Polipe matt wird, so lange sein Magen den Raub ver- zehrt, und er die ausgesogne Haut durch den Mund auswirft (n).
Berühmte Männer unter den Neuern schreiben diese Zunöthigung zum Schlafe, welche von der genossnen Speise herrührt, der von ausgedehnten Magen, gedrükk- ten Aorte (o), oder denen Aesten dieser Schlagader (o*) zu, vermöge deren das Blut nicht nach den untern Thei- len kommen könne, und also nach dem Kopfe steige, da denn der anwachsende Drukk, den Schlaf verursache, und das Alpdrükken erzeuge, wenn harte und schwer zu ver- dauende Speisen den Magen beschweren.
Es ist mir diese Erklärung längst als verdächtig vor- gekommen (p). Es schien mir mit der weisen Natur sich schlecht zusammen zu reimen, wenn zu der Zeit, da die Absonderungen im Unterleibe grösser sein müssen, das Blut den Unterleib verlassen sollte. Wenigstens braucht der Magen, der die Speise kochen soll, und das Gedärm eine reichliche Absonderung, für den Magensaft, den Darmsaft, das Gekröse und die Galle.
Ferner erfolgt der Schlaf an vielen Thieren nach dem Futter, da doch ihr Bau nicht so beschaffen ist, daß sich die Aorte sehr drükken lassen, oder deren Drukk den Schlaf hervorbringen sollte. So schlafen Schlangen (q) nach dem Futter ein, da doch ihr Magen die Haut fehr leicht ausdehnet, und in dieselbe vorragt; und der Polipe hat keine Aorte, so wie andre Jnsekkten mehr.
Doch
(n)[Spaltenumbruch]BAKER polyp. p. 107. 108.
(o)MORGAGNUS principl l. p. 159. BOND nigthmare p. 51 53. da an lebendigen Menschen alles voll ist, Iourn. de Trev. 1729. p. 1821. Add. GODART de l'ame p. 319.
(o*)MORGAGNI sed. & caus. [verlorenes Material - 1 Zeichen fehlt] orb. T. I. p. 251.
(p)[Spaltenumbruch]Comment. in Praelect. T IV. p 515.
(q) Die Klapperschlange schläft, wenn sie ein Eichhorn aufgefressen KALM Reise T. II. p 218 So die gröfte Schlange in Congo LA- BAT Kthiop. occid. p 200. PI- GAFETTA relaz. di Congo.
Der Schlaf. XVII. Buch.
Polipe matt wird, ſo lange ſein Magen den Raub ver- zehrt, und er die ausgeſogne Haut durch den Mund auswirft (n).
Beruͤhmte Maͤnner unter den Neuern ſchreiben dieſe Zunoͤthigung zum Schlafe, welche von der genoſſnen Speiſe herruͤhrt, der von ausgedehnten Magen, gedruͤkk- ten Aorte (o), oder denen Aeſten dieſer Schlagader (o*) zu, vermoͤge deren das Blut nicht nach den untern Thei- len kommen koͤnne, und alſo nach dem Kopfe ſteige, da denn der anwachſende Drukk, den Schlaf verurſache, und das Alpdruͤkken erzeuge, wenn harte und ſchwer zu ver- dauende Speiſen den Magen beſchweren.
Es iſt mir dieſe Erklaͤrung laͤngſt als verdaͤchtig vor- gekommen (p). Es ſchien mir mit der weiſen Natur ſich ſchlecht zuſammen zu reimen, wenn zu der Zeit, da die Abſonderungen im Unterleibe groͤſſer ſein muͤſſen, das Blut den Unterleib verlaſſen ſollte. Wenigſtens braucht der Magen, der die Speiſe kochen ſoll, und das Gedaͤrm eine reichliche Abſonderung, fuͤr den Magenſaft, den Darmſaft, das Gekroͤſe und die Galle.
Ferner erfolgt der Schlaf an vielen Thieren nach dem Futter, da doch ihr Bau nicht ſo beſchaffen iſt, daß ſich die Aorte ſehr druͤkken laſſen, oder deren Drukk den Schlaf hervorbringen ſollte. So ſchlafen Schlangen (q) nach dem Futter ein, da doch ihr Magen die Haut fehr leicht ausdehnet, und in dieſelbe vorragt; und der Polipe hat keine Aorte, ſo wie andre Jnſekkten mehr.
Doch
(n)[Spaltenumbruch]BAKER polyp. p. 107. 108.
(o)MORGAGNUS principl l. p. 159. BOND nigthmare p. 51 53. da an lebendigen Menſchen alles voll iſt, Iourn. de Trev. 1729. p. 1821. Add. GODART de l’ame p. 319.
(o*)MORGAGNI ſed. & cauſ. [verlorenes Material – 1 Zeichen fehlt] orb. T. I. p. 251.
(p)[Spaltenumbruch]Comment. in Prælect. T IV. p 515.
(q) Die Klapperſchlange ſchlaͤft, wenn ſie ein Eichhorn aufgefreſſen KALM Reiſe T. II. p 218 So die groͤfte Schlange in Congo LA- BAT Kthiop. occid. p 200. PI- GAFETTA relaz. di Congo.
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Der Schlaf. XVII. Buch.
Polipe matt wird, ſo lange ſein Magen den Raub ver-
zehrt, und er die ausgeſogne Haut durch den Mund
auswirft (n).
Beruͤhmte Maͤnner unter den Neuern ſchreiben dieſe
Zunoͤthigung zum Schlafe, welche von der genoſſnen
Speiſe herruͤhrt, der von ausgedehnten Magen, gedruͤkk-
ten Aorte (o), oder denen Aeſten dieſer Schlagader (o*)
zu, vermoͤge deren das Blut nicht nach den untern Thei-
len kommen koͤnne, und alſo nach dem Kopfe ſteige, da
denn der anwachſende Drukk, den Schlaf verurſache, und
das Alpdruͤkken erzeuge, wenn harte und ſchwer zu ver-
dauende Speiſen den Magen beſchweren.
Es iſt mir dieſe Erklaͤrung laͤngſt als verdaͤchtig vor-
gekommen (p). Es ſchien mir mit der weiſen Natur ſich
ſchlecht zuſammen zu reimen, wenn zu der Zeit, da die
Abſonderungen im Unterleibe groͤſſer ſein muͤſſen, das
Blut den Unterleib verlaſſen ſollte. Wenigſtens braucht
der Magen, der die Speiſe kochen ſoll, und das Gedaͤrm
eine reichliche Abſonderung, fuͤr den Magenſaft, den
Darmſaft, das Gekroͤſe und die Galle.
Ferner erfolgt der Schlaf an vielen Thieren nach dem
Futter, da doch ihr Bau nicht ſo beſchaffen iſt, daß ſich
die Aorte ſehr druͤkken laſſen, oder deren Drukk den
Schlaf hervorbringen ſollte. So ſchlafen Schlangen (q)
nach dem Futter ein, da doch ihr Magen die Haut fehr
leicht ausdehnet, und in dieſelbe vorragt; und der Polipe
hat keine Aorte, ſo wie andre Jnſekkten mehr.
Doch
(n)
BAKER polyp. p. 107. 108.
(o) MORGAGNUS principl l.
p. 159. BOND nigthmare p. 51 53.
da an lebendigen Menſchen alles
voll iſt, Iourn. de Trev. 1729. p.
1821. Add. GODART de l’ame
p. 319.
(o*) MORGAGNI ſed. & cauſ.
_ orb. T. I. p. 251.
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Comment. in Prælect. T
IV. p 515.
(q) Die Klapperſchlange ſchlaͤft,
wenn ſie ein Eichhorn aufgefreſſen
KALM Reiſe T. II. p 218 So
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 1148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1166>, abgerufen am 23.11.2024.
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