͤl wiegt, gegen das Leinoͤl, wie 6 zu 11, und dennoch ſind die Strahlenbrechungen gleich groß (o). Unter den ver- brennlichen Koͤrpern refringiren doch diejenigen ſtaͤrker, welche dichter ſind (p). Von dieſem Geſezze laſſen ſich uͤberhaupt alle Dinge folgern, welche wir zur Erklaͤrung der Strahlenbrechungen wiſſen muͤſſen.
Wenn alſo ein Lichtſtrahl aus einem duͤnnern Mittel- weſen, ſo weniger anziehende Materien beſizzt, ſich der Oberflaͤche eines dichten Mittelweſens naͤhert, ſo folgt dar- aus, daß er davon um deſto ſtaͤrker angezogen werden muß, je mehr das dichtere Mittelweſen die Dichtheit des duͤnnern Mittelweſens uͤbertrift. Folglich wird ſein Lauf von dieſer Anziehungskraft beſchleunigt, und der Strahl ſelbſt gebogen werden: Das erſte darum, weil noch zu der, dem Strahl eigenen, Geſchwindigkeit, die beſtaͤndig wachſende Kraft der Anziehung hinzukoͤmmt (q): Das zweite darum, weil nunmehro die Richtung des Strahls, aus der vorigen Richtung des Strahls und der Anzie- hungskraft des Mittelweſens zuſammengeſezzet iſt: Wohl zu verſtehen, wenn er ſchief ankoͤmmt: Jndem ein Strahl an der Oberflaͤche eines perpendikulairen Mittelweſens nicht gebrochen wird.
Es wirkt dieſe Kraft bereits in den noch entfernten, dennoch nahen Strahl, und ſie zwingt ihn von ſeinem Wege abzuweichen, und ſich derjenigen Linie mehr zu naͤhern, welche auf den dichtern Koͤrper ſenkrecht trift. Selbſt in der Luft naͤhert ſich ein Strahl, der aus einem luftleeren Raum herkommt, nunmehro der Perpendikul- linie, und es iſt dieſes ein ſubtiler Verſuch, der nicht al- len nach Wunſch gerathen will (r)
So
(n)[Spaltenumbruch]n. 2823.
(o) 2846.
(p)NEWTON tab. p. 247.
(q)S’GRAVEZANDE n 2779. ſeqq. HELSHAM pag. 292. MUS- SHENBROECK n. 1085.
(r)[Spaltenumbruch]
Solches behauptet HAWKS- BEE. in exper. MUSSCHEN- BROECK orat. de philoſ. expe- rim. p. XXIII. RIZZETI Act. Erud. Sudpl. T. III. S. 3.
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III. Abſchnitt. Die Farben.
Strahlenbrechung in dem Vitriol groͤſſer (n). Baumoͤl
wiegt, gegen das Leinoͤl, wie 6 zu 11, und dennoch ſind
die Strahlenbrechungen gleich groß (o). Unter den ver-
brennlichen Koͤrpern refringiren doch diejenigen ſtaͤrker,
welche dichter ſind (p). Von dieſem Geſezze laſſen ſich
uͤberhaupt alle Dinge folgern, welche wir zur Erklaͤrung
der Strahlenbrechungen wiſſen muͤſſen.
Wenn alſo ein Lichtſtrahl aus einem duͤnnern Mittel-
weſen, ſo weniger anziehende Materien beſizzt, ſich der
Oberflaͤche eines dichten Mittelweſens naͤhert, ſo folgt dar-
aus, daß er davon um deſto ſtaͤrker angezogen werden
muß, je mehr das dichtere Mittelweſen die Dichtheit des
duͤnnern Mittelweſens uͤbertrift. Folglich wird ſein Lauf
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ſelbſt gebogen werden: Das erſte darum, weil noch zu
der, dem Strahl eigenen, Geſchwindigkeit, die beſtaͤndig
wachſende Kraft der Anziehung hinzukoͤmmt (q): Das
zweite darum, weil nunmehro die Richtung des Strahls,
aus der vorigen Richtung des Strahls und der Anzie-
hungskraft des Mittelweſens zuſammengeſezzet iſt: Wohl
zu verſtehen, wenn er ſchief ankoͤmmt: Jndem ein Strahl
an der Oberflaͤche eines perpendikulairen Mittelweſens
nicht gebrochen wird.
Es wirkt dieſe Kraft bereits in den noch entfernten,
dennoch nahen Strahl, und ſie zwingt ihn von ſeinem
Wege abzuweichen, und ſich derjenigen Linie mehr zu
naͤhern, welche auf den dichtern Koͤrper ſenkrecht trift.
Selbſt in der Luft naͤhert ſich ein Strahl, der aus einem
luftleeren Raum herkommt, nunmehro der Perpendikul-
linie, und es iſt dieſes ein ſubtiler Verſuch, der nicht al-
len nach Wunſch gerathen will (r)
So
(n)
n. 2823.
(o) 2846.
(p) NEWTON tab. p. 247.
(q) S’GRAVEZANDE n 2779.
ſeqq. HELSHAM pag. 292. MUS-
SHENBROECK n. 1085.
(r)
Solches behauptet HAWKS-
BEE. in exper. MUSSCHEN-
BROECK orat. de philoſ. expe-
rim. p. XXIII. RIZZETI Act. Erud.
Sudpl. T. III. S. 3.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 931. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/949>, abgerufen am 23.11.2024.
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