verdienen, welche, ob sie gleich die so große Allgemein- heit des Atemholens durch das ganze Reich der Thiere einsehen, dennoch in der Muthmaßung stehen, daß die Lunge noch eine grössere Wohlthat dem thierischen Leben zuwege bringe, als wir bereits davon ausführlich gesagt haben. Diese Männer mögen es mir nicht verüblen, daß ich diese Dienste, die ich noch nicht kenne, so lange über- gehe, bis ich sie klärer einsehen lerne (x).
So vermag ich zur Zeit den Werth des Zwerchfells, den der berühmte la Case diesem beilegt, nicht mit der gehörigen Deutlichkeit zu durchschauen. Es soll die Hauptursache zu den thierischen Verrichtungen seyn (y): es sollen mit ihm alle Nerven, alle Zellgewebe in Ueber- einstimmung stehen. Es soll sich das Darmfell im Ausat- men erheben (a), die Ribbenhaut im Einatmen niedersin- ken, es soll mit diesen Membranen das ganze Sistem des zellförmigen Gewebes Gemeinschaft haben. Folg- lich würde dadurch im ganzen Zellsisteme eine ewige Schwingung unterhalten (b). Dieses Zellsistem würde aber von vielen Nerven durchstrichen (c), und es ziehe die mehresten Theile des Körpers mit grosser Stärke an sich. Die Zwerchfellskräfte erstrekken sich, mit der Zell- gewebe, bis zum Kopfe hin (d), es sei zwischen dem Ko- pfe, und diesen Kräften ein Gleichgewichte da, welches von allen übrigen organischen Theilen erhalten würde (e), und dieses sei der große Quell aller Geschäfte im thieri- (z)
schen
(x)[Spaltenumbruch]
Die Lunge hat in lebendigen eine sonderbare Kraft, daß sie die elastische Kraft verliert, und da das Blut der Blutadern zum Schlaga- derblute gemacht wird, GORTER exerc. V. S. 17.
(y)Idee de l'homme physique. S. 124.
(a) Ebendas.
(b) 8 B. 2 A. 16 N.
(c) S. 143.
(d) S. 324.
(e) S. 247.
(z)[Spaltenumbruch]
8 B. 2 A. 13 N.
V. Abſchn. Der Nuzzen.
verdienen, welche, ob ſie gleich die ſo große Allgemein- heit des Atemholens durch das ganze Reich der Thiere einſehen, dennoch in der Muthmaßung ſtehen, daß die Lunge noch eine groͤſſere Wohlthat dem thieriſchen Leben zuwege bringe, als wir bereits davon ausfuͤhrlich geſagt haben. Dieſe Maͤnner moͤgen es mir nicht veruͤblen, daß ich dieſe Dienſte, die ich noch nicht kenne, ſo lange uͤber- gehe, bis ich ſie klaͤrer einſehen lerne (x).
So vermag ich zur Zeit den Werth des Zwerchfells, den der beruͤhmte la Caſe dieſem beilegt, nicht mit der gehoͤrigen Deutlichkeit zu durchſchauen. Es ſoll die Haupturſache zu den thieriſchen Verrichtungen ſeyn (y): es ſollen mit ihm alle Nerven, alle Zellgewebe in Ueber- einſtimmung ſtehen. Es ſoll ſich das Darmfell im Ausat- men erheben (a), die Ribbenhaut im Einatmen niederſin- ken, es ſoll mit dieſen Membranen das ganze Siſtem des zellfoͤrmigen Gewebes Gemeinſchaft haben. Folg- lich wuͤrde dadurch im ganzen Zellſiſteme eine ewige Schwingung unterhalten (b). Dieſes Zellſiſtem wuͤrde aber von vielen Nerven durchſtrichen (c), und es ziehe die mehreſten Theile des Koͤrpers mit groſſer Staͤrke an ſich. Die Zwerchfellskraͤfte erſtrekken ſich, mit der Zell- gewebe, bis zum Kopfe hin (d), es ſei zwiſchen dem Ko- pfe, und dieſen Kraͤften ein Gleichgewichte da, welches von allen uͤbrigen organiſchen Theilen erhalten wuͤrde (e), und dieſes ſei der große Quell aller Geſchaͤfte im thieri- (z)
ſchen
(x)[Spaltenumbruch]
Die Lunge hat in lebendigen eine ſonderbare Kraft, daß ſie die elaſtiſche Kraft verliert, und da das Blut der Blutadern zum Schlaga- derblute gemacht wird, GORTER exerc. V. S. 17.
(y)Idée de l’homme phyſique. S. 124.
(a) Ebendaſ.
(b) 8 B. 2 A. 16 N.
(c) S. 143.
(d) S. 324.
(e) S. 247.
(z)[Spaltenumbruch]
8 B. 2 A. 13 N.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0577"n="569[571]"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">V.</hi> Abſchn. Der Nuzzen.</hi></fw><lb/>
verdienen, welche, ob ſie gleich die ſo große Allgemein-<lb/>
heit des Atemholens durch das ganze Reich der Thiere<lb/>
einſehen, dennoch in der Muthmaßung ſtehen, daß die<lb/>
Lunge noch eine groͤſſere Wohlthat dem thieriſchen Leben<lb/>
zuwege bringe, als wir bereits davon ausfuͤhrlich geſagt<lb/>
haben. Dieſe Maͤnner moͤgen es mir nicht veruͤblen, daß<lb/>
ich dieſe Dienſte, die ich noch nicht kenne, ſo lange uͤber-<lb/>
gehe, bis ich ſie klaͤrer einſehen lerne <noteplace="foot"n="(x)"><cb/>
Die Lunge hat in lebendigen<lb/>
eine ſonderbare Kraft, daß ſie die<lb/>
elaſtiſche Kraft verliert, und da das<lb/>
Blut der Blutadern zum Schlaga-<lb/>
derblute gemacht wird, <hirendition="#aq"><hirendition="#g">GORTER</hi><lb/>
exerc. V.</hi> S. 17.</note>.</p><lb/><p>So vermag ich zur Zeit den Werth des Zwerchfells,<lb/>
den der beruͤhmte <hirendition="#fr">la Caſe</hi> dieſem beilegt, nicht mit der<lb/>
gehoͤrigen Deutlichkeit zu durchſchauen. Es ſoll die<lb/>
Haupturſache zu den thieriſchen Verrichtungen ſeyn <noteplace="foot"n="(y)"><hirendition="#aq">Idée de l’homme phyſique.</hi><lb/>
S. 124.</note>:<lb/>
es ſollen mit ihm alle Nerven, alle Zellgewebe in Ueber-<lb/>
einſtimmung ſtehen. Es ſoll ſich das Darmfell im Ausat-<lb/>
men erheben <noteplace="foot"n="(a)">Ebendaſ.</note>, die Ribbenhaut im Einatmen niederſin-<lb/>
ken, es ſoll mit dieſen Membranen das ganze Siſtem<lb/>
des zellfoͤrmigen Gewebes Gemeinſchaft haben. Folg-<lb/>
lich wuͤrde dadurch im ganzen Zellſiſteme eine ewige<lb/>
Schwingung unterhalten <noteplace="foot"n="(b)">8 B. 2 A. 16 N.</note>. Dieſes Zellſiſtem wuͤrde<lb/>
aber von vielen Nerven durchſtrichen <noteplace="foot"n="(c)">S. 143.</note>, und es ziehe<lb/>
die mehreſten Theile des Koͤrpers mit groſſer Staͤrke an<lb/>ſich. Die Zwerchfellskraͤfte erſtrekken ſich, mit der Zell-<lb/>
gewebe, bis zum Kopfe hin <noteplace="foot"n="(d)">S. 324.</note>, es ſei zwiſchen dem Ko-<lb/>
pfe, und dieſen Kraͤften ein Gleichgewichte da, welches<lb/>
von allen uͤbrigen organiſchen Theilen erhalten wuͤrde <noteplace="foot"n="(e)">S. 247.</note>,<lb/>
und dieſes ſei der große Quell aller Geſchaͤfte im thieri-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſchen</fw><lb/><noteplace="foot"n="(z)"><cb/>
8 B. 2 A. 13 N.</note><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[569[571]/0577]
V. Abſchn. Der Nuzzen.
verdienen, welche, ob ſie gleich die ſo große Allgemein-
heit des Atemholens durch das ganze Reich der Thiere
einſehen, dennoch in der Muthmaßung ſtehen, daß die
Lunge noch eine groͤſſere Wohlthat dem thieriſchen Leben
zuwege bringe, als wir bereits davon ausfuͤhrlich geſagt
haben. Dieſe Maͤnner moͤgen es mir nicht veruͤblen, daß
ich dieſe Dienſte, die ich noch nicht kenne, ſo lange uͤber-
gehe, bis ich ſie klaͤrer einſehen lerne (x).
So vermag ich zur Zeit den Werth des Zwerchfells,
den der beruͤhmte la Caſe dieſem beilegt, nicht mit der
gehoͤrigen Deutlichkeit zu durchſchauen. Es ſoll die
Haupturſache zu den thieriſchen Verrichtungen ſeyn (y):
es ſollen mit ihm alle Nerven, alle Zellgewebe in Ueber-
einſtimmung ſtehen. Es ſoll ſich das Darmfell im Ausat-
men erheben (a), die Ribbenhaut im Einatmen niederſin-
ken, es ſoll mit dieſen Membranen das ganze Siſtem
des zellfoͤrmigen Gewebes Gemeinſchaft haben. Folg-
lich wuͤrde dadurch im ganzen Zellſiſteme eine ewige
Schwingung unterhalten (b). Dieſes Zellſiſtem wuͤrde
aber von vielen Nerven durchſtrichen (c), und es ziehe
die mehreſten Theile des Koͤrpers mit groſſer Staͤrke an
ſich. Die Zwerchfellskraͤfte erſtrekken ſich, mit der Zell-
gewebe, bis zum Kopfe hin (d), es ſei zwiſchen dem Ko-
pfe, und dieſen Kraͤften ein Gleichgewichte da, welches
von allen uͤbrigen organiſchen Theilen erhalten wuͤrde (e),
und dieſes ſei der große Quell aller Geſchaͤfte im thieri-
ſchen
(z)
(x)
Die Lunge hat in lebendigen
eine ſonderbare Kraft, daß ſie die
elaſtiſche Kraft verliert, und da das
Blut der Blutadern zum Schlaga-
derblute gemacht wird, GORTER
exerc. V. S. 17.
(y) Idée de l’homme phyſique.
S. 124.
(a) Ebendaſ.
(b) 8 B. 2 A. 16 N.
(c) S. 143.
(d) S. 324.
(e) S. 247.
(z)
8 B. 2 A. 13 N.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 569[571]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/577>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.