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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762.

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der Verschiedenheit der Säfte.
§. 32.
Eben so wenig liegt in der festen Substanz der
Röhrchen eine vorzügliche Neigung
gegen gewisse Stoffe.

Noch vielweniger kann man zugeben, daß in der
Anziehungskraft der festen Theile der Gefässe die Ur-
sache verborgen liegen soll, warum dieser und kein an-
drer Saft in seinen bestimmten Gefässen erzeugt werde,
indem solche sich vor allen Theilchen von fremder Art
verschliessen müsten. Es ist nämlich im menschlichen
Körper keine Art von Durchseihern vorhanden, welche
immer einerlei und niemals einen andern Saft berei-
ten sollten, welches doch nach dieser Hipotese allerdings
immer geschehen müste. Wir mögen nicht der Frucht
erwänen, indem deren Säfte von den gleichnamigen
Säften im erwachsenen Menschen unterschieden sind:
denn es werden, in erwachsenen Menschen, die Säfte
von sehr geringen Ursachen bestimmt, daß sie von ei-
nerlei Durchseihern unregelmäßig abgeschieden werden.
Wir haben über diese Materie Beispiele angeführt;
allein hier müssen wir noch die Hauptstükke selbst nach-
holen. Es erzeugt also in noch so gesunden Mädchen
die Gebärmutter sieben, oder acht und zwanzig Tage hin-
ter einander einen schleimigen und zarten Saft, und,
die folgende sieben, oder acht Tage darauf, ganz reines
Blut. Es dünsten die Hautgefässe in einem ruhigen
Menschen ein subtiles Wässerchen aus: allein wenn
man warmes Getränke trinkt, oder den Körper mäßig
bewegt, oder die Kräfte des Gemütes anstrengt, so
schwizzen eben diese Gefässe, ausser dem Wasser, noch
ein Oel, nebst vielem Salze aus. Man stelle die Ru-
he wieder her, oder man verursache ein plözzliches
Schrekken, oder eine Kälte an der Haut, so werden
sie so gleich wieder nichts, als Wasser, oder überhaupt

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der Verſchiedenheit der Saͤfte.
§. 32.
Eben ſo wenig liegt in der feſten Subſtanz der
Roͤhrchen eine vorzuͤgliche Neigung
gegen gewiſſe Stoffe.

Noch vielweniger kann man zugeben, daß in der
Anziehungskraft der feſten Theile der Gefaͤſſe die Ur-
ſache verborgen liegen ſoll, warum dieſer und kein an-
drer Saft in ſeinen beſtimmten Gefaͤſſen erzeugt werde,
indem ſolche ſich vor allen Theilchen von fremder Art
verſchlieſſen muͤſten. Es iſt naͤmlich im menſchlichen
Koͤrper keine Art von Durchſeihern vorhanden, welche
immer einerlei und niemals einen andern Saft berei-
ten ſollten, welches doch nach dieſer Hipoteſe allerdings
immer geſchehen muͤſte. Wir moͤgen nicht der Frucht
erwaͤnen, indem deren Saͤfte von den gleichnamigen
Saͤften im erwachſenen Menſchen unterſchieden ſind:
denn es werden, in erwachſenen Menſchen, die Saͤfte
von ſehr geringen Urſachen beſtimmt, daß ſie von ei-
nerlei Durchſeihern unregelmaͤßig abgeſchieden werden.
Wir haben uͤber dieſe Materie Beiſpiele angefuͤhrt;
allein hier muͤſſen wir noch die Hauptſtuͤkke ſelbſt nach-
holen. Es erzeugt alſo in noch ſo geſunden Maͤdchen
die Gebaͤrmutter ſieben, oder acht und zwanzig Tage hin-
ter einander einen ſchleimigen und zarten Saft, und,
die folgende ſieben, oder acht Tage darauf, ganz reines
Blut. Es duͤnſten die Hautgefaͤſſe in einem ruhigen
Menſchen ein ſubtiles Waͤſſerchen aus: allein wenn
man warmes Getraͤnke trinkt, oder den Koͤrper maͤßig
bewegt, oder die Kraͤfte des Gemuͤtes anſtrengt, ſo
ſchwizzen eben dieſe Gefaͤſſe, auſſer dem Waſſer, noch
ein Oel, nebſt vielem Salze aus. Man ſtelle die Ru-
he wieder her, oder man verurſache ein ploͤzzliches
Schrekken, oder eine Kaͤlte an der Haut, ſo werden
ſie ſo gleich wieder nichts, als Waſſer, oder uͤberhaupt

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[777/0797] der Verſchiedenheit der Saͤfte. §. 32. Eben ſo wenig liegt in der feſten Subſtanz der Roͤhrchen eine vorzuͤgliche Neigung gegen gewiſſe Stoffe. Noch vielweniger kann man zugeben, daß in der Anziehungskraft der feſten Theile der Gefaͤſſe die Ur- ſache verborgen liegen ſoll, warum dieſer und kein an- drer Saft in ſeinen beſtimmten Gefaͤſſen erzeugt werde, indem ſolche ſich vor allen Theilchen von fremder Art verſchlieſſen muͤſten. Es iſt naͤmlich im menſchlichen Koͤrper keine Art von Durchſeihern vorhanden, welche immer einerlei und niemals einen andern Saft berei- ten ſollten, welches doch nach dieſer Hipoteſe allerdings immer geſchehen muͤſte. Wir moͤgen nicht der Frucht erwaͤnen, indem deren Saͤfte von den gleichnamigen Saͤften im erwachſenen Menſchen unterſchieden ſind: denn es werden, in erwachſenen Menſchen, die Saͤfte von ſehr geringen Urſachen beſtimmt, daß ſie von ei- nerlei Durchſeihern unregelmaͤßig abgeſchieden werden. Wir haben uͤber dieſe Materie Beiſpiele angefuͤhrt; allein hier muͤſſen wir noch die Hauptſtuͤkke ſelbſt nach- holen. Es erzeugt alſo in noch ſo geſunden Maͤdchen die Gebaͤrmutter ſieben, oder acht und zwanzig Tage hin- ter einander einen ſchleimigen und zarten Saft, und, die folgende ſieben, oder acht Tage darauf, ganz reines Blut. Es duͤnſten die Hautgefaͤſſe in einem ruhigen Menſchen ein ſubtiles Waͤſſerchen aus: allein wenn man warmes Getraͤnke trinkt, oder den Koͤrper maͤßig bewegt, oder die Kraͤfte des Gemuͤtes anſtrengt, ſo ſchwizzen eben dieſe Gefaͤſſe, auſſer dem Waſſer, noch ein Oel, nebſt vielem Salze aus. Man ſtelle die Ru- he wieder her, oder man verurſache ein ploͤzzliches Schrekken, oder eine Kaͤlte an der Haut, ſo werden ſie ſo gleich wieder nichts, als Waſſer, oder uͤberhaupt gar C c c 5

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Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 777. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/797>, abgerufen am 22.11.2024.