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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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Das Rothe darinnen.
Eigenschaften besizzet, mit demjenigen Blute, welches
sich in den Gefässen eines lebenden Thieres befindet. Al-
lein diese rote Gerinnung fängt nach einer kleinen Weile
zu schwizzen an, es erheben sich aus selbiger gelbe Tröpf-
chen herauf, ein Wasser überschwemmt das Rote im
Blute, und es dünstet ein grosser Theil, welcher ganz
und gar von flüchtiger Natur ist, davon, so daß sich
von sechs Unzen, innerhalb acht Stunden 64 Gran (q*),
und in den ersten 24 Stunden die Helfte des ganzen Blu-
tes, verzehrt und verraucht (q**). Solchergestalt fährt
das Rote im Blute (cruor) sich zu vermindern fort, bis
sich eine Menge Salzwasser erzeugt, und der lebrige Ku-
chen im Gefässe frei hin und her bewegen läst: welches
ein offenbarer Beweis ist daß sich sowohl im blutader-
haften, als im schlagaderhaften Blute eines lebenden
Thieres, zweierlei Säfte von verschiedner Natur auf-
halten, welche, da sie, so lange das Thier lebte, unter-
einander vermischt waren, nur ein Blut ausmachten.

Blutklumpe (cruor) wollen wir hier denjenigen
Theil nennen, welcher die Röthe macht, schwerer ist,
und aus Kügelchen bestehet, welche allein Eisentheile ent-
halten, und den verbrennlichen Stoff liefern. Die
Farbe an sich hat nichts, was einem Zweifel unterwor-
fen wäre; indem alles dasjenige Wasser, welches sich
vom Blutklumpen scheidet, beständig gelb ist, und sonst
nicht das mindeste, das Rote im Blute ausgenommen,
in einem Thiere eine rothe Farbe hat. Was die Schwe-
re betrift, so könnte diese zu Zweifeln Anlas geben, in-
dem vormals ein vortreflicher Schriftsteller, der sich nicht
nur in der gesammten Naturwissenschaft, sondern auch
in der Lehre vom Blute Ruhm erworben, behauptete,
daß das Rote im Blute in dem Salzwasser schwimme,
und um so viel leichter als selbiges sei, daß sich beide ge-

gen-
(q*) [Spaltenumbruch] Schwenke S. 85. Um den
sechsten Theil des Gewichtes. C.
[Spaltenumbruch] Aug. von Bergen ang. Ort. S. 8.
(q**) Schwenke S. 90.

Das Rothe darinnen.
Eigenſchaften beſizzet, mit demjenigen Blute, welches
ſich in den Gefaͤſſen eines lebenden Thieres befindet. Al-
lein dieſe rote Gerinnung faͤngt nach einer kleinen Weile
zu ſchwizzen an, es erheben ſich aus ſelbiger gelbe Troͤpf-
chen herauf, ein Waſſer uͤberſchwemmt das Rote im
Blute, und es duͤnſtet ein groſſer Theil, welcher ganz
und gar von fluͤchtiger Natur iſt, davon, ſo daß ſich
von ſechs Unzen, innerhalb acht Stunden 64 Gran (q*),
und in den erſten 24 Stunden die Helfte des ganzen Blu-
tes, verzehrt und verraucht (q**). Solchergeſtalt faͤhrt
das Rote im Blute (cruor) ſich zu vermindern fort, bis
ſich eine Menge Salzwaſſer erzeugt, und der lebrige Ku-
chen im Gefaͤſſe frei hin und her bewegen laͤſt: welches
ein offenbarer Beweis iſt daß ſich ſowohl im blutader-
haften, als im ſchlagaderhaften Blute eines lebenden
Thieres, zweierlei Saͤfte von verſchiedner Natur auf-
halten, welche, da ſie, ſo lange das Thier lebte, unter-
einander vermiſcht waren, nur ein Blut ausmachten.

Blutklumpe (cruor) wollen wir hier denjenigen
Theil nennen, welcher die Roͤthe macht, ſchwerer iſt,
und aus Kuͤgelchen beſtehet, welche allein Eiſentheile ent-
halten, und den verbrennlichen Stoff liefern. Die
Farbe an ſich hat nichts, was einem Zweifel unterwor-
fen waͤre; indem alles dasjenige Waſſer, welches ſich
vom Blutklumpen ſcheidet, beſtaͤndig gelb iſt, und ſonſt
nicht das mindeſte, das Rote im Blute ausgenommen,
in einem Thiere eine rothe Farbe hat. Was die Schwe-
re betrift, ſo koͤnnte dieſe zu Zweifeln Anlas geben, in-
dem vormals ein vortreflicher Schriftſteller, der ſich nicht
nur in der geſammten Naturwiſſenſchaft, ſondern auch
in der Lehre vom Blute Ruhm erworben, behauptete,
daß das Rote im Blute in dem Salzwaſſer ſchwimme,
und um ſo viel leichter als ſelbiges ſei, daß ſich beide ge-

gen-
(q*) [Spaltenumbruch] Schwenke S. 85. Um den
ſechſten Theil des Gewichtes. C.
[Spaltenumbruch] Aug. von Bergen ang. Ort. S. 8.
(q**) Schwenke S. 90.
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[61/0081] Das Rothe darinnen. Eigenſchaften beſizzet, mit demjenigen Blute, welches ſich in den Gefaͤſſen eines lebenden Thieres befindet. Al- lein dieſe rote Gerinnung faͤngt nach einer kleinen Weile zu ſchwizzen an, es erheben ſich aus ſelbiger gelbe Troͤpf- chen herauf, ein Waſſer uͤberſchwemmt das Rote im Blute, und es duͤnſtet ein groſſer Theil, welcher ganz und gar von fluͤchtiger Natur iſt, davon, ſo daß ſich von ſechs Unzen, innerhalb acht Stunden 64 Gran (q*), und in den erſten 24 Stunden die Helfte des ganzen Blu- tes, verzehrt und verraucht (q**). Solchergeſtalt faͤhrt das Rote im Blute (cruor) ſich zu vermindern fort, bis ſich eine Menge Salzwaſſer erzeugt, und der lebrige Ku- chen im Gefaͤſſe frei hin und her bewegen laͤſt: welches ein offenbarer Beweis iſt daß ſich ſowohl im blutader- haften, als im ſchlagaderhaften Blute eines lebenden Thieres, zweierlei Saͤfte von verſchiedner Natur auf- halten, welche, da ſie, ſo lange das Thier lebte, unter- einander vermiſcht waren, nur ein Blut ausmachten. Blutklumpe (cruor) wollen wir hier denjenigen Theil nennen, welcher die Roͤthe macht, ſchwerer iſt, und aus Kuͤgelchen beſtehet, welche allein Eiſentheile ent- halten, und den verbrennlichen Stoff liefern. Die Farbe an ſich hat nichts, was einem Zweifel unterwor- fen waͤre; indem alles dasjenige Waſſer, welches ſich vom Blutklumpen ſcheidet, beſtaͤndig gelb iſt, und ſonſt nicht das mindeſte, das Rote im Blute ausgenommen, in einem Thiere eine rothe Farbe hat. Was die Schwe- re betrift, ſo koͤnnte dieſe zu Zweifeln Anlas geben, in- dem vormals ein vortreflicher Schriftſteller, der ſich nicht nur in der geſammten Naturwiſſenſchaft, ſondern auch in der Lehre vom Blute Ruhm erworben, behauptete, daß das Rote im Blute in dem Salzwaſſer ſchwimme, und um ſo viel leichter als ſelbiges ſei, daß ſich beide ge- gen- (q*) Schwenke S. 85. Um den ſechſten Theil des Gewichtes. C. Aug. von Bergen ang. Ort. S. 8. (q**) Schwenke S. 90.

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/81>, abgerufen am 25.11.2024.