genblut- und Schlagadern nichts gefolgert werden könne, da auch das rechte Herzohr grösser, als seine Kammer sey (f), und sich doch in diesem Ohre das Blut nicht verdichte. Andre berühmte Männer haben geschrieben, die rechte Herzkammer sey weiter, als die linke, weil sie sich nicht völlig ausleere (g), und nicht ganz anfülle, die linke dagegen aber vollkommner mit Blut angefüllt werde (h).
Was meine Gedanken darüber betrift, so |scheint mir hier die Natur ganz einfältig zu bilden. Jch habe oft in Leichnamen die verschiedne Grössen der Blutadern be- trachtet, und gefunden, daß bald die Natur diese Blut- adern dikker gemacht (i), bald daß sie durch die Kunst, und das anatomische Einsprizzen (k) ungemein aufge- trieben (k*) gewesen. Hieraus habe offenbar erkannt, daß sich solche dünne Blutadern ungemein erweitern lassen, es mag nun mehr Flüßigkeit in dieselben kommen, oder die eingenommene Flüßigkeit nicht eilig herausfliessen. Jch habe an dem Exempel der Lunge sehr wohl gesehen, daß die Holadern und das rechte Herzohr weiter sind, als es nach Proportion der Aorte nöthig zu seyn scheint, weil diese Blutadern in vielen Umständen des menschlichen Körpers, in dem Bestreben, und bei andern Ursachen, die das Blut aufhalten, wenn es durch die Lunge fliessen soll, ich sage, weil diese Blutadern das Blut von dem gesamten Körper her empfangen, aber nicht wieder los werden können (l). Es ist demnach nichts einfacheres, als daß diese Blutadern allmälich aufschwellen, und grössere Durchmesser bekommen, nachdem der Weg durch
die
(f)[Spaltenumbruch]BESSE replique a. m. helvet. S. 149.
(g)SENAC tr. du coeur. S. 349. 350.
(h)MICHELOTTI epist. [Spaltenumbruch]
S. 35. senac. S. 346. 347.
(i) 6 Buch.
(k) 2 Buch.
(l) 8 B. 4 A. 34 N.
H. Phisiol. 3. B. M m
V. Abſchn. Der Nuzzen.
genblut- und Schlagadern nichts gefolgert werden koͤnne, da auch das rechte Herzohr groͤſſer, als ſeine Kammer ſey (f), und ſich doch in dieſem Ohre das Blut nicht verdichte. Andre beruͤhmte Maͤnner haben geſchrieben, die rechte Herzkammer ſey weiter, als die linke, weil ſie ſich nicht voͤllig ausleere (g), und nicht ganz anfuͤlle, die linke dagegen aber vollkommner mit Blut angefuͤllt werde (h).
Was meine Gedanken daruͤber betrift, ſo |ſcheint mir hier die Natur ganz einfaͤltig zu bilden. Jch habe oft in Leichnamen die verſchiedne Groͤſſen der Blutadern be- trachtet, und gefunden, daß bald die Natur dieſe Blut- adern dikker gemacht (i), bald daß ſie durch die Kunſt, und das anatomiſche Einſprizzen (k) ungemein aufge- trieben (k*) geweſen. Hieraus habe offenbar erkannt, daß ſich ſolche duͤnne Blutadern ungemein erweitern laſſen, es mag nun mehr Fluͤßigkeit in dieſelben kommen, oder die eingenommene Fluͤßigkeit nicht eilig herausflieſſen. Jch habe an dem Exempel der Lunge ſehr wohl geſehen, daß die Holadern und das rechte Herzohr weiter ſind, als es nach Proportion der Aorte noͤthig zu ſeyn ſcheint, weil dieſe Blutadern in vielen Umſtaͤnden des menſchlichen Koͤrpers, in dem Beſtreben, und bei andern Urſachen, die das Blut aufhalten, wenn es durch die Lunge flieſſen ſoll, ich ſage, weil dieſe Blutadern das Blut von dem geſamten Koͤrper her empfangen, aber nicht wieder los werden koͤnnen (l). Es iſt demnach nichts einfacheres, als daß dieſe Blutadern allmaͤlich aufſchwellen, und groͤſſere Durchmeſſer bekommen, nachdem der Weg durch
die
(f)[Spaltenumbruch]BESSE replique a. m. helvet. S. 149.
(g)SENAC tr. du coeur. S. 349. 350.
(h)MICHELOTTI epiſt. [Spaltenumbruch]
S. 35. ſenac. S. 346. 347.
(i) 6 Buch.
(k) 2 Buch.
(l) 8 B. 4 A. 34 N.
H. Phiſiol. 3. B. M m
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[543[545]/0551]
V. Abſchn. Der Nuzzen.
genblut- und Schlagadern nichts gefolgert werden koͤnne,
da auch das rechte Herzohr groͤſſer, als ſeine Kammer
ſey (f), und ſich doch in dieſem Ohre das Blut nicht
verdichte. Andre beruͤhmte Maͤnner haben geſchrieben,
die rechte Herzkammer ſey weiter, als die linke, weil ſie
ſich nicht voͤllig ausleere (g), und nicht ganz anfuͤlle, die
linke dagegen aber vollkommner mit Blut angefuͤllt
werde (h).
Was meine Gedanken daruͤber betrift, ſo |ſcheint mir
hier die Natur ganz einfaͤltig zu bilden. Jch habe oft
in Leichnamen die verſchiedne Groͤſſen der Blutadern be-
trachtet, und gefunden, daß bald die Natur dieſe Blut-
adern dikker gemacht (i), bald daß ſie durch die Kunſt,
und das anatomiſche Einſprizzen (k) ungemein aufge-
trieben (k*) geweſen. Hieraus habe offenbar erkannt, daß
ſich ſolche duͤnne Blutadern ungemein erweitern laſſen, es
mag nun mehr Fluͤßigkeit in dieſelben kommen, oder die
eingenommene Fluͤßigkeit nicht eilig herausflieſſen. Jch
habe an dem Exempel der Lunge ſehr wohl geſehen, daß
die Holadern und das rechte Herzohr weiter ſind, als
es nach Proportion der Aorte noͤthig zu ſeyn ſcheint, weil
dieſe Blutadern in vielen Umſtaͤnden des menſchlichen
Koͤrpers, in dem Beſtreben, und bei andern Urſachen,
die das Blut aufhalten, wenn es durch die Lunge flieſſen
ſoll, ich ſage, weil dieſe Blutadern das Blut von dem
geſamten Koͤrper her empfangen, aber nicht wieder los
werden koͤnnen (l). Es iſt demnach nichts einfacheres,
als daß dieſe Blutadern allmaͤlich aufſchwellen, und
groͤſſere Durchmeſſer bekommen, nachdem der Weg durch
die
(f)
BESSE replique a. m.
helvet. S. 149.
(g) SENAC tr. du coeur. S.
349. 350.
(h) MICHELOTTI epiſt.
S. 35. ſenac. S. 346. 347.
(i) 6 Buch.
(k) 2 Buch.
(l) 8 B. 4 A. 34 N.
H. Phiſiol. 3. B. M m
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 3. Berlin, 1766, S. 543[545]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende03_1766/551>, abgerufen am 22.11.2024.
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