Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite
IV. Abschnitt. Nuzzen.

Jch schreibe aber deswegen nicht die ganze Bil-
dung und Verhärtung der Knochen den Muskeln zu, in-
dem ich mich der Zähne, und Gehörknöchgen erinnere,
welche ohne allen Muskeldrukk zu harten und ordentlich
gebildeten Knochen werden. Doch ist das, was wir bis-
her gesagt haben, allerdings zuverläßig, und es sind die
Knochen eines erwachsenen Menschen, von den Knochen
der Frucht in den wenigsten Stükken unterschieden, da-
von wir nicht den Grund in den Muskeln finden sollten.

§. 7.
Die Muskeln bewegen die Säfte des Körpers aus
ihrer Stelle fort.

Wir haben bereits an einigen Orten gezeiget, wie die
Muskeln (c) sowohl das Blut in den Blutadern (d) als
auch in den Schlagadern selbst weiter forttreiben (e). So
hält der Muskelgürtel der schiefen Bauchmuskeln nebst
dem Queermuskel des Bauches, den ganzen Bauch, und
alle Eingeweide desselben (f) zusammen, er drükkt solche
zusammen, daß das Blut nicht so wohl nach den untern,
als nach den obern Theilen, zum Herzen und Kopfe laufen
mus (g). Daher entsteht im Erbrechen das rote und ge-
schwollene blaue Angesicht, und es zerreissen oft die Blut-
adern bei dieser Anstrengung. Hiermit stimmen auch die
übrigen Kräfte des Ausatmens überein.

Und auf diese Art leert sich auch die Leber und Milz
aus, weil sich das Blut in diesen Eingeweiden sehr lang-
sam bewegt, und das Blut durch die Gefässe des Gekrö-
ses beschleunigt zu werden scheint, wie solches der börhaa-
vensche
Versuch lehret, da die Gefässe des Gekröses dik-
ker und knochig werden (h), wenn man die Muskeln des

Bau-
(c) [Spaltenumbruch] L. III. p. 205. L. VI. p. 216.
217. 327.
(d) L. VI. pag. 327.
(e) L. VI. pag. 216. 217.
(f) [Spaltenumbruch] pag. 218.
(g) Daher schwillet das Gehirn
auf, de motu sanguinis Sect. IX.
(h) Exp. 45. 103.
O 4
IV. Abſchnitt. Nuzzen.

Jch ſchreibe aber deswegen nicht die ganze Bil-
dung und Verhaͤrtung der Knochen den Muſkeln zu, in-
dem ich mich der Zaͤhne, und Gehoͤrknoͤchgen erinnere,
welche ohne allen Muſkeldrukk zu harten und ordentlich
gebildeten Knochen werden. Doch iſt das, was wir bis-
her geſagt haben, allerdings zuverlaͤßig, und es ſind die
Knochen eines erwachſenen Menſchen, von den Knochen
der Frucht in den wenigſten Stuͤkken unterſchieden, da-
von wir nicht den Grund in den Muſkeln finden ſollten.

§. 7.
Die Muſkeln bewegen die Saͤfte des Koͤrpers aus
ihrer Stelle fort.

Wir haben bereits an einigen Orten gezeiget, wie die
Muſkeln (c) ſowohl das Blut in den Blutadern (d) als
auch in den Schlagadern ſelbſt weiter forttreiben (e). So
haͤlt der Muſkelguͤrtel der ſchiefen Bauchmuſkeln nebſt
dem Queermuſkel des Bauches, den ganzen Bauch, und
alle Eingeweide deſſelben (f) zuſammen, er druͤkkt ſolche
zuſammen, daß das Blut nicht ſo wohl nach den untern,
als nach den obern Theilen, zum Herzen und Kopfe laufen
mus (g). Daher entſteht im Erbrechen das rote und ge-
ſchwollene blaue Angeſicht, und es zerreiſſen oft die Blut-
adern bei dieſer Anſtrengung. Hiermit ſtimmen auch die
uͤbrigen Kraͤfte des Ausatmens uͤberein.

Und auf dieſe Art leert ſich auch die Leber und Milz
aus, weil ſich das Blut in dieſen Eingeweiden ſehr lang-
ſam bewegt, und das Blut durch die Gefaͤſſe des Gekroͤ-
ſes beſchleunigt zu werden ſcheint, wie ſolches der boͤrhaa-
venſche
Verſuch lehret, da die Gefaͤſſe des Gekroͤſes dik-
ker und knochig werden (h), wenn man die Muſkeln des

Bau-
(c) [Spaltenumbruch] L. III. p. 205. L. VI. p. 216.
217. 327.
(d) L. VI. pag. 327.
(e) L. VI. pag. 216. 217.
(f) [Spaltenumbruch] pag. 218.
(g) Daher ſchwillet das Gehirn
auf, de motu ſanguinis Sect. IX.
(h) Exp. 45. 103.
O 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0233" n="215"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IV.</hi> Ab&#x017F;chnitt. Nuzzen.</hi> </fw><lb/>
          <p>Jch &#x017F;chreibe aber deswegen nicht die ganze Bil-<lb/>
dung und Verha&#x0364;rtung der Knochen den Mu&#x017F;keln zu, in-<lb/>
dem ich mich der Za&#x0364;hne, und Geho&#x0364;rkno&#x0364;chgen erinnere,<lb/>
welche ohne allen Mu&#x017F;keldrukk zu harten und ordentlich<lb/>
gebildeten Knochen werden. Doch i&#x017F;t das, was wir bis-<lb/>
her ge&#x017F;agt haben, allerdings zuverla&#x0364;ßig, und es &#x017F;ind die<lb/>
Knochen eines erwach&#x017F;enen Men&#x017F;chen, von den Knochen<lb/>
der Frucht in den wenig&#x017F;ten Stu&#x0364;kken unter&#x017F;chieden, da-<lb/>
von wir nicht den Grund in den Mu&#x017F;keln finden &#x017F;ollten.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 7.<lb/><hi rendition="#b">Die Mu&#x017F;keln bewegen die Sa&#x0364;fte des Ko&#x0364;rpers aus<lb/>
ihrer Stelle fort.</hi></head><lb/>
          <p>Wir haben bereits an einigen Orten gezeiget, wie die<lb/>
Mu&#x017F;keln <note place="foot" n="(c)"><cb/><hi rendition="#aq">L. III. p. 205. L. VI. p.</hi> 216.<lb/>
217. 327.</note> &#x017F;owohl das Blut in den Blutadern <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#aq">L. VI. pag.</hi> 327.</note> als<lb/>
auch in den Schlagadern &#x017F;elb&#x017F;t weiter forttreiben <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq">L. VI. pag.</hi> 216. 217.</note>. So<lb/>
ha&#x0364;lt der Mu&#x017F;kelgu&#x0364;rtel der &#x017F;chiefen Bauchmu&#x017F;keln neb&#x017F;t<lb/>
dem Queermu&#x017F;kel des Bauches, den ganzen Bauch, und<lb/>
alle Eingeweide de&#x017F;&#x017F;elben <note place="foot" n="(f)"><cb/><hi rendition="#aq">pag.</hi> 218.</note> zu&#x017F;ammen, er dru&#x0364;kkt &#x017F;olche<lb/>
zu&#x017F;ammen, daß das Blut nicht &#x017F;o wohl nach den untern,<lb/>
als nach den obern Theilen, zum Herzen und Kopfe laufen<lb/>
mus <note place="foot" n="(g)">Daher &#x017F;chwillet das Gehirn<lb/>
auf, <hi rendition="#aq">de motu &#x017F;anguinis Sect. IX.</hi></note>. Daher ent&#x017F;teht im Erbrechen das rote und ge-<lb/>
&#x017F;chwollene blaue Ange&#x017F;icht, und es zerrei&#x017F;&#x017F;en oft die Blut-<lb/>
adern bei die&#x017F;er An&#x017F;trengung. Hiermit &#x017F;timmen auch die<lb/>
u&#x0364;brigen Kra&#x0364;fte des Ausatmens u&#x0364;berein.</p><lb/>
          <p>Und auf die&#x017F;e Art leert &#x017F;ich auch die Leber und Milz<lb/>
aus, weil &#x017F;ich das Blut in die&#x017F;en Eingeweiden &#x017F;ehr lang-<lb/>
&#x017F;am bewegt, und das Blut durch die Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e des Gekro&#x0364;-<lb/>
&#x017F;es be&#x017F;chleunigt zu werden &#x017F;cheint, wie &#x017F;olches der <hi rendition="#fr">bo&#x0364;rhaa-<lb/>
ven&#x017F;che</hi> Ver&#x017F;uch lehret, da die Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e des Gekro&#x0364;&#x017F;es dik-<lb/>
ker und knochig werden <note place="foot" n="(h)"><hi rendition="#aq">Exp.</hi> 45. 103.</note>, wenn man die Mu&#x017F;keln des<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Bau-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[215/0233] IV. Abſchnitt. Nuzzen. Jch ſchreibe aber deswegen nicht die ganze Bil- dung und Verhaͤrtung der Knochen den Muſkeln zu, in- dem ich mich der Zaͤhne, und Gehoͤrknoͤchgen erinnere, welche ohne allen Muſkeldrukk zu harten und ordentlich gebildeten Knochen werden. Doch iſt das, was wir bis- her geſagt haben, allerdings zuverlaͤßig, und es ſind die Knochen eines erwachſenen Menſchen, von den Knochen der Frucht in den wenigſten Stuͤkken unterſchieden, da- von wir nicht den Grund in den Muſkeln finden ſollten. §. 7. Die Muſkeln bewegen die Saͤfte des Koͤrpers aus ihrer Stelle fort. Wir haben bereits an einigen Orten gezeiget, wie die Muſkeln (c) ſowohl das Blut in den Blutadern (d) als auch in den Schlagadern ſelbſt weiter forttreiben (e). So haͤlt der Muſkelguͤrtel der ſchiefen Bauchmuſkeln nebſt dem Queermuſkel des Bauches, den ganzen Bauch, und alle Eingeweide deſſelben (f) zuſammen, er druͤkkt ſolche zuſammen, daß das Blut nicht ſo wohl nach den untern, als nach den obern Theilen, zum Herzen und Kopfe laufen mus (g). Daher entſteht im Erbrechen das rote und ge- ſchwollene blaue Angeſicht, und es zerreiſſen oft die Blut- adern bei dieſer Anſtrengung. Hiermit ſtimmen auch die uͤbrigen Kraͤfte des Ausatmens uͤberein. Und auf dieſe Art leert ſich auch die Leber und Milz aus, weil ſich das Blut in dieſen Eingeweiden ſehr lang- ſam bewegt, und das Blut durch die Gefaͤſſe des Gekroͤ- ſes beſchleunigt zu werden ſcheint, wie ſolches der boͤrhaa- venſche Verſuch lehret, da die Gefaͤſſe des Gekroͤſes dik- ker und knochig werden (h), wenn man die Muſkeln des Bau- (c) L. III. p. 205. L. VI. p. 216. 217. 327. (d) L. VI. pag. 327. (e) L. VI. pag. 216. 217. (f) pag. 218. (g) Daher ſchwillet das Gehirn auf, de motu ſanguinis Sect. IX. (h) Exp. 45. 103. O 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/233
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/233>, abgerufen am 22.11.2024.