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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772.

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III. Abschnitt. Der Schlaf.

Doch es kann auch der Drukk des Magens, am
stehenden oder sizzenden Menschen, auf die Aorte nicht son-
derlich gros sein. Denn es ändert der Magen im Men-
schen offenbar seine Lage, und hängt mit seinem grössern
Bogen gegen das Darmfell, so daß er sich vom Rükkrad
weit zurükke begiebt, und blos die Aorte (r) mit seinen
zwo Mündungen zwischen sich nimmt, in denen doch keine
Speise befindlich ist. So urtheilt, wie ich jezzo wahr-
nehme, schon Philipp Hecquet (s) und A. Stuart nach
guten Gründen (t).

Es würde auch der Schlaf zu einer Krankheit wer-
den, wenn die Aorte in solchem Grade gedrükkt werden
sollte, daß sie uns emschläferte. Nun ist aber ein Schlaf
auf eine gesunde Mahlzeit, eine angenehme Sache (u). Da-
her kann ich die freilich in etwas gehemmte Bewegung
des Zwerchfelles (x), nicht hieher ziehen, denn dieses wür-
de nur eine Aengstlichkeit verursachen, weil diese auf Hin-
ternisse folgt, die das Blut in der Lunge aufhalten.

Doch man kann auch in keinem natürlichen Schlafe,
die Theilchen der Speise dem Umlaufe des Blutes, als
hinderlich betrachten (y), ob sie gleich schläfrig machen
könnten, nun aber bei einer mäßigen Mahlzeit nicht statt
finden.

Oder will man das Vergnügen, und den schlafenden
Reizz zur Ursache machen (z); oder sagen, daß das Gehirn
nun von dem auf den Unterleib sinkenden Blute frei gemacht
worden, dergleichen auf das Fuswaschen erfolgt. Denn es
befindet sich nach dem Essen im Unterleibe mehr Blut, es
bezeigt einen Trieb zu stärkern Absonderungen (a), und
folglich wendet sich das Blut alsdann vom Gehirn weg.

Zur
(r) [Spaltenumbruch] Besiehe indessen Prim. lin.
Physiolog. n.
620
(s) Reponse a M SYLVA. p. 311.
(t) Phil. transact. n 427.
(u) Sein Lob bei dem HOF-
MANN Instit p. 715. SANCTOR
de somno n. 28. GORTER aphor.
334. Exerc. l. p.
47.
(x) [Spaltenumbruch] BOND p. 51. 53. Conf. NI-
COLAI II Stuck. n
57 leitet die
Röthe daher.
(y) B. de MOOR inst. Med. p.
86. STUART Phil. transact. n.
414.
(z) MEAD of poisons p. 250.
(a) GORTER Exercit. p. 42.
III. Abſchnitt. Der Schlaf.

Doch es kann auch der Drukk des Magens, am
ſtehenden oder ſizzenden Menſchen, auf die Aorte nicht ſon-
derlich gros ſein. Denn es aͤndert der Magen im Men-
ſchen offenbar ſeine Lage, und haͤngt mit ſeinem groͤſſern
Bogen gegen das Darmfell, ſo daß er ſich vom Ruͤkkrad
weit zuruͤkke begiebt, und blos die Aorte (r) mit ſeinen
zwo Muͤndungen zwiſchen ſich nimmt, in denen doch keine
Speiſe befindlich iſt. So urtheilt, wie ich jezzo wahr-
nehme, ſchon Philipp Hecquet (s) und A. Stuart nach
guten Gruͤnden (t).

Es wuͤrde auch der Schlaf zu einer Krankheit wer-
den, wenn die Aorte in ſolchem Grade gedruͤkkt werden
ſollte, daß ſie uns emſchlaͤferte. Nun iſt aber ein Schlaf
auf eine geſunde Mahlzeit, eine angenehme Sache (u). Da-
her kann ich die freilich in etwas gehemmte Bewegung
des Zwerchfelles (x), nicht hieher ziehen, denn dieſes wuͤr-
de nur eine Aengſtlichkeit verurſachen, weil dieſe auf Hin-
terniſſe folgt, die das Blut in der Lunge aufhalten.

Doch man kann auch in keinem natuͤrlichen Schlafe,
die Theilchen der Speiſe dem Umlaufe des Blutes, als
hinderlich betrachten (y), ob ſie gleich ſchlaͤfrig machen
koͤnnten, nun aber bei einer maͤßigen Mahlzeit nicht ſtatt
finden.

Oder will man das Vergnuͤgen, und den ſchlafenden
Reizz zur Urſache machen (z); oder ſagen, daß das Gehirn
nun von dem auf den Unterleib ſinkenden Blute frei gemacht
worden, dergleichen auf das Fuswaſchen erfolgt. Denn es
befindet ſich nach dem Eſſen im Unterleibe mehr Blut, es
bezeigt einen Trieb zu ſtaͤrkern Abſonderungen (a), und
folglich wendet ſich das Blut alsdann vom Gehirn weg.

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(r) [Spaltenumbruch] Beſiehe indeſſen Prim. lin.
Phyſiolog. n.
620
(s) Réponſe â M SYLVA. p. 311.
(t) Phil. transact. n 427.
(u) Sein Lob bei dem HOF-
MANN Inſtit p. 715. SANCTOR
de ſomno n. 28. GORTER aphor.
334. Exerc. l. p.
47.
(x) [Spaltenumbruch] BOND p. 51. 53. Conf. NI-
COLAI II Stuck. n
57 leitet die
Roͤthe daher.
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[1149/1167] III. Abſchnitt. Der Schlaf. Doch es kann auch der Drukk des Magens, am ſtehenden oder ſizzenden Menſchen, auf die Aorte nicht ſon- derlich gros ſein. Denn es aͤndert der Magen im Men- ſchen offenbar ſeine Lage, und haͤngt mit ſeinem groͤſſern Bogen gegen das Darmfell, ſo daß er ſich vom Ruͤkkrad weit zuruͤkke begiebt, und blos die Aorte (r) mit ſeinen zwo Muͤndungen zwiſchen ſich nimmt, in denen doch keine Speiſe befindlich iſt. So urtheilt, wie ich jezzo wahr- nehme, ſchon Philipp Hecquet (s) und A. Stuart nach guten Gruͤnden (t). Es wuͤrde auch der Schlaf zu einer Krankheit wer- den, wenn die Aorte in ſolchem Grade gedruͤkkt werden ſollte, daß ſie uns emſchlaͤferte. Nun iſt aber ein Schlaf auf eine geſunde Mahlzeit, eine angenehme Sache (u). Da- her kann ich die freilich in etwas gehemmte Bewegung des Zwerchfelles (x), nicht hieher ziehen, denn dieſes wuͤr- de nur eine Aengſtlichkeit verurſachen, weil dieſe auf Hin- terniſſe folgt, die das Blut in der Lunge aufhalten. Doch man kann auch in keinem natuͤrlichen Schlafe, die Theilchen der Speiſe dem Umlaufe des Blutes, als hinderlich betrachten (y), ob ſie gleich ſchlaͤfrig machen koͤnnten, nun aber bei einer maͤßigen Mahlzeit nicht ſtatt finden. Oder will man das Vergnuͤgen, und den ſchlafenden Reizz zur Urſache machen (z); oder ſagen, daß das Gehirn nun von dem auf den Unterleib ſinkenden Blute frei gemacht worden, dergleichen auf das Fuswaſchen erfolgt. Denn es befindet ſich nach dem Eſſen im Unterleibe mehr Blut, es bezeigt einen Trieb zu ſtaͤrkern Abſonderungen (a), und folglich wendet ſich das Blut alsdann vom Gehirn weg. Zur (r) Beſiehe indeſſen Prim. lin. Phyſiolog. n. 620 (s) Réponſe â M SYLVA. p. 311. (t) Phil. transact. n 427. (u) Sein Lob bei dem HOF- MANN Inſtit p. 715. SANCTOR de ſomno n. 28. GORTER aphor. 334. Exerc. l. p. 47. (x) BOND p. 51. 53. Conf. NI- COLAI II Stuck. n 57 leitet die Roͤthe daher. (y) B. de MOOR inſt. Med. p. 86. STUART Phil. transact. n. 414. (z) MEAD of poiſons p. 250. (a) GORTER Exercit. p. 42.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1167>, abgerufen am 23.11.2024.