und von den Blutadern daselbst wiederaufgenommen werden, indem diese Blutadern in den Nieren sehr weit und von ungemein loser Beschaffenheit sind. 3. Aus diesen Schlagadern laufen die Auswurfsgänge ganz ge- rade fort; daher erfolgt wieder eine geschwinde und flüßige Absonderung. Es sind aber 4. diese Gänge von dichter Beschaffenheit, welches unter allen Auswurfska- nälen ein ganz besondres Exempel ist, indem vermittelst dieser Anstalt vielleicht die glatten und fetten Theile zu- rükke gehalten werden; und vielleicht geschicht es daher, daß, wenn mit der Zeit die Geschwindigkeit des Blutes zunimmt und folglich die Gewalt wächst, mit der die Theile in die Auswurfsgänge getrieben werden, daß sich Fett in die Harnwege hineinbegibt. 5. Wird der, in der Niere abgeschiedne Harn in sein Behältnis abgelegt, woselbst er mit der Zeit schärfer, stinkend und 6. zu be- quemer Zeit, so geschwinde, als zur Reinlichkeit nötig ist ausgelassen wird.
Jch urteile, daß diese Sachen entweder zuverläßig erwiesen, oder doch sehr warscheinlich gemacht worden, und ich gestehe es, daß uns noch viele andre Dinge, bei dem verborgnen Bau der Absondrungswerkzeuge, ver- borgen bleiben können. Wollte aber Jemand lieber, daß die Beschaffenheit der Absondrung ein Geheimnis wäre (t), und dabei ein jedes Theilchen eines beseelten Körpers notwendig seine gewisse verborgne Kraft mit äussern müsse, so würde ich nicht sehr dawider seyn, son- dern nur blos aus dem Obigen wiederholen, daß dem- ohngeachtet eben so wohl in Pflanzen, deren Gefässe alle cilindrisch (u) und durchgehens vom Zellgewebe durch- webt sind, ohne ein Herz und Seele, von dem aller- reinsten Wasser, Schleim, Gallert, Oel und sehr feine
Geruch-
(t)[Spaltenumbruch]Joh. de gorter. Exer- sit. V.
(u)[Spaltenumbruch]lvdwig Instit. regn. veget. S. 169. 184. 196.
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der Verſchiedenheit der Saͤfte.
und von den Blutadern daſelbſt wiederaufgenommen werden, indem dieſe Blutadern in den Nieren ſehr weit und von ungemein loſer Beſchaffenheit ſind. 3. Aus dieſen Schlagadern laufen die Auswurfsgaͤnge ganz ge- rade fort; daher erfolgt wieder eine geſchwinde und fluͤßige Abſonderung. Es ſind aber 4. dieſe Gaͤnge von dichter Beſchaffenheit, welches unter allen Auswurfska- naͤlen ein ganz beſondres Exempel iſt, indem vermittelſt dieſer Anſtalt vielleicht die glatten und fetten Theile zu- ruͤkke gehalten werden; und vielleicht geſchicht es daher, daß, wenn mit der Zeit die Geſchwindigkeit des Blutes zunimmt und folglich die Gewalt waͤchſt, mit der die Theile in die Auswurfsgaͤnge getrieben werden, daß ſich Fett in die Harnwege hineinbegibt. 5. Wird der, in der Niere abgeſchiedne Harn in ſein Behaͤltnis abgelegt, woſelbſt er mit der Zeit ſchaͤrfer, ſtinkend und 6. zu be- quemer Zeit, ſo geſchwinde, als zur Reinlichkeit noͤtig iſt ausgelaſſen wird.
Jch urteile, daß dieſe Sachen entweder zuverlaͤßig erwieſen, oder doch ſehr warſcheinlich gemacht worden, und ich geſtehe es, daß uns noch viele andre Dinge, bei dem verborgnen Bau der Abſondrungswerkzeuge, ver- borgen bleiben koͤnnen. Wollte aber Jemand lieber, daß die Beſchaffenheit der Abſondrung ein Geheimnis waͤre (t), und dabei ein jedes Theilchen eines beſeelten Koͤrpers notwendig ſeine gewiſſe verborgne Kraft mit aͤuſſern muͤſſe, ſo wuͤrde ich nicht ſehr dawider ſeyn, ſon- dern nur blos aus dem Obigen wiederholen, daß dem- ohngeachtet eben ſo wohl in Pflanzen, deren Gefaͤſſe alle cilindriſch (u) und durchgehens vom Zellgewebe durch- webt ſind, ohne ein Herz und Seele, von dem aller- reinſten Waſſer, Schleim, Gallert, Oel und ſehr feine
Geruch-
(t)[Spaltenumbruch]Joh. de gorter. Exer- ſit. V.
(u)[Spaltenumbruch]lvdwig Inſtit. regn. veget. S. 169. 184. 196.
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der Verſchiedenheit der Saͤfte.
und von den Blutadern daſelbſt wiederaufgenommen
werden, indem dieſe Blutadern in den Nieren ſehr weit
und von ungemein loſer Beſchaffenheit ſind. 3. Aus
dieſen Schlagadern laufen die Auswurfsgaͤnge ganz ge-
rade fort; daher erfolgt wieder eine geſchwinde und
fluͤßige Abſonderung. Es ſind aber 4. dieſe Gaͤnge von
dichter Beſchaffenheit, welches unter allen Auswurfska-
naͤlen ein ganz beſondres Exempel iſt, indem vermittelſt
dieſer Anſtalt vielleicht die glatten und fetten Theile zu-
ruͤkke gehalten werden; und vielleicht geſchicht es daher,
daß, wenn mit der Zeit die Geſchwindigkeit des Blutes
zunimmt und folglich die Gewalt waͤchſt, mit der die
Theile in die Auswurfsgaͤnge getrieben werden, daß ſich
Fett in die Harnwege hineinbegibt. 5. Wird der, in
der Niere abgeſchiedne Harn in ſein Behaͤltnis abgelegt,
woſelbſt er mit der Zeit ſchaͤrfer, ſtinkend und 6. zu be-
quemer Zeit, ſo geſchwinde, als zur Reinlichkeit noͤtig
iſt ausgelaſſen wird.
Jch urteile, daß dieſe Sachen entweder zuverlaͤßig
erwieſen, oder doch ſehr warſcheinlich gemacht worden,
und ich geſtehe es, daß uns noch viele andre Dinge, bei
dem verborgnen Bau der Abſondrungswerkzeuge, ver-
borgen bleiben koͤnnen. Wollte aber Jemand lieber,
daß die Beſchaffenheit der Abſondrung ein Geheimnis
waͤre (t), und dabei ein jedes Theilchen eines beſeelten
Koͤrpers notwendig ſeine gewiſſe verborgne Kraft mit
aͤuſſern muͤſſe, ſo wuͤrde ich nicht ſehr dawider ſeyn, ſon-
dern nur blos aus dem Obigen wiederholen, daß dem-
ohngeachtet eben ſo wohl in Pflanzen, deren Gefaͤſſe alle
cilindriſch (u) und durchgehens vom Zellgewebe durch-
webt ſind, ohne ein Herz und Seele, von dem aller-
reinſten Waſſer, Schleim, Gallert, Oel und ſehr feine
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 2. Berlin, 1762, S. 761. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende02_1762/781>, abgerufen am 25.11.2024.
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