Luft entfalten sich die Flügel der Jnsekkten, die sie aus der Puppenhülse verwikkelt herausbringen (s+).
Jndessen ist doch der Hauptnuzzen des Atemholens, die Stimme (t). Jch habe oft den Nuzzen von dieser Handlung in Erwägung gezogen, und dieses hat mich fast veranlast, diesem Nuzzen die erste Stelle einzuräumen, ja ich enthalte mich fast nicht, zu glauben, die Lunge sey in der Absicht da, ein Thier mit der Stimme zu versehen. Wenn Thiere eine Lunge haben, so haben sie auch eine Stimme; und ich finde Thiere stumm, wenn sie ohne Lunge sind. Jch glaube auch nicht, daß diesem Sazze dadurch Eintrag geschehe, daß einige Thiere entweder selten eine Stimme von sich geben, oder doch schwach, und wenig klarstimmig sind: genung, daß sie eine Stimme haben, so viel, als die Bequem- lichkeiten eines Thieres erfordern, um ihre Schmer- zen, Schrekken, und ihren Zorn anzudeuten, das Weib- chen herbei zu rufen, sich einander Schmeicheleien zu sa- gen, oder zu erschrekken. Ferner, wenn einige Fliegen mit ihren Flügeln, oder der beweglichen Pauke, andere mit ihren beweglichen Kinnbakken, oder Zungen, und ei- nige Fische einen Laut erregen, so hat dieser Schall doch nichts von der Biegsamkeit und der Verschiedenheit der Stimme an |sich. Daß der Unterleib der Vögel voller Luft, und zu musikalischen Tönen gebauet sei, ist schon längst von andern gesagt worden (u).
§. 24. Der übrige Nuzzen, den die Hipotese dar- bietet.
Vielleicht hat man vielen noch kein Gnüge geleistet, und darunter befinden sich gewiß Männer, die Ruhm
ver-
(s+)[Spaltenumbruch]
417. 4[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]5.
(t) Thiere, die keine Lunge haben, haben auch keine Ohren, GREW [Spaltenumbruch]
cosmolog. sacr. S. 29. und ein stum- pfes Gehör.
(u)NEEDH. de form. fet. c. 17.
Das Atemholen. VIII. Buch
Luft entfalten ſich die Fluͤgel der Jnſekkten, die ſie aus der Puppenhuͤlſe verwikkelt herausbringen (s†).
Jndeſſen iſt doch der Hauptnuzzen des Atemholens, die Stimme (t). Jch habe oft den Nuzzen von dieſer Handlung in Erwaͤgung gezogen, und dieſes hat mich faſt veranlaſt, dieſem Nuzzen die erſte Stelle einzuraͤumen, ja ich enthalte mich faſt nicht, zu glauben, die Lunge ſey in der Abſicht da, ein Thier mit der Stimme zu verſehen. Wenn Thiere eine Lunge haben, ſo haben ſie auch eine Stimme; und ich finde Thiere ſtumm, wenn ſie ohne Lunge ſind. Jch glaube auch nicht, daß dieſem Sazze dadurch Eintrag geſchehe, daß einige Thiere entweder ſelten eine Stimme von ſich geben, oder doch ſchwach, und wenig klarſtimmig ſind: genung, daß ſie eine Stimme haben, ſo viel, als die Bequem- lichkeiten eines Thieres erfordern, um ihre Schmer- zen, Schrekken, und ihren Zorn anzudeuten, das Weib- chen herbei zu rufen, ſich einander Schmeicheleien zu ſa- gen, oder zu erſchrekken. Ferner, wenn einige Fliegen mit ihren Fluͤgeln, oder der beweglichen Pauke, andere mit ihren beweglichen Kinnbakken, oder Zungen, und ei- nige Fiſche einen Laut erregen, ſo hat dieſer Schall doch nichts von der Biegſamkeit und der Verſchiedenheit der Stimme an |ſich. Daß der Unterleib der Voͤgel voller Luft, und zu muſikaliſchen Toͤnen gebauet ſei, iſt ſchon laͤngſt von andern geſagt worden (u).
§. 24. Der uͤbrige Nuzzen, den die Hipoteſe dar- bietet.
Vielleicht hat man vielen noch kein Gnuͤge geleiſtet, und darunter befinden ſich gewiß Maͤnner, die Ruhm
ver-
(s†)[Spaltenumbruch]
417. 4[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]5.
(t) Thiere, die keine Lunge haben, haben auch keine Ohren, GREW [Spaltenumbruch]
cosmolog. ſacr. S. 29. und ein ſtum- pfes Gehoͤr.
(u)NEEDH. de form. fet. c. 17.
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[568[570]/0576]
Das Atemholen. VIII. Buch
Luft entfalten ſich die Fluͤgel der Jnſekkten, die ſie aus
der Puppenhuͤlſe verwikkelt herausbringen (s†).
Jndeſſen iſt doch der Hauptnuzzen des Atemholens,
die Stimme (t). Jch habe oft den Nuzzen von
dieſer Handlung in Erwaͤgung gezogen, und dieſes
hat mich faſt veranlaſt, dieſem Nuzzen die erſte Stelle
einzuraͤumen, ja ich enthalte mich faſt nicht, zu glauben,
die Lunge ſey in der Abſicht da, ein Thier mit der
Stimme zu verſehen. Wenn Thiere eine Lunge haben,
ſo haben ſie auch eine Stimme; und ich finde Thiere
ſtumm, wenn ſie ohne Lunge ſind. Jch glaube auch
nicht, daß dieſem Sazze dadurch Eintrag geſchehe, daß
einige Thiere entweder ſelten eine Stimme von ſich geben,
oder doch ſchwach, und wenig klarſtimmig ſind: genung,
daß ſie eine Stimme haben, ſo viel, als die Bequem-
lichkeiten eines Thieres erfordern, um ihre Schmer-
zen, Schrekken, und ihren Zorn anzudeuten, das Weib-
chen herbei zu rufen, ſich einander Schmeicheleien zu ſa-
gen, oder zu erſchrekken. Ferner, wenn einige Fliegen
mit ihren Fluͤgeln, oder der beweglichen Pauke, andere
mit ihren beweglichen Kinnbakken, oder Zungen, und ei-
nige Fiſche einen Laut erregen, ſo hat dieſer Schall doch
nichts von der Biegſamkeit und der Verſchiedenheit der
Stimme an |ſich. Daß der Unterleib der Voͤgel voller
Luft, und zu muſikaliſchen Toͤnen gebauet ſei, iſt ſchon
laͤngſt von andern geſagt worden (u).
§. 24.
Der uͤbrige Nuzzen, den die Hipoteſe dar-
bietet.
Vielleicht hat man vielen noch kein Gnuͤge geleiſtet,
und darunter befinden ſich gewiß Maͤnner, die Ruhm
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417. 4_5.
(t) Thiere, die keine Lunge haben,
haben auch keine Ohren, GREW
cosmolog. ſacr. S. 29. und ein ſtum-
pfes Gehoͤr.
(u) NEEDH. de form. fet. c. 17.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 568[570]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/576>, abgerufen am 22.11.2024.
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