Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite
Das Sehen. XVI. Buch.

Oder ob sich endlich beiderlei Mark vermische, und
das rechte Auge zugleich vom linken Nerven einigen Mark-
vorrath, und so das linke vom rechten erhalte.

Für die Durchkreuzung sind die Fische ein Exempel (r),
und die Krabben, die Einsiedler (s). Jch habe selbst
gesehen, daß in verschiedenen Fischen (s*) der linke Seh-
nerve auf dem rechten liegt, und ohne alle Vermischung
einiger Fasern, nach dem rechten Auge zu läuft; und
daß eben so der rechte, doch tiefer liegend, in das linke
läuft. Cheselden ist Zeuge, daß von einer Verwun-
dung des linken Auges, nicht an der linken, sondern rech-
ten Kopfseite, Schmerz und Lähmung erfolgt ist (t),
und es glaubt der berühmte Petit, daß es schon aus der
Zergliederung selbst erhelle, daß der linke Nerve wirk-
lich zum rechten Auge hingehe (u).

Doch es streiten überhaupt gegen diese Hypothese, viele
sowohl alte als neue Krankheitsfälle. So war in dem
Berichte des Vesals (x) das rechte Auge sowohl vor der
Vereinigung, als hinter derselben kleiner, als gehörig ist,
da sich doch das linke in vollkommenem Zustande befand.

Weiter sahe Cäsalpin (y) einen Menschen, dessen
rechtes Auge schwach war, und an dem doch an eben
der Seite, und nicht an der linken Seite der Sehnerve
erschlafft, und der rechte gut war. Eine ähnliche Ge-
schichte melden Werner Rollfink (z), und der grosse

Zerglie-
(r) [Spaltenumbruch] COLLINS p. 1045. 1046.
im Hechte t. 69. f. 2. Jm Fische
Gurnard genannt tab 70. f. 3.
Ueberhaupt besiehe WILLIS
p.
75. ferner MONRO Compa-
rat. anat. p.
135. 136.
(s) SWAMMERDAM bibl.
tab. XI. f.
9.
(s*) Durchkreuzen sich auch in
dem Frosche BARTHOLIN
Epist.
(t) [Spaltenumbruch] pag. 294. 295.
(u) Memoires de l'Acad. 1736.
p.
70. besiehe den aus dem be-
rühmten LAPEYRONIE wieder-
holten Versuch.
(x) p. 518. VALVERDA IV.
c. 3. p.
311.
(y) Quaest. med. 10. L. II.
und bei dem RIOLANUS p. 263.
(z) De gutta serena c. 4. et
LOESEL apud BOHNIUM. conf.
MORGAGN Epist. XVI. n.
14.
Das Sehen. XVI. Buch.

Oder ob ſich endlich beiderlei Mark vermiſche, und
das rechte Auge zugleich vom linken Nerven einigen Mark-
vorrath, und ſo das linke vom rechten erhalte.

Fuͤr die Durchkreuzung ſind die Fiſche ein Exempel (r),
und die Krabben, die Einſiedler (s). Jch habe ſelbſt
geſehen, daß in verſchiedenen Fiſchen (s*) der linke Seh-
nerve auf dem rechten liegt, und ohne alle Vermiſchung
einiger Faſern, nach dem rechten Auge zu laͤuft; und
daß eben ſo der rechte, doch tiefer liegend, in das linke
laͤuft. Cheſelden iſt Zeuge, daß von einer Verwun-
dung des linken Auges, nicht an der linken, ſondern rech-
ten Kopfſeite, Schmerz und Laͤhmung erfolgt iſt (t),
und es glaubt der beruͤhmte Petit, daß es ſchon aus der
Zergliederung ſelbſt erhelle, daß der linke Nerve wirk-
lich zum rechten Auge hingehe (u).

Doch es ſtreiten uͤberhaupt gegen dieſe Hypotheſe, viele
ſowohl alte als neue Krankheitsfaͤlle. So war in dem
Berichte des Veſals (x) das rechte Auge ſowohl vor der
Vereinigung, als hinter derſelben kleiner, als gehoͤrig iſt,
da ſich doch das linke in vollkommenem Zuſtande befand.

Weiter ſahe Caͤſalpin (y) einen Menſchen, deſſen
rechtes Auge ſchwach war, und an dem doch an eben
der Seite, und nicht an der linken Seite der Sehnerve
erſchlafft, und der rechte gut war. Eine aͤhnliche Ge-
ſchichte melden Werner Rollfink (z), und der groſſe

Zerglie-
(r) [Spaltenumbruch] COLLINS p. 1045. 1046.
im Hechte t. 69. f. 2. Jm Fiſche
Gurnard genannt tab 70. f. 3.
Ueberhaupt beſiehe WILLIS
p.
75. ferner MONRO Compa-
rat. anat. p.
135. 136.
(s) SWAMMERDAM bibl.
tab. XI. f.
9.
(s*) Durchkreuzen ſich auch in
dem Froſche BARTHOLIN
Epiſt.
(t) [Spaltenumbruch] pag. 294. 295.
(u) Memoires de l’Acad. 1736.
p.
70. beſiehe den aus dem be-
ruͤhmten LAPEYRONIE wieder-
holten Verſuch.
(x) p. 518. VALVERDA IV.
c. 3. p.
311.
(y) Quaeſt. med. 10. L. II.
und bei dem RIOLANUS p. 263.
(z) De gutta ſerena c. 4. et
LOESEL apud BOHNIUM. conf.
MORGAGN Epiſt. XVI. n.
14.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0796" n="778"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das Sehen. <hi rendition="#aq">XVI.</hi> Buch.</hi> </fw><lb/>
            <p>Oder ob &#x017F;ich endlich beiderlei Mark vermi&#x017F;che, und<lb/>
das rechte Auge zugleich vom linken Nerven einigen Mark-<lb/>
vorrath, und &#x017F;o das linke vom rechten erhalte.</p><lb/>
            <p>Fu&#x0364;r die Durchkreuzung &#x017F;ind die Fi&#x017F;che ein Exempel <note place="foot" n="(r)"><cb/><hi rendition="#aq">COLLINS p.</hi> 1045. 1046.<lb/>
im Hechte <hi rendition="#aq">t. 69. f.</hi> 2. Jm Fi&#x017F;che<lb/><hi rendition="#aq">Gurnard</hi> genannt <hi rendition="#aq">tab 70. f.</hi> 3.<lb/>
Ueberhaupt be&#x017F;iehe <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">WILLIS</hi><lb/>
p.</hi> 75. ferner <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">MONRO</hi> Compa-<lb/>
rat. anat. p.</hi> 135. 136.</note>,<lb/>
und die Krabben, die Ein&#x017F;iedler <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq">SWAMMERDAM bibl.<lb/>
tab. XI. f.</hi> 9.</note>. Jch habe &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
ge&#x017F;ehen, daß in ver&#x017F;chiedenen Fi&#x017F;chen <note place="foot" n="(s*)">Durchkreuzen &#x017F;ich auch in<lb/>
dem Fro&#x017F;che <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">BARTHOLIN</hi><lb/>
Epi&#x017F;t.</hi></note> der linke Seh-<lb/>
nerve auf dem rechten liegt, und ohne alle Vermi&#x017F;chung<lb/>
einiger Fa&#x017F;ern, nach dem rechten Auge zu la&#x0364;uft; und<lb/>
daß eben &#x017F;o der rechte, doch tiefer liegend, in das linke<lb/>
la&#x0364;uft. <hi rendition="#fr">Che&#x017F;elden</hi> i&#x017F;t Zeuge, daß von einer Verwun-<lb/>
dung des linken Auges, nicht an der linken, &#x017F;ondern rech-<lb/>
ten Kopf&#x017F;eite, Schmerz und La&#x0364;hmung erfolgt i&#x017F;t <note place="foot" n="(t)"><cb/><hi rendition="#aq">pag.</hi> 294. 295.</note>,<lb/>
und es glaubt der beru&#x0364;hmte <hi rendition="#fr">Petit,</hi> daß es &#x017F;chon aus der<lb/>
Zergliederung &#x017F;elb&#x017F;t erhelle, daß der linke Nerve wirk-<lb/>
lich zum rechten Auge hingehe <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#aq">Memoires de l&#x2019;Acad. 1736.<lb/>
p.</hi> 70. be&#x017F;iehe den aus dem be-<lb/>
ru&#x0364;hmten <hi rendition="#aq">LAPEYRONIE</hi> wieder-<lb/>
holten Ver&#x017F;uch.</note>.</p><lb/>
            <p>Doch es &#x017F;treiten u&#x0364;berhaupt gegen die&#x017F;e Hypothe&#x017F;e, viele<lb/>
&#x017F;owohl alte als neue Krankheitsfa&#x0364;lle. So war in dem<lb/>
Berichte des <hi rendition="#fr">Ve&#x017F;als</hi> <note place="foot" n="(x)"><hi rendition="#aq">p. 518. VALVERDA IV.<lb/>
c. 3. p.</hi> 311.</note> das rechte Auge &#x017F;owohl vor der<lb/>
Vereinigung, als hinter der&#x017F;elben kleiner, als geho&#x0364;rig i&#x017F;t,<lb/>
da &#x017F;ich doch das linke in vollkommenem Zu&#x017F;tande befand.</p><lb/>
            <p>Weiter &#x017F;ahe <hi rendition="#fr">Ca&#x0364;&#x017F;alpin</hi> <note place="foot" n="(y)"><hi rendition="#aq">Quae&#x017F;t. med. 10. L. II.</hi><lb/>
und bei dem <hi rendition="#aq">RIOLANUS p.</hi> 263.</note> einen Men&#x017F;chen, de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
rechtes Auge &#x017F;chwach war, und an dem doch an eben<lb/>
der Seite, und nicht an der linken Seite der Sehnerve<lb/>
er&#x017F;chlafft, und der rechte gut war. Eine a&#x0364;hnliche Ge-<lb/>
&#x017F;chichte melden <hi rendition="#fr">Werner Rollfink</hi> <note place="foot" n="(z)"><hi rendition="#aq">De gutta &#x017F;erena c. 4. et<lb/>
LOESEL apud BOHNIUM. conf.<lb/>
MORGAGN Epi&#x017F;t. XVI. n.</hi> 14.</note>, und der gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Zerglie-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[778/0796] Das Sehen. XVI. Buch. Oder ob ſich endlich beiderlei Mark vermiſche, und das rechte Auge zugleich vom linken Nerven einigen Mark- vorrath, und ſo das linke vom rechten erhalte. Fuͤr die Durchkreuzung ſind die Fiſche ein Exempel (r), und die Krabben, die Einſiedler (s). Jch habe ſelbſt geſehen, daß in verſchiedenen Fiſchen (s*) der linke Seh- nerve auf dem rechten liegt, und ohne alle Vermiſchung einiger Faſern, nach dem rechten Auge zu laͤuft; und daß eben ſo der rechte, doch tiefer liegend, in das linke laͤuft. Cheſelden iſt Zeuge, daß von einer Verwun- dung des linken Auges, nicht an der linken, ſondern rech- ten Kopfſeite, Schmerz und Laͤhmung erfolgt iſt (t), und es glaubt der beruͤhmte Petit, daß es ſchon aus der Zergliederung ſelbſt erhelle, daß der linke Nerve wirk- lich zum rechten Auge hingehe (u). Doch es ſtreiten uͤberhaupt gegen dieſe Hypotheſe, viele ſowohl alte als neue Krankheitsfaͤlle. So war in dem Berichte des Veſals (x) das rechte Auge ſowohl vor der Vereinigung, als hinter derſelben kleiner, als gehoͤrig iſt, da ſich doch das linke in vollkommenem Zuſtande befand. Weiter ſahe Caͤſalpin (y) einen Menſchen, deſſen rechtes Auge ſchwach war, und an dem doch an eben der Seite, und nicht an der linken Seite der Sehnerve erſchlafft, und der rechte gut war. Eine aͤhnliche Ge- ſchichte melden Werner Rollfink (z), und der groſſe Zerglie- (r) COLLINS p. 1045. 1046. im Hechte t. 69. f. 2. Jm Fiſche Gurnard genannt tab 70. f. 3. Ueberhaupt beſiehe WILLIS p. 75. ferner MONRO Compa- rat. anat. p. 135. 136. (s) SWAMMERDAM bibl. tab. XI. f. 9. (s*) Durchkreuzen ſich auch in dem Froſche BARTHOLIN Epiſt. (t) pag. 294. 295. (u) Memoires de l’Acad. 1736. p. 70. beſiehe den aus dem be- ruͤhmten LAPEYRONIE wieder- holten Verſuch. (x) p. 518. VALVERDA IV. c. 3. p. 311. (y) Quaeſt. med. 10. L. II. und bei dem RIOLANUS p. 263. (z) De gutta ſerena c. 4. et LOESEL apud BOHNIUM. conf. MORGAGN Epiſt. XVI. n. 14.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/796
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 778. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/796>, abgerufen am 23.06.2024.